Nach langen Jahren der Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten steigt die Nervosität bei Anlegern. Die Börsen bewegen sich derzeit in einem recht engen Korridor. Philipp van Hove, Leiter Fonds- und Portfoliomanagement Aktien für die HANSAINVEST, erwartet kurzfristig trotzdem keine großen Ausbrüche – weder nach oben noch nach unten.
Deshalb gewinnen im Angesicht hoher Indexstände Ansätze zur Risikoreduzierung, z.B. durch quantitative Modelle, an Bedeutung.
„In den vergangenen Monaten gab es zahlreiche Ereignisse, denen im Vorwege das Potential zugebilligt wurde, die Märkte nach unten zu drücken: von den Wahlen in den Niederlanden über Trump und Brexit bis zur französischen Präsidentenwahl“, sagt van Hove.
Einige warteten mit einem positiven Ausgang auf, andere werden von den Märkten erfolgreich ignoriert. „Seit dem Wahlsieg Macrons kommen die Märkte nicht wirklich vom Fleck und pendeln richtungslos, wenn auch auf hohen Niveaus. … Auf Unternehmensseite stützen einige positive Überraschungen die Stimmung, die Konjunktur läuft auch zufriedenstellend – aber derzeit fehlt der Impuls für eine deutliche Bewegung.“
Zinspapiere noch keine Alternative
Bislang war es der Anlagenotstand, der die Aktien trieb. Die anstehende Zinswende ist noch nicht so weit fortgeschritten, dass Zinspapiere eine echte Alternative bieten.
Regionale Präferenzen
Allerdings sind die Bewertungen an den Aktienmärkten zum Teil bereits ambitioniert. „Ich bin ein Freund der Eurozone“, betont der Hamburger Fondsmanager. Hier seien die Bewertungen noch moderat und die Konjunktur gewinnt an Dynamik.
„Dem US-Markt dagegen traue ich nicht. Er ist sehr teuer, Trump verzeichnet politische Misserfolge und auch der Konjunkturzyklus ist schon weiter fortgeschritten.“
Innerhalb Europas seien Deutschland und Frankreich Kernmärkte für Investments. Italien und Spanien böten gute Gelegenheiten, die Peripheriestaaten eignen sich zur Beimischung. Genau wie auch die Emerging Markets.
Dollar-Investoren auf falschem Fuß erwischt
„Seit Anfang des Jahres neigt stattdessen der Euro zur Stärke“, beobachtet van Hove. Über Jahre hinweg zogen sich US-Investoren tendenziell aus Europa zurück, weil zum einen der US-Markt besser lief und sie zusätzlich durch den schwachen Euro im Euroraum erzielte Gewinne abgeben mussten.
„Jetzt tut es manchen Investoren richtig weh, dass sie nicht im Euro investiert sind“, sagt van Hove. Dies könne ein deutlich größeres Kaufinteresse aus den USA in Europa wecken.
Taktisches Vorgehen
Gleichwohl könnten die Märkte noch einmal eine Korrektur bis zu 10 Prozent erleben. Allerdings würde sich die grundsätzliche Lage dadurch kaum verändern.
„Ich denke nicht, dass es dann zu einem Crash käme, dazu ist der Anlagenotstand noch immer viel zu ausgeprägt. In dieser Phase gewinnt taktisches Agieren an Bedeutung“, sagt van Hove. „Wir schieben derzeit Aktienstrategien nach vorne, welche sich zum Ziel gesetzt haben, bei vollständiger Investitionsquote das Verlustrisiko zu minimieren.“ (HI)