Vor dem ersten Wahlgang am 7. Oktober liegen Fernando Haddad von der linken PT-Partei, ein früherer Bürgermeister von Sao Paulo, und der rechtskonservative Jair Bolsanaro in den Umfragen vorn. Von diesen Kandidaten wird erwartet, dass sie beim zweiten Wahlgang am 28. Oktober zur Stichwahl antreten werden. Ciro Gomes, der die linke Mitte vertritt, scheint dagegen abgeschlagen.
„Ganz gleich, wer Brasiliens neuer Präsident wird – er muss dringend das Haushaltsdefizit bekämpfen“, sagt Douglas Reed, globaler Stratege und Ökonom im Emerging Market und Asian Equity Team von Newton IM, einer Boutique von BNY Mellon IM. Obwohl sich das Primärdefizit in den letzten zwei Jahren von -2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) auf -1,4 Prozent des BIP verbessert habe, liege das Gesamthaushaltsdefizit immer noch bei 7,3 Prozent des BIP und damit auf sehr hohem Niveau. Außerdem sei die Bruttoschuldenquote Brasiliens in den letzten Jahren stark gestiegen: von 62 Prozent des BIP im Jahr 2014 auf 84 Prozent Ende letzten Jahres.
„Die entscheidende Frage ist, ob die neue Regierung eine grundlegende Reform des äußerst kostenintensiven Rentensystems durchsetzen kann“, sagt Reed. 2016 hatte Brasilien eine Schuldenobergrenze in der Verfassung verankert, um einen realen Anstieg der Staatsausgaben (ohne Zinskosten) für die nächsten zehn Jahre zu verhindern. Die Regierung des scheidenden Präsidenten Michel Temer hatte noch im Februar eine Rentenreform versucht, wurde aber im Kongress gestoppt.
Die Präsidentschaftswahl wird an den Finanzmärkten daher aufmerksam verfolgt. Bolsanaro gilt als der marktfreundlichere Kandidat, der bereits angekündigt hat, in Wirtschaftsfragen den Rat seines in Chicago ausgebildeten Ökonomen Paulo Guedes zu befolgen. „Falls Bolsanero neuer brasilianischer Präsident wird, rechnen wir mit einer Aufwertung des Real und einer Rallye am lokalen Anleihemarkt“, sagt Alejandro M. Cruz, Schwellenländer-Ökonom bei Standish, einer Boutique von BNY Mellon Asset Management North America.
Fernando Haddad habe dagegen viel Verständnis für die Gegner von Sparmaßnahmen und bereits signalisiert, dass er sich als Präsident für die Aufhebung der Ausgabenobergrenze aussprechen könnte. Sein Wahlsieg könnte sich negativ auf Investments in Brasilien auswirken, erwartet Cruz.
Douglas Reed ergänzt: „Selbst wenn die neue Regierung bei der Haushaltssanierung vorsichtig vorgeht, sieht Brasilien Jahren harter fiskalischer Sparpolitik entgegen, was den Konsum belasten wird. Das Wirtschaftswachstum dürfte daher auf dem aktuellen sehr niedrigen Niveau verharren.“
(BNY Mellon IM)