Zu dieser Einschätzung kommen die Investmentstrategen von AXA Investment Managers (AXA IM) in ihrer aktuellen Publikation „Investmentstrategie“. Daher tendieren sie dazu Aktien insgesamt unterzugewichten. Während der starke Euro und der schwache Bankensektor vor allem der Industrie im Euroraum zu schaffen mache, hätten sich die Konjunkturaussichten in den USA verbessert. Deswegen bleiben die Experten um Chefstratege Franz Wenzel optimistisch für den bislang untergewichteten, defensiven amerikanischen Aktienmarkt. Sie erwarten bessere Gewinnaussichten für das zweite Quartal und raten daher US-Aktien aufzustocken.
USA: Konjunkturdaten rechtfertigen Zinserhöhung im Juli
Die US-Wirtschaft trat im ersten Quartal praktisch auf der Stelle – vor allem die um zwei Prozent niedrigeren Investitionen trugen dazu bei. Auch der Privatkonsum ließ mit einem wieder deutlich schwächeren Wachstum zu wünschen übrig. „Wir glauben aber nicht, dass das Wachstum im zweiten Quartal so schwach bleibt“, so Chefstratege Franz Wenzel. Dem Experten zufolge deuten wichtige Indikatoren bereits auf eine Erholung hin. Zum einen gebe es Fortschritte am Arbeitsmarkt, auch wenn mit zunehmender Dauer des Konjunkturzyklus nicht mehr so viele neue Stellen geschaffen würden. Zum anderen erwarten die Experten von AXA IM, dass die Löhne allmählich stärker steigen und infolgedessen die Verbraucherpreisinflation 2017 um die zwei Prozent betragen wird. „Da sich auch die Weltwirtschaft erholt und die Federal Reserve Bank ihren Zielen näher kommt, dürfte sie im Juli mit einer der zwei Zinserhöhungen, die wir dieses Jahr erwarten, die Geldpolitik weiter normalisieren“, erklärt Wenzel. „Die Finanzmärkte gehen jedoch nur von einer Zinserhöhung zum Jahresende aus.“ Sofern die Federal Reserve Bank (Fed) die Zinsen tatsächlich früher als erwartet anheben wolle, müsse sie die Märkte in den nächsten Wochen darauf vorbereiten. Zinserhöhungssignale der Fed würden dem US-Dollar helfen, seinen Abwärtstrend gegenüber den anderen wichtigen Währungen umzukehren.
EU: Politische Ereignisse trüben Aussichten
Der Euroraum habe sich gegenläufig zu den USA entwickelt: Im ersten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um stattliche 2,1 Prozent – deutlich mehr als die Experten von AXA IM erwartet hatten. Die starke Binnennachfrage, vor allem der Privatkonsum, machte die Exportschwäche mehr als wett. Das milde Wetter, der schwache Euro und der niedrige Ölpreis seien die Gründe für die positive Überraschung. „Im zweiten Quartal werden diese jedoch wegfallen. Euro und Ölpreis erwiesen sich bereits als Wachstumsbremse“, sagt Wenzel. „Angesichts des verhaltenen Wachstums und der niedrigen Inflation dürfte die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik weiter lockern. Wir rechnen aber in nächster Zeit nicht mit neuen Schritten, da die EZB wohl erst die Wirkung ihres jüngsten Maßnahmenpakets abwarten will.“ Darüber hinaus könnten das Brexit-Referendum in Großbritannien und die Neuwahlen in Spanien für Unsicherheit sorgen. „Unter den politischen Ereignisrisiken ist der Brexit unserer Meinung nach für Wirtschaft und Finanzmärkte am gefährlichsten“, so Wenzel. Sollte Großbritannien für einen Austritt stimmen, könnte das die Wirtschaft schwer belasten – bis 2030 sei eine Wachstumseinbuße von zwei bis sieben Prozent wahrscheinlich, ein großer Teil davon kurzfristig. Mit fallenden Aktien- und Anleihekursen sowie steigenden Credit Spreads, würden die Finanzmärkte noch schneller reagieren. Aufgrund dieser möglichen negativen Folgen eines Brexit empfehlen die AXA-IM-Experten, Positionen abzusichern und erst nach dem Referendum über risikoreichere Investitionen zu entscheiden.
US- und Euroraum-Aktien neutral gewichten
„Die kurzfristigen besseren Konjunkturaussichten in den USA sprechen für amerikanische Aktien. Mit einem niedrigen Beta von 0,95 bietet der US-Markt bei schwachen Weltmärkten relativ viel Sicherheit“, weiß Wenzel. Gegenüber internationalen Aktien, die die Experten von AXA IM derzeit insgesamt untergewichten, sei der recht defensive amerikanische Markt vergleichsweise attraktiv. Die derzeit schwache Gewinnentwicklung dürfte im zweiten Halbjahr 2016 nicht weiter nachlassen und sich noch in diesem Jahr verbessern. „Wir wechseln daher von unserer Untergewichtung in den USA zu einer neutralen Gewichtung.“ Euroraum-Aktien hätten sich dagegen trotz der kühnen EZB-Maßnahmen und der relativ robusten Konjunktur unterdurchschnittlich entwickelt. „Hauptverantwortlich hierfür waren das enttäuschende Umsatz- und Gewinnwachstum, der starke Euro und vielleicht auch die Politik. Noch mehr Zentralbankliquidität könnte diese Risiken eindämmen, aber kaum vollständig ausräumen“, erklärt Wenzel. Dennoch halten die Experten von AXA IM die Hoffnung auf eine Gewinnverbesserung angesichts des geringen Lohndrucks weiterhin für berechtigt. Daher bleiben sie in Euroraum-Aktien neutral gewichtet.