Der Ölpreis hat sich sogar über den Verlauf der letzten Woche auf einem Niveau von rund 25% oberhalb des in der vorvergangenen Woche verzeichneten Tiefs gehalten, bei gut 34 US-Dollar für ein Fass der Sorte Brent. Was also war es diesmal, das den Märkten letzte Woche so gründlich die Stimmung verhagelt hat.
Beginnen wir mit einem Erklärungsversuch. Die Woche startete mit durchwachsenen Vorgaben aus China, wo der Einkaufsmanagerindex für die Industrie weiter unter die 50er-Schwelle absank und der stark beachtete Caixin-Index trotz minimaler Steigerung auch im Schrumpfungsbereich verharrte. In einer insgesamt verunsicherten Marktverfassung half es dann wenig, dass der ISM-Index für die US-Industrie kaum verändert bei schwachen 48,2 Punkten hereinkam. Ebenfalls ein Niveau, das auf milden Output-Rückgang im verarbeitenden Gewerbe der größten Volkswirtschaft der Welt hinweist. In diesem Umfeld wurde dann der eigentlich gar nicht spektakuläre Index für den Dienstleistungsbereich, der sich im Januar um einen halben Punkt abschwächte, als Signal dafür gewertet, dass die sich abzeichnende Industrierezession in den USA auf die Gesamtwirtschaft übergreife. Der Euro wertete gegenüber dem US-Dollar von unter 1,10 im weiteren Wochenverlauf auf über 1,12 auf, die Aktienmärkte gingen auf Tauchstation.
Es ist offensichtlich, dass in der gegenwärtigen Marktverfassung auch kleine Enttäuschungen an der Datenfront gelegentlich scharfe Marktreaktionen zur Folge haben. Verständlich ist dies zudem, wenn es um die US-Volkswirtschaft geht, von der man bisher angenommen hatte, dass sie in diesem Jahr recht komfortabel – d.h. in einer Größenordnung von etwa 2,5% – wachsen und damit die erwartete Abschwächung in China zu einem Gutteil kompensieren würde. Nur ist natürlich ein Datenpunkt beim Einkaufsmanagerindex für den US-Dienstleistungsbereich viel zu wenig, um daraus Rezessionssorgen abzuleiten. Außerdem blieb der Index, nach seiner Abschwächung um 0,5 Punkte im Januar, mit einem Niveau von 53,2 klar im Wachstumsbereich – kaum Anlass für übermäßigen Pessimismus. Nichtsdestotrotz war die Marktreaktion bei Währung und Aktien einhellig.
Ob sich die USA wirklich auf dem Weg in die Rezession befinden (wovon wir nicht ausgehen), wird erst klarer an den Datenpunkten der nächsten Monate abzulesen sein. Zumindest hat am Freitag der Markt auf die Veröffentlichung der Beschäftigungszahlen trotz enttäuschend weniger neu geschaffener Jobs außerhalb der Landwirtschaft (151.000 statt erwarteter 190.000) nach anfänglichem Schreck entspannt reagiert. Der Dollar legte auf die Nachricht, dass die Arbeitslosenquote weiter auf nun 4.9% gefallen ist und sich die Löhne stärker als erwartet entwickelten (plus 0.5% statt wie erwartet 0.3%), gegenüber dem Euro innerhalb weniger Minuten um rund einen Cent zu.
Was bedeutet das für Anleger?
In der an Makrodaten eher armen Woche wird sich die Aufmerksamkeit vermutlich auf die amerikanischen Einzelhandelsumsätze am Freitag konzentrieren. Nach einem Rückgang um 0.1% im Dezember setzt der Marktkonsens auf einen Zuwachs von 0.2% im Januar. Kämen diese Daten tatsächlich so oder besser herein, wäre dies ein hoch willkommener Hinweis darauf, dass in der konsumgetriebenen US-Volkswirtschaft doch keine Rezession ins Haus steht. Eine vollständige Entwarnung wäre es selbstverständlich nicht.
Die Marktteilnehmer haben angesichts amerikanischer Schwächezeichen mittlerweile die Erwartung weiterer Zinsschritte der Fed in diesem Jahr vollständig ausgepreist. Dies steht in markanten Gegensatz zu den „Fed Dots“, den in eine Punktegrafik gegossenen Erwartungen der Fed-Gouverneure, aus denen sage und schreibe vier Zinsschritte hervorgehen. Eine Seite wird hier wohl nachgeben müssen, und das wird vermutlich nicht die Marktseite sein. Gut möglich also, dass die Fed im März noch einmal einen Zinsschritt wagt, um im gleichen Zuge anzukündigen, für den Rest des Jahres langsamer voranzuschreiten. Die Datenlage der nächsten Wochen und vor allem die Kommunikation der Fed-Offiziellen werden Aufschluss darüber geben, ob dies ein realistisches Szenario für die Strategie der US-Notenbank ist.
Von Dr. Martin Lück, Chief Investment Strategist für Deutschland, Österreich und Osteuropa, BlackRock