Investmentprofis messen das Risiko anhand von Parametern, die für „Otto Normalanleger“ wie „böhmische Dörfer“ anmuten. Wie will man beispielsweise einem Anleger das Risiko seiner Anlage anhand der Volatilität erklären, deren Berechnung er nicht nachvollziehen kann? Trotzdem verpflichtet der Gesetzgeber dazu, vor Umsetzung einer Anlageempfehlung den SRRI, einen synthetischen Risk/ Return-Index, zu benennen. Der ordnet die Volatilität in sieben Risiko-Kategorien ein. Damit soll der Anleger einen Eindruck vom Risiko erhalten.
Nun ändert sich die Schwankungsbreite einer Anlage und damit kann sich auch der SRRI ändern. Allerdings muss sich die Volatilität dazu erst einmal 17 Wochen lang außerhalb der bisherigen Bandbreite bewegen. Über die Veränderung des SRRI muss der Anleger informiert werden. Wenn die Volatilität – und damit der SRRI – gesunken ist, wird dies den Anleger kaum interessieren. Ist der aufgrund stärkerer Marktschwankungen SRRI gestiegen, kann es passieren, dass der Anleger schon gar nicht mehr da ist. Aufgrund starker Verluste, die meist mit einem Anstieg der Volatilität einhergehen, hat er vielleicht schon längst verkauft, um nicht noch mehr zu verlieren. Möglicherweise war er bei steigenden Aktienkursen zu gierig, weil er seine Risikotragfähigkeit falsch eingeschätzt hatte. So schlägt die Gier schnell in Angst um, wenn die Kurse mal stärker fallen.
Hätte man dem Anleger das Risiko anhand von Kennzahlen erklärt, die er auch ohne entsprechendes Fachwissen nachvollziehen kann, wäre der Schaden vielleicht zu vermeiden gewesen. Da wäre zum Beispiel die Höhe des Verlustes in den Korrektur- oder Baissephasen. Hieran kann sich der Anleger orientieren, wenn es darum geht, seine Risikobereitschaft einzuordnen. Da wäre aber auch die Zeit, die in der Vergangenheit benötigt wurde, um die Verluste wieder zu kompensieren. Anleger müssen verinnerlichen, dass eine gute Rendite nichts anderes ist als das „Schmerzensgeld“ für das Erleiden temporärer Verluste. Wenn dann die Angst bei guten Entwicklungen und die Gier nach gefallenen Kursen groß sind, dann kann die Investmentanlage erfolgreich verlaufen. Leider ist es meist umgekehrt: Erst kommen die Verluste und dann die Angst.
JÜRGEN DUMSCHAT