Investmentfonds

„Angesichts des abnehmenden Notenbankgeldes in den Märkten kommt aktiven Anleihestrategien neue Bedeutung zu“

Im Interview äußert sich Myles Bradshaw, Fixed-Income-Chef für globale aggregierte Strategien bei Amundi zu Fixed Income.

 

MYLES BRADSHAW
Fixed-Income-Chef für globale aggregierte Strategien bei Amundi Asset Management in London.

Mr. Bradshaw, wie fällt Ihr Ausblick auf die US-Wirtschaft aus? Wird diese auf 5-Jahres-Sicht stabil bleiben?

Im Moment geht es der US-Wirtschaft recht gut. Das liegt u.a. an der fiskalischen Stimulation, dem Anstieg der Einkommen und den günstigen Finanzierungsbedingungen. In den nächsten Jahren wird sich das Wachstum aber wieder etwas verlangsamen und in etwa dem Trend von rund 2% folgen. Die US-Wirtschaft bleibt indes solide, eine Rezessionsgefahr sehen wir nicht – dafür müssten die Zinsen schon deutlicher ansteigen, die Credit-Spreads sich ausweiten und sich die Finanzierungsbedingungen erheblich verschärfen.

 

Was erwarten Sie von der US-Notenbank Fed: Wird Powell seine schrittweise Straffung der Geldpolitik fortführen?

Davon gehe ich aus! Es gibt da einige grundlegende Unterschiede zwischen der Vorgängerin Yellen und Powell, die mich in dieser Annahme stützen: Yellen war sehr akademisch, benutzte viele – mitunter komplexe – Modelle als Grundlage ihrer Analyse und damit ihrer Strategie. Powell hat die Fed nun auf das Prinzip der Forward Guidance reduziert. Er machte klar, dass die Fed die Zinsen langsam anheben wird, ungefähr 25 Basispunkte pro Quartal und dann die ökonomischen Auswirkungen im Auge behält: Sollte das Wachstum bremsen, würde er die Zügel beim Leitzins wieder lockerer lassen, im Falle einer Beschleunigung stärker anziehen. Sollte sich der ökonomische Trend fortsetzen und das Wachstum stabil bleiben, rechnen wir also mit rund 100 Basispunkten in den kommenden 12 Monaten – das hat auch der Markt so eingepreist. D.h. es gibt bereits eine negative Risikoprämie bei Anleihen.

 

Wann erwarten Sie die erste Leitzinsanhebung in Europa? Warum hinkt Europa der Entwicklung in den USA hinterher?

Wir müssen uns daran erinnern, dass Europa eine Double-Dip-Rezession hatte: 2008/2009 und dann nochmal 2011/2012. Die zweite blieb in den USA aus, deshalb ist Europas Zinspolitik auch ein paar Jahre hinterher und in einem ganz anderen Stadium des ökonomischen Zyklus. Das heißt in der Praxis, dass bei uns auch mehr Kapazität aufgenommen werden kann, bevor es zu inflationären Tendenzen kommt. Mit Blick in die Zukunft verbessern sich aber die Bedingungen in Europa zusehends, die Arbeitslosigkeit geht zurück, das Wachstum entspricht wieder dem Potenzial der Wirtschaft. Die Kerninflation ist zwar für die EZB der Schlüsselfaktor für die Änderung der Leitzinsen – aber ein Parameter allein macht noch keinen Trend. Die EZB wird also die Gesamtschau würdigen und bei einer Anhebung der Zinsen sehr vorsichtig vorgehen und Forward Guidance nutzen. Als ersten Schritt sehen wir vermutlich im Dezember ein Ende der Assetankäufe durch die EZB, eine Anhebung der Leitzinsen wird es nicht vor Sommer 2019 geben – wann genau ist nicht klar, der Markt rechnet mit einem ersten Zinsschritt im Winter 2019/2020 und prognostiziert einen sehr langsamen Anstieg. Auch wir rechnen dann mit nicht mehr als einer Rate pro Jahr. Sollte die ökonomische Performance Europas jedoch positiv überraschen, könnte der Normalisierungspfad aber auch schneller verfolgt werden, als der Markt das sieht.

 

Würden Sie aktuell eher europäische oder US-amerikanische Anleihen bevorzugen?

Wir setzen eher auf US-Bonds, denn die US-Zinsen sind bereits deutlich stärker gestiegen als die europäischen – teils wegen der Zinspolitik der Fed, teils wegen des Ausverkaufs bei 10- und 30-jährigen Treasuries. Wir sehen dort den Vorteil eines symmetrischeren Renditeausblicks. Mit Blick auf Tempo und Ausmaß der erwarteten Zinsanhebung erscheint uns Europa hingegen teuer: Nach Abzug der Inflation verbleibt hier zumeist keine attraktive Rendite. In den USA gibt es mehr Potenzial für Kapitalwachstum und die Bewertungen sind momentan deutlich attraktiver. Im Übrigen begegnen wir dem Zinsänderungsrisiko indem wir die Duration in unseren Portfolios gering halten – im Schnitt liegt sie für den Anteil an US-Anleihen aktuell bei 2,5 Jahren.

 

Die US-Notenbank verfolgt eine Straffung der Geldpolitik: Was bedeutet dies für die Volatilität in den Emerging Markets (EM)?

Interessante Frage! Warum gab es im Sommer einen Ausverkauf bei Emerging Markets-Anleihen? Klar ist, viele Investoren haben aufgrund der niedrigen Zinsen in den führenden Industrienationen Kapital in den Schwellenländern investiert – mit dem Zinsanstieg in den USA gehen nun weniger Investitionen in die Emerging Markets. Beim Ausverkauf von EM-Anleihen im Sommer haben insbesondere die Länder verloren, deren Wachstum sehr abhängig vom eingehenden Kapitalfluss ist – etwa die Türkei und Argentinien. Dass wir einen Sell-off auf breiter Basis gesehen haben, ist aber nicht gerechtfertigt. Die Volatilität in den EM bleibt zwar hoch, doch müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Schwellenländer eine heterogene Anlageklasse sind: Argentinien und Thailand haben völlig unterschiedliche Fundamentaldaten, laufen aber sozusagen unter dem gleichen Label. Investoren sollten deshalb starke Länder und Märkte von denen unterscheiden, die man wegen schwacher Daten zu Recht meiden sollte. Wir sehen also trotz vergleichsweise hoher Volatilität weiterhin gute Möglichkeiten, in den Emerging Markets selektiv zu investieren. Beispielsweise in zu Unrecht abgestraften EM-Anleihen, die wir bewusst günstig einkaufen! Wichtig ist natürlich dabei eine Relative-Value-Sicht einzunehmen, als einfach nur „kurz“ oder „lang“ zu gehen.

 

Müssen wir bei einem stärkeren Zinsanstieg in den USA mit einem erneuten Ausverkauf in der Anlageklasse EM/Credit rechnen?

Die letzte große Krise der Anlageklasse Emerging Markets war in den 90er Jahren, da hat sich doch in über 20 Jahren so einiges geändert. Die meisten Länder haben nun keine Fixed sondern Floating Exchange Rates. Das bedeutet, auch die Zahlungsfähigkeit der Schwellenländer ist nicht mehr so abhängig vom Dollar bzw. Euro/Debt-Exposure, wie es einmal war. Auch ist der Markt zwar kapitalabhängig, aber weniger direkt abhängig von den Banken. Deshalb sollten wir auch nicht die gleichen Default-Risiko-Prämien befürchten wie früher. Allerdings sehen wir aktive Asset Manager mit fundierter Expertise in diesem anspruchsvollen Markt im Vorteil.

(Amundi)

 

Rechtliche Hinweise:

Soweit nicht anders angegeben, beruhen die hier enthaltenen Ansichten auf Recherchen, Berechnungen und Informationen von Amundi Asset Management und haben den Stand 07.11.2018. Diese Ansichten können sich jederzeit ändern, abhängig von wirtschaftlichen und anderen Rahmenbedingungen. Es gibt keine Gewähr, dass sich Länder, Märkte oder Branchen wie erwartet entwickeln werden. Diese Veröffentlichung ist kein Verkaufsprospekt und stellt kein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Anteilen in Ländern dar, in denen ein solches Angebot nicht rechtmäßig wäre. Außerdem stellt diese Veröffentlichung kein solches Angebot an Personen dar, an die es nach der jeweils anwendbaren Gesetzgebung nicht abgegeben werden darf. Amundi Deutschland GmbH ist ein Unternehmen der Amundi Gruppe.

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