Richard Kaye, Portfoliomanager Japan bei der internationalen Fondsgesellschaft Comgest, sieht in Japan mehr als nur ein Versprechen. Er glaubt, dass sich ein Engagement 2018 für geduldige Optimisten auszahlen wird.
Japan ist nach wie vor ein von vielen Investoren missverstandener Markt. Dieser wird von anhaltenden Zweifeln an der belebenden Wirkung der Abenomics auf die japanische Konjunktur und – viel wichtiger noch – auf die Unternehmen des Landes geplagt. Für viele Investoren ist es immer noch ein Momentum-Markt. Kurzfristig orientierte Anleger mögen Recht haben, wenn sie in Japan nur in einem Währungsengagement kurzfristige Chancen sehen. Damit entgehen ihnen jedoch die erheblichen langfristigen Wachstumschancen, auf die geduldige Optimisten setzen.
Japan ist mehr als nur ein Versprechen für Anleger. Denn die aktuellen Bewertungen werden den strukturellen Verbesserungen, die Japan Inc. in den vergangenen fünf Jahren erreicht hat, nicht gerecht. Die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung als Value- und als Momentum-Markt einerseits und der Realität eines robusten Wachstums und einer steigenden Qualität der japanischen Unternehmen andererseits sollte sich für geduldige Optimisten auch in Zukunft auszahlen.
Positive Signale aus Fernost
Comgest sieht bei vielen wichtigen makroökonomischen Kennzahlen des fernöstlichen Inselstaates Verbesserungen: Die Kerninflation und die Produktionslücke tendieren in positive Bereiche. Gleichzeitig ist das japanische reale BIP zum ersten Mal seit elf Jahren in sieben aufeinanderfolgenden Quartalen stark gestiegen. Die rezessionäre Auswirkung der Anhebung der Mehrwertsteuer im Jahr 2014 hat wieder nachgelassen. Die potenzielle Wachstumsrate ist Dank des unverändert starken Produktivitätswachstums robust. Die Erwerbsbeteiligung steigt, da Frauen aufgrund neuer staatlicher Initiativen wieder ins Erwerbsleben zurückkehren. Unterdessen wurde das politische Mandat von Premierminister Shinzo Abe im Oktober erneuert. Die offene japanische Wirtschaft profitiert nicht zuletzt deshalb in hohem Maße von der Erholung des Welthandels.
Fortschritt und höhere Renditen
Die Fortschritte auf Seite der Unternehmen gipfelten in höheren Renditen auf das investierte Kapital (RoIC) und einer stärkeren Schaffung von Shareholder Value. Seit dem Amtsantritt von Premierminister Shinzo Abe hat sich die RoIC-Lücke zwischen Japan und dem Rest der Welt von einem Rekordhoch von 3,6 Prozent auf nur noch 0,7 Prozent verringert. Dagegen liegt das Wachstum des Gewinns je Aktie in diesem Zeitraum im Schnitt bei 24,5 Prozent, während es im Rest der Welt nur durchschnittlich 4,1 Prozent erreichte.
Aufgrund der besseren Corporate Governance haben inzwischen fast 100 Prozent der TSE-1-Unternehmen externe Vorstände, gleichzeitig sinkt die Zahl der bequemen und angenehmen Überkreuzbeteiligungen dramatisch und die Ausschüttungen fallen deutlich höher aus. Trotzdem bewegte sich die Gesamtrendite japanischer Aktien in den vergangenen vier Jahren nur auf dem Niveau von Papieren aus anderen Industrieländern – eine unseres Erachtens sehr enttäuschende Performance.
Der japanische Aktienmarkt notiert mit einem KGV-Abschlag von 10 Prozent gegenüber globalen Aktien ohne Japan und ist aufgrund der Erholung des Welthandels der Markt mit dem größten Hebel.
Zwar bietet Japan keine FANG-Aktien (oder Mega-Cap-Technologiewerte), kann dafür aber mit einer ganzen Reihe hochwertiger Wachstumsunternehmen aus den High-Tech-Segmenten wie Robotik, Sensorik, Materialwirtschaft oder Halbleiter aufwarten. Daneben gibt es in Japan auch binnenwirtschaftlich orientierte, hochwertige Wachstumsunternehmen, also Firmen, die von der disruptiven Kraft des Internets profitieren. Dazu gehört beispielsweise MonotaRO, der führende Anbieter von Online-Leistungen im Bereich Wartungs-, Reparatur- und Überholungsmaßnahmen für die zahlreichen japanischen kleinen und mittleren Industriebetriebe. Damit dürfte das Gewinnwachstum und die Dynamik der japanischen Wirtschaft auch 2018 weiter lebhaft sein, trotz des in den Vorjahren bereits erzielten erheblichen Wachstums.
(comgest)