Als jüngstes Beispiel können die Staatsanleihenkäufe der Bank of England angeführt werden, bei denen die Zentralbank einen ordentlichen Aufschlag zahlen musste, um die vermeintlich liquiden Papiere zu erwerben. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, die Ursachen für diese Entwicklung zu betrachten und daraus abzuleiten, wie man am besten mit der Situation umgeht. In den letzten acht Jahren haben insbesondere drei Themen die Liquiditätssituation an den Märkten beeinflusst.
Strukturelle und regulatorische Veränderungen
Aus Sicht der Kapitalmärkte hat sich eine Reihe von strukturellen Veränderungen auf die Marktliquidität ausgewirkt. Regulatorische Modifikationen haben beispielsweise die Kapitalkosten für das Halten von Anleihen bei den Händlerfirmen erhöht, wodurch sich die Handelsbestände reduziert haben. Auch auf der Käuferseite hat es Veränderungen gegeben, die Anzahl der mit Fremdkapital operierenden und kurzfristig orientierten Marktteilnehmer hat sich deutlich reduziert. Darüber hinaus ist das geringere Emissionsvolumen in einzelnen Marktsegmenten wie langlaufenden in britischen Pfund denominierten Unternehmensanleihen ebenfalls nicht förderlich. Im Gegensatz dazu haben sich beispielsweise die Emissionen im Bereich der in US-Dollar denominierten Unternehmensanleihen mit Investment Grade Status deutlich erhöht.
Auch auf Seiten der institutionellen Investoren haben sich Veränderungen ergeben
Leistungsorientierte Pensionspläne wurden zunehmend für neue Mitglieder geschlossen und sind bestrebt, das Risiko in den Anlagen zu reduzieren und sie der Struktur ihrer Verbindlichkeiten anzupassen. Versicherungsunternehmen werden ebenfalls dazu angehalten, einen stärkeren Fokus auf Asset-Liability-Matching zu legen. Regelungen im Rahmen der Solvency II Richtlinie verlangen zum Beispiel, dass die Cash Flows der Anlageportfolios die Auszahlungsverpflichtungen möglichst genau decken und Investments bis zur Endfälligkeit gehalten werden, solange es nicht zu einer signifikanten Verschlechterung der Bonität des Emittenten kommt.
Nicht zuletzt hat die Politik der Zentralbanken Auswirkungen auf die Liquiditätssituation an den Rentenmärkten. Die letzten acht Jahre sind beispiellos im Hinblick auf die von den Notenbanken erworbenen Volumina in Anleihepapieren. Derzeit stehen Anleihen von rund sieben Billionen US-Dollar in den Bilanzen der Zentralbanken. Die japanische Notenbank hält knapp 40 Prozent des eigenen Staatsanleihenmarktes, bei der Europäischen Zentralbank sind es etwa 15 Prozent. Addiert man die Volumina der angekündigten Kaufprogramme der japanischen, britischen und europäischen Zentralbank, dann haben die Anleihenkäufe der Notenbanken den höchsten Stand seit dem Jahr 2009 erreicht.
Die Kombination dieser drei Faktoren hat eine Reihe von Konsequenzen. Die Nachfrage nach Anleihen ist gestiegen, wohingegen der Anreiz für Händlerfirmen gesunken ist, so dass sich weniger Bonds im Umlauf befinden. Darüber hinaus ist der Anteil der Anleiheinvestoren gestiegen, die relativ unempfindlich für Preisänderungen sind.
Kombination verschiedener Instrumente zielführend
Es ist unwahrscheinlich, dass sich einer der oben genannten Trends in der näheren Zukunft umkehren wird. Wie sollten sich demnach Investoren verhalten, die mit diesen strukturell niedrigeren Liquiditätsniveaus zu kämpfen haben? Hierbei bieten sich eine Reihe von Instrumenten an, um diese Situation zu meistern. Dabei wird jedoch kein einzelner Aspekt ausreichen, sondern es gilt vielmehr, eine Kombination der folgenden Punkte zu berücksichtigen:
Investoren sollten ihren Anlagehorizont über die traditionell genutzten Instrumente hinaus erweitern und komplementäre Anlageklassen in Betracht ziehen, die eine bessere Liquidität und ein größeres Angebot aufweisen. Wir erwarten beispielsweise, dass sich Euro- und Pfund-Investoren verstärkt langlaufenden US-Dollar Unternehmensanleihen zuwenden. Der Markt ist groß – er entspricht vom Volumen her etwa 85 Prozent des gesamten Euro Corporate Marktes –, mit rund 450 Emittenten sehr gut diversifiziert und ist darüber hinaus mit einer US-Dollar-Rendite von derzeit 4,2 Prozent im anhaltenden Niedrigzinsumfeld überaus attraktiv.
Daneben sollten Portfoliomanager sämtliche zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um Liquiditätsengpässe zu bewältigen. Eine mögliche Strategie in diesem Kontext bestünde darin, das Kerninvestment innerhalb eines Portfolios mit Anleihen abzudecken und darüber hinaus verstärkt mit liquiden Derivaten – beispielsweise Indexswaps oder –optionen – zu arbeiten, um das Portfoliorisiko als Antwort auf Marktbewegungen zu steuern. In diesem Fall besteht die Absicht darin, die Umschlaghäufigkeit bei den Anleihen zu reduzieren und so Transaktionskosten zu minimieren. Darüber hinaus sollten Investoren ihre Anlagestrategie wegen der geringeren Verfügbarkeit von Anleihen und den höheren Transaktionskosten stärker strategisch als taktisch ausrichten, wobei ein ‚Buy-and-Maintain‘ Ansatz wieder in den Fokus rückt.
Grundsätzlich ist es wichtig, opportunistisch und möglichst schnell zu agieren. In einem Umfeld mit strukturell schlechterer Liquidität sind die Ressourcen und die Qualität der Handelsabteilung eines Asset Managers und deren Beziehungen zu Market Makern von entscheidender Bedeutung. Portfoliomanager müssen flexibel und schnell sein, um Anlagechancen zu nutzen, sobald sie sich bieten. Eine enge Bindung zwischen Händlern und Portfoliomanagern sowie eine klar definierte Handelsstrategie sind dabei der Schlüssel zum Erfolg.
Je früher sich Investoren mit der Realität einer strukturell geringeren Liquidität auseinandersetzen und ein breites Instrumentarium nutzen, um ihr entgegenzuwirken, desto besser. Das Wiederaufleben der Liquiditätsängste in diesem Sommer spricht dafür, dass sich diese Herausforderung nicht in Luft auflösen wird.