Investmentfonds

Aktienmarkt: Sektoren Technologie und Gesundheit erscheinen aussichtsreich

Das Anlagejahr 2016 beginnt mit Zukunftssorgen: Hohe Verluste am Aktienmarkt und sinkende Renditen bei Bundesanleihen zeigen die Verunsicherung der Anleger. Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, sagt: Die Stimmung ist schlechter als die Daten.

Herr Dr. Stephan, warum ist die Stimmung an den Kapitalmärkten so schlecht?

Dr. Ulrich Stephan: Da kommt zurzeit einiges zusammen. Chinas Wirtschaft ist im Umbruch, das kostet Wachstum und belastet auch die deutschen Exporte.
Auch aus den USA kamen zuletzt schwächere Daten. Die US-Energieindustrie leidet unter dem niedrigen Ölpreis, US-Verbraucher halten sich trotz
fallender Energiekosten beim Konsum zurück, die Industrieproduktion sinkt. In Europa kommen politische Risikofaktoren hinzu, darunter ein
möglicher EU-Ausstieg Großbritanniens, Streit über die Flüchtlingspolitik und die ungelösten Konflikte in Nahost.

Teilen Sie den Pessimismus?

Stephan: Ich halte die Stimmung für schlechter, als die Wirtschaftsdaten es nahelegen. Die europäische Wirtschaft erholt sich, Deutschland dürfte 2016 ein solides Plus von 1,9 Prozent erzielen. Auch mit Blick auf die USA halte ich die Rezessionsangst für unbegründet. Der US-Arbeitsmarkt entwickelt sich stabil, das Verbrauchervertrauen ist intakt und der Immobiliensektor stützt die Konjunktur mit steigenden Hauspreisen. Das sollte 2016 für ein Wachstum von rund 1,5 Prozent reichen.

Wie werden die Notenbanken reagieren?

Stephan: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed schon beim nächsten Zinsentscheid im März wieder aktiv wird, ist gesunken – zu groß sind die Befürchtungen, dass ein verfrühter zweiter Zinsschritt das zarte US-Wachstum abwürgen könnte. Ich halte es für möglich, dass die nächste Anhebung erst nach der Präsidentschaftswahl im November erfolgt. In Europa könnte EZB-Chef Mario Draghi die Geldpolitik im März weiter lockern. Das sollte die Stimmung verbessern.

Was sind die Folgen am Rentenmarkt?

Stephan: Die Kurse sind schon in den ersten Wochen des Jahres stark in Bewegung geraten. Zu den Gewinnern zählen die meisten europäischen Staatsanleihen, die jetzt als sichere Häfen gefragt sind. Zehnjährige Bundesanleihen rentierten im Februar bei unter 0,2 Prozent. Auch die Renditen von US-Staatsanleihen sind gefallen und in Japan fiel die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen sogar ins Negative. Trotz der Kursgewinne zum Jahresbeginn dürften sichere Staatsanleihen aus Europa und den USA aber auch 2016 nur für sehr sicherheitsorientierte Anleger interessant sein.

Wie sieht es bei höher verzinslichen Papieren aus?

Stephan: US-Unternehmensanleihen guter Bonität haben seit Jahresbeginn an Wert gewonnen und sollten auch weiterhin attraktiv sein. Hochzinsanleihen gehörten dagegen zu den Verlierern: Die Ausfallrisiken steigen, damit müssen die Emittenten höhere Zinsen bieten, um das Risiko zu kompensieren – die Folge sind Kursverluste. Hochzinspapiere bleiben 2016 ein heißes Pflaster und sind für die meisten Anleger nicht zu empfehlen.

Gilt das auch für Schwellenländeranleihen?

Stephan: Anleihen der Schwellenländer in Landeswährung haben zuletzt unter massiven Währungsverlusten gelitten, Papiere in Euro oder US-Dollar konnten sich mit geringen Kursverlusten relativ gut halten. Bleiben die US-Zinsen niedrig, gewinnen Staaten wie Brasilien oder Südafrika unverhofft Zeit, sich auf notwendige Reformen zu besinnen, weil das Kapital nicht so schnell abläuft wie befürchtet. Für 2016 bevorzuge ich in diesem Segment aber die asiatischen Schwellenländer, eine entsprechende Risikobereitschaft vorausgesetzt.

Besonders dramatisch verliefen die ersten Wochen des Jahres am Aktienmarkt, mit Kurseinbrüchen schon am ersten Handelstag …

Stephan: Ja, für Aktionäre gab es keine Verschnaufpause. Chinesische Aktien haben im neuen Jahr sofort stark nachgegeben und besonders die Märkte in Deutschland und Europa mitgezogen. Der Dax rutschte im Februar unter 9.000 Punkte, das entspricht einem Minus von 17 Prozent seit dem Jahreswechsel – so schlecht sind deutsche Aktien noch nie ins Jahr gestartet.

Was bedeutet das für Aktienanleger?

Stephan: Aktien bleiben trotz der Verluste zum Jahresbeginn meine bevorzugte Anlageklasse, mit Europa, den USA und Japan als Favoriten. Europäische Unternehmen sollten ihre Gewinne 2016 im Schnitt um rund 6 Prozent je Aktie steigern können, generell erscheinen Europas Aktienmärkte damit eher unterbewertet. Auch US-Unternehmen haben angesichts steigender Gewinne noch Kurspotenzial: In der aktuellen Berichtssaison schlägt ein Großteil der US-Konzerne die Gewinnerwartungen. Wichtiger denn je sollte 2016 die Auswahl der richtigen Sektoren sein. Technologie und Gesundheit halte ich trotz jüngster Kursverluste nach wie vor für aussichtsreich, Energie und Grundstoffe sollten Anlegern mit entsprechender Risikoneigung und der Überzeugung, dass wir einen Boden im Rohstoffpreisverfall erreicht haben, vorbehalten bleiben. Aktuell gibt es zwar solche Tendenzen, aber von einer wirklichen Bodenbildung kann man noch nicht sprechen.

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