Die Gründe hierfür waren wohl die Erholung des Ölpreises (rund 15% auf Wochenbasis für die Sorte Brent) und die Aussicht auf finanzmarktfreundliche Verlautbarungen der Federal Reserve und der EZB im nächsten Monat. Hier aber beginnen bereits die Probleme. Unterm Strich glauben wir, die Antwort lautet: Nein, das war es noch nicht. Die Märkte werden volatil bleiben, das Rückschlagpotential hoch.
Skeptisch sind wir bezüglich aller drei Voraussetzungen, die unseres Erachtens für eine nachhaltige Erholung bei den Preisen für Risiko-Assets notwendig sind, nämlich eine Begrenzung der Ölförderung, unterstützender (und damit glaubwürdiger) Zentralbankpolitik und schließlich positiver Signale bezüglich des globalen Wachstums. Was den ersten Punkt betrifft, glauben wir nicht an eine dauerhaft stabilisierende Wirkung. Die wachsweiche Absprache zwischen Russland und Saudi-Arabien, ihre Fördermengen auf dem (exorbitant hohen) Januarniveau einzufrieren, dürfte den Ölpreis kaum wieder in Regionen führen, mit denen die Förderländer besser leben können. Dies umso mehr, als sämtliche Lagerbestände zum Bersten gefüllt sind und die Absprache keine Aussage enthält, die den an den Ölmarkt zurückdrängenden Iran davon abhalten könnte, über die nächsten Monate wieder mehr Öl zu verkaufen.
Auch die zweite Voraussetzung scheint kaum zu schaffen. Für Zentralbanken wird es immer schwieriger, geldpolitische Lockerung so zu gestalten, dass die Nebenwirkungen möglichst gering ausfallen. Die Verwerfungen um den europäischen Bankensektor in der vorvergangenen Woche haben etwa gezeigt, dass negative Einlagezinsen zunehmend als Belastung empfunden werden und sogar Geschäftsmodelle von Banken per se in Frage stellen. Senkt die EZB also den Einlagezins im März um mehr als die erwarteten 10 Basispunkte, was wir für durchaus denkbar halten, senkt sie zwar die angesichts niedriger Inflation als zu hoch empfundenen Realzinsen, muss sich aber auf Gegenwind für den Bankensektor einstellen. Gleichermaßen ist es keineswegs ausgemacht, dass die Märkte positiv reagieren, wenn die Fed im März auf einen weiteren Zinsschritt verzichtet. Unterm Strich sieht es so aus, als würde den Zentralbanken bald die Munition für effektive weitere Lockerung ausgehen, jedenfalls bezüglich solcher Maßnahmen, die von den Märkten einhellig als positiv beurteilt werden.
Schließlich wären für eine fundamental getragene Markterholung vermutlich bessere Wachstumszahlen notwendig, vor allem aus den USA und China. Für die Vereinigten Staaten waren vor zwei Wochen erstmals ernsthafte Rezessionsängste aufgetaucht, als der Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen leicht abrutschte. Hier ist die Angst vieler Anleger keineswegs gebannt. Es bedarf deutlich stärkerer Zahlen, nicht nur vom Arbeitsmarkt sondern idealerweise auch von Industrie- und Serviceunternehmen, um Marktteilnehmer davon zu überzeugen, dass den USA zwar schwächeres Wachstum, aber keine Rezession bevorsteht. Und mit Blick auf China, wo Anfang letzter Woche schlechte Außenhandelsdaten für Nervosität sorgten, bräuchte es wohl vor allem Belege dafür, dass die Transformation zu einer konsum- und servicegetriebenen Volkswirtschaft gut unterwegs ist. Erstens befürchten wir, dass derartige Strukturveränderungen mehr Zeit brauchen als die Märkte ihnen zu geben bereit sind, und zweitens, dass in Zeiten skeptischer Grundstimmung die Neigung der Marktteilnehmer, optimistische Makrodaten aus China für bare Münze zu nehmen, durchaus begrenzt ist.
Was bedeutet das für Anleger?
Wir denken, dass es in diesem unsicheren, volatilen Marktumfeld wichtig ist, sich auf die fundamentalen Daten zu besinnen. Europäische Aktien sehen hier interessant aus, weil sie günstiger bewertet sind als ihre Pendants in Amerika, weil die europäische Geldpolitik auf Sicht expansiver sein dürfte als jenseits des Atlantik, und weil Europa sich nach wie vor in einem Aufholprozess nach der außergewöhnlich tiefen Lehman-Rezession befindet, den die US-Volkswirtschaft weitgehend hinter sich hat. Als wichtiges Element sollten Aktienanleger allerdings die Tendenz von Kapitalmärkten berücksichtigen, in sehr, sehr volatilen Zeiten den Fokus auf Fundamentaldaten auszublenden. Daher halten wir den jüngsten Anstieg des Goldpreises (rund 15% seit Jahresbeginn) für durchaus nachvollziehbar und glauben, dass das Interesse für Gold und entsprechende Anlagen noch eine Weile anhalten dürfte.
Von Dr. Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie für Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock