Differenzierung gefragt beim nichtssagenden Artikel 8-Sammelbecken der EU-Regulatorik
Externe Zertifizierungen der Nachhaltigkeitsqualität als Greenwashing- Prophylaxe sind weiter gefragt. Auf der im Dezember letzten Jahres stattgefundenen neunten Vergabefeier des FNG-Siegels, dem Qualitätsstandard nachhaltiger Geldanlagen im deutschsprachigen Raum, wurden erneut rund 300 Finanzprodukte, die sich einer wissenschaftlich-orientierten umfassenden Prüfung unterzogen haben, mit dem unabhängigen Gütesiegel ausgezeichnet. Allerdings gab es auch wieder einige Durchfaller, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen konnten. Die ausgezeichneten Produkte aus 14 Ländern verwalten ein Vermögen von rund 90 Milliarden Euro.
Vor allem für sogenannte Artikel-8-Fonds kristallisiert sich heraus, dass es sich lohnt, sich in dem großen Sammelbecken dieser EU-Offenlegungsverordnung mittels einer externen Due Diligence als qualitativ wertvoll vom breiten Markt nachhaltiger Geldanlagen abzuheben. Denn mit über 10 000 sich quasi selbst nach dieser EU-Regulatorik als nachhaltig bezeichnenden Finanzprodukten und nicht wenigen Mogelpackungen, die bereits als Greenwashing an den Pranger gestellt wurden, ist eine glaubwürdige Kennzeichnung von „gut gemachten“ Nachhaltigkeitsfonds wichtig, um sich als seriöses Finanzprodukt vermarkten zu können. Der Qualitätsstandard FNG-Siegel als einfaches Gütezeichen leistet genau das. Mit 111 Fragen werden zum Beispiel der Nachhaltigkeits-Anlagestil, der damit einhergehende Investmentprozess, die dazugehörigen ESG-Research-Kapazitäten und ein eventuell begleitender Engagement-Prozess analysiert und bewertet. Darüber hinaus spielen Elemente wie Reporting, ein effizientes Kontroversen-Monitoring, die Einbindung von Stakeholdern und die Fondsgesellschaft
als solche eine wichtige Rolle. Je vielschichtiger und intensiver ein Fonds auf den verschiedenen Ebenen im Sinne der Nachhaltigkeit aktiv ist, umso höher ist seine Nachhaltigkeits-Qualität. Zu den Mindestanforderungen zählen Transparenzkriterien und die Berücksichtigung von Arbeits- und Menschenrechten, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung, wie sie im weltweit anerkannten UN Global Compact zusammengefasst sind. Auch müssen alle Unternehmen des jeweiligen Fonds komplett auf Nachhaltigkeits- Kriterien hin analysiert werden. Tabu (in der Regel mit einer fünfprozentigen Umsatztoleranz) sind Investitionen in Atomkraft, Kohlebergbau, Kohleverstromung, Fracking, Ölsande, Tabak sowie Waffen und Rüstung.
Bei einer mittlerweile unübersichtlichen Anzahl von ca. 11 000 Nachhaltigkeitsfonds nach Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung kommt dem FNG-Siegel eine wichtige Rolle als Glaubwürdigkeits-Faktor zu. Das Siegel erlaubt Differenzierung im Absatzmarkt und beugt Greenwashing-Vorwürfen vor. So wie bekannte Bio-Gütesiegel aus dem Lebensmittelbereich für einfache Wiedererkennbarkeit nachhaltiger Produkte sorgen, ist das FNG-Siegel seit 2015 das führende Label für Finanzprodukte, die Mindestanforderungen und darüber hinausgehende Merkmale einer anspruchsvollen nachhaltigen Geldanlage erfüllen. Hochwertige Nachhaltigkeitsfonds, die sich über das reine FNG-Siegel in den Bereichen „institutionelle Glaubwürdigkeit“, „Produktstandards“ und „Portfolio-Fokus“ besonders hervorheben, erhalten bis zu drei Sterne.
„Produktklarheit und -wahrheit sind gerade in Zeiten einer für Nachhaltigkeit immer sensibilisierteren Anlegerschaft ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl glaubwürdiger Finanzprodukte. Wir unterstützen daher gerne die Prüf- und Bewertungsarbeiten mit unserem wissenschaftlichen Know-how“, erläutert Prof. Dr. Timo Busch, der als wissenschaftlicher Leiter für die Prüf- und Research-Aufgaben zuständig ist. „Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die europäische Aufsichtsbehörde ESMA kürzlich bestätigt hat, dass Produktanbieter im Rahmen der EU-Verordnungen frei sind in der Art, Nachhaltigkeit in ihrem Produktangebot umzusetzen, ist das FNG-Siegel mit seinen Mindeststandards und darüber hinausgehenden Qualitätsstufen eine wichtige Orientierungshilfe“, so Busch weiter.
ROLAND KÖLSCH
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