Die letzte Woche lieferte ein gemischtes Bild an volkswirtschaftlichen Daten. Die ersten Schätzungen für das BIP-Wachstum in der Eurozone und Japan wurden mit jeweils 0.5 Prozent Zuwachs gegenüber Ende 2015 bestätigt, was man als durchaus positiv verbuchen kann. Besonders im Fall Japans, wo das sehr schwache letzte Quartal des Vorjahres Anlass zu Besorgnis um den Zustand der Volkswirtschaft befördert hatte, ist man jetzt wieder einigermaßen beruhigt. In Deutschland deuteten die Industriedaten der letzten Woche auf weiter eher verhaltenes Wachstum, während in China die Importe wesentlich weniger schrumpften als die Exporte, mit dem Ergebnis eines weiter zügig schrumpfenden Überschusses in der Handelsbilanz. Überlagert wurde das uneinheitliche volkswirtschaftliche Geschehen der letzten Woche aber von sehr eindeutigen Veränderungen bei der Risikopositionierung der Anleger. Letztere nämlich nahmen die Ballung der ab Mitte des Monats anstehenden Risikoereignisse (Fed, OMT-Urteil, Brexit-Referendum, Spanien-Wahl) zum Anlass, Risiko herauszunehmen. Allein am Donnerstag und Freitag verlor der DAX um über 4,5 Prozent, über den gesamten Wochenverlauf lag der deutsche Leitindex um 2,7 Prozent hinten. Noch etwas härter erwischte es den Eurostoxx 50, der 2,9 Prozent einbüßte, während der amerikanische S&P 500 nur 0,2 Prozent tiefer schloss und der Dow Jones Industrial sogar leicht zulegte (+0,3 Prozent). Die stärker werdende Risikoaversion der Anleger ließ sich aber auch an der Rendite zehnjähriger Bundesanleihen ablesen, die über den Wochenverlauf um über fünf Basispunkte nachgab, hart an der Nulllinie vorbeischrammte und mit gerade mal zwei Basispunkten schloss. Gold legte um 2,7 Prozent zu und schloss bei 1.273 US-Dollar pro Feinunze, auch dies ein deutlicher Beleg für die gestiegene Marktnervosität. Der Euro gab gegenüber dem Dollar nur leicht nach, stärker aber gegenüber dem Schweizer Franken (auf 1,09) und dem Yen (auf 120,5). Es ist besonders die undurchsichtige Lage mit Blick auf einen möglichen Brexit, die Anleger zuletzt wieder stärker verunsichert hat. Sah es in den Wochen nach Ostern so aus, als könne das Camp der EU-Befürworter seine Argumente besser zur Geltung bringen, so hat seit Pfingsten die Leave-Kampagne spürbar an Momentum gewonnen und liegt jetzt in den Meinungsumfragen wieder gleichauf. Da je nach Umfragen zwischen 15 und 20 Prozent der Abstimmungsberechtigten noch unentschieden sind, wird es wohl, wie oft in Großbritannien, stark auf die Wahlbeteiligung ankommen. Vor allem die Frage, wie gut es den Befürwortern eines EU-Verbleibs gelingen wird, jüngere Wähler zu mobilisieren, dürfte entscheidend den Ausgang beeinflussen, denn jüngere Wähler sind Umfragen zufolge tendenziell eher europafreundlich eingestellt. Auch das Wetter könnte eine Rolle spielen, bei sehr engem Ausgang des Referendums sogar das Zünglein an der Waage sein. Für Anleger wird der Brexit-Tag mit Blick auf all diese Unwägbarkeiten zum Vabanquespiel. Klarer dagegen präsentiert sich hingegen der Blick auf die Fed. Nachdem Janet Yellen in ihrer stark beachteten Rede vom Montag letzter Woche keine klaren Hinweise auf einen Zinsschritt im Juni gegeben hatte, rechnen auch wir nicht mehr damit. Allerdings denken wir, dass die Fed die Tür für einen Schritt im Juli offen lassen wird, auch wenn zum Zeitpunkt der Julientscheidung (27. Juli) der Präsidentschaftswahlkampf bereits offiziell eröffnet sein wird und eine Zinsanhebung der Fed während der heißen Phase der Kampagne ungewöhnlich wäre. Wir denken aber, dass die Fed im Zweifel die möglichen Risiken für ihre Glaubwürdigkeit als höher einstufen würde. Letztere könnten drohen, sollte die Zentralbank aus politischer Rücksichtnahme auf einen Zinsschritt verzichten, der ökonomisch eigentlich geboten wäre.
Was bedeutet das für Anleger?
Auch wenn wir zuversichtlich bleiben, dass die Risikoereignisse dieses Monats am Ende anlegerfreundlich ausgehen werden, ist es schwierig, sich für die nächsten zwei Wochen angemessen zu positionieren. Vermeintlich sichere Häfen sind teuer geworden, vor allem wenn man deutsche Staatsanleihen anschaut, oder beinhalten sogar erhebliche Sicherheitsprämien, etwa im Falle von Schweizer Assets. Und selbst wenn wir glauben, dass Aktien mit cash flow-getriebenem Dividendenwachstum mittelfristig die beste Wahl bleiben, dürften auch diese für die absehbare Volatilität der kommenden Wochen keinen vollständigen Schutz bieten. Bleibt der Versuch, die gefährlichsten Fallstricke zu meiden. Fragt man sich, welches das wohl größte Risiko darstellt, kommt man leicht zur Brexit-Abstimmung in Großbritannien. Dies bedeutet, dass der Markt empfindlich bleiben dürfte bezüglich drohender Kapitalabflüsse aus Europa, insbesondere Großbritannien. Vor diesem Hintergrund erscheinen Positionierungen im Dollarraum attraktiv, was auch angesichts einer Rendite von aktuell 1,64 Prozent auf zehnjährige Staatsanleihen und überschaubarem Währungsrisiko einleuchtet. Auch Gold, das sich zwar kräftig erholt hat, auf dem gegenwärtigen Niveau aber durchaus noch in Sichtweite der Produktionskosten pro Feinunze notiert, dürfte in den nächsten Wochen weiter Zuflüsse verzeichnen. Weitere Informationen bietet der Video-Kommentar von Martin Lück, der online verfügbar ist.