Investmentfonds

Bill Gross: Die Investoren blenden den demographischen Wandel aus

Janus-Stratege Bill Gross empfiehlt in die Schwellenländer statt in die entwickelten Volkswirtschaften zu investieren. Die Überalterung der Bevölkerung in vielen Industrieländern wird zu Preisverwerfungen an den Finanz- und Gütermärkten sowie zu finanziellen Belastungen führen, die weder von den staatlichen, noch von privaten Alterssicherungseinrichtungen aufgefangen werden können.

Investoren sollten daher damit beginnen, ihr Portfolio stärker in Schwellenländern zu investieren. Zu dieser Einschätzung kommt Bill Gross, Fondsmanager und Anlagestratege des US-amerikanischen Asset Managers Janus Capital in seinem aktuellen Investmentausblick. „Der demografische Wandel wird zwar nicht das allein beherrschende Thema an den Finanzmärkten sein, aber er wird für die Höhe der Erträge, die dort zu erzielen sind, über Jahrzehnte hinweg maßgeblich sein“, sagt Gross. Dies werde solange gehen, bis der „Boomer“-Effekt, also der starke Anstieg der Geburtenrate in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts, auslaufe.

Grundsätzlich überaltert die Bevölkerung rund um den Globus. Von diesem Phänomen sind Industrieländer wie etwa Japan oder Italien tendenziell stärker betroffen als die Schwellenstaaten, von denen einige wie etwa Indien über eine vergleichsweise junge Bevölkerung verfügen. „Ältere Menschen benötigen mehr Pflegedienstleistungen und verursachen höhere Gesundheitskosten als ein Neugeborenes, auch wenn es vielleicht auf den ersten Blick nicht so aussieht“, sagt Gross. Mit dem demografischen Wandel komme auf Industrieländer wie die USA erhebliche finanzielle Belastungen zu. „Fakt ist, dass die USA derzeit ausstehende Schulden in Höhe von insgesamt rund 16 Billionen US-Dollar haben. Das entspricht ungefähr 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Dazu kommen zum jetzigen Zeitpunkt die finanziellen Verpflichtungen der staatlichen Renten- und Sozialversicherungen und die Kosten für die Gesundheitsversorgung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen“, rechnet Gross vor. „Alles in allem noch einmal 66 Billionen Dollar oder weitere 400 Prozent des Sozialproduktes – wir sind pleite, ohne dass wir es wissen.“ Er erkenne zwar, dass sich einige Politiker für staatliche Haushaltsdisziplin und einen geringeren Anstieg oder sogar einen kompletten Stop der Neuverschuldung einsetzen. Doch das sei keine wirkliche Lösung. „Eine Begrenzung der laufenden Neuverschuldung hilft wenig bei etwas, dass unter dem Strich ein demografisches und kein finanzielles Problem ist“, sagt der Janus-Experte.

„Die zukünftige Gesundheitsversorgung der alternden Boomer-Generation muss von den heutigen Millenials und Doktoren, die noch geboren werden müssen, geleistet werden. Wir können ihre heutige Energie nicht speichern für zukünftige schlechte Zeiten. Gleiches gilt für die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Transportdienstleistungen und Unterhaltung – diese und einige andere Sachen müssen von zukünftigen Generationen für die alternden Boomer übernommen werden.“ Gross verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass in den USA in zehn Jahren auf einen Beschäftigen rein rechnerisch 35 Rentner gegenüber heute 25 Rentner kommen werden. „Das Problem, das daraus resultiert, können weder ein privat aufgebauter Kapitalstock noch die staatlichen Rentensysteme lösen“, so Gross. Auf dem Papier könne man zwar mit den dort angesparten Vermögenswerten Waren und Dienstleistungen kaufen. Der zukünftige Wert beziehungsweise Preis werde jedoch angepasst an die Nachfrage nach diesen Dingen, die zu kommenden Zeitpunkten besteht. „Und die verfügbare Menge steht in einer abhängigen Funktion zur verfügbaren Arbeitskraft und dem Preis, der dann dafür verlangt wird“, führt Gross aus. Anders gesagt: Die Preise für die Versorgung der Älteren inflationieren und übersteigen auf Dauer die finanziellen Mittel, die in privaten Vorsorgeeinrichtungen und der staatlichen Rentenversicherungen dafür zur Verfügung stehen. „Eine höhere Produktivität wird oftmals als Lösung genannt“, so der Investmentexperte, „doch Tatsache ist, dass der Anstieg des Produktivitätszuwachses seit einigen Jahren abnimmt. Mehr Babys wären auch eine Möglichkeit, das Ruder rumzuwerfen. Aber im Moment sieht es eher so aus als gehe der Trend in die andere Richtung.“

Investoren empfiehlt Gross vor diesem Hintergrund, mit dem Kauf inflationsindexierter US-Staatsanleihen langfristig auf einen Anstieg des Preisniveaus zu setzen und Anleihen mit fixem Kupon zu meiden. „Auf der Aktienseite sollte vor allem der Gesundheitsbereich profitieren, während Unternehmen aus dem Finanz- und Versicherungssektor eher vor Belastungen stehen“, so Gross.

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