Keine Frage: Veränderungen sind ein natürlicher Bestandteil des Marktgeschehens. Ohne sie gäbe es keinen Fortschritt und keine Gewinner und Verlierer an den Börsen. Zuletzt jedoch haben Umfang und Tempo der Veränderung in einem Maße zugenommen, so dass Marktbeobachter bereits von einer Phase der Disruption sprechen. Gemeint ist ein Vorgang, in dem sich die Märkte nicht nur hier und da an neue Verhältnisse anpassen, sondern bei dem sich fundamental-strukturelle Umbrüche vollziehen, die in der Lage sind, einen Großteil der Markteilnehmer zu betreffen – wenn nicht sogar alle. Genau dies scheint gegenwärtig der Fall zu sein.
Disruption vollzieht sich in der Regel vor allem dann, wenn große Megatrends wie in der Vergangenheit etwa die Elektrifizierung oder die Einführung von Computertechnologie sich Bahn brechen. Blickt man auf das aktuelle Geschehen, so zeigt sich, dass gegenwärtig nicht nur ein oder zwei dieser Megatrends, sondern gleich mehrere am Werke sind. Zu nennen wären hier unter anderem die demografische Entwicklung, die zunehmende Urbanisierung in Megacitys, die immer weiter um sich greifende Digitalisierung und natürlich der Kampf gegen die Erderwärmung. Die jüngste Corona-Krise hat einige dieser Trends weiter beschleunigt. Dies gilt vor allem für die Digitalisierung. Sowohl die Kommunikation als auch das Konsumverhalten und die Arbeitswelt haben durch Corona einen zusätzlichen starken Digitalisierungsimpuls erhalten. Aber auch die Notwendigkeit, unsere Gesellschaft und die sie tragenden Systeme resilienter gegenüber übergreifenden Schocks wie etwa Pandemien zu machen, unterstützt die umfassende Digitalisierung weiterer Lebensbereiche.
Ein weiteres Beispiel für einen wirkungsvollen Megatrend ist der CO2-neutrale Umbau der Wirtschaft. Dieses Projekt wird die Wirtschaft, so wie wir sie kennen, radikal verändern. Denn, um die Klimaneutralität der Wirtschaft im vorgegebenen Zeitrahmen zu bewerkstelligen, reicht es nicht, nur an einigen kleinen Stellschrauben zu drehen. Vielmehr muss unsere Art des Wirtschaftens in vielen Bereichen radikal an die Klimaziele angepasst werden. Bei diesem strukturellen Umbruch wird häufig genug kein Stein auf dem anderen bleiben.
DIE DISRUPTION SCHAFFT NEUE, STARKE INVESTMENTFELDER
Die Entwicklung an den Realmärkten hat zwangsläufig erhebliche Auswirkungen auch auf Investoren. Geschäftsmodelle, die in der Vergangenheit für gute Renditen sorgten, können angesichts der Umbrüche künftig deutlich an Attraktivität verlieren. Andersherum können Geschäftsmodelle, die bisher kaum eine Rolle gespielt haben, zu den Gewinnern von morgen gehören. Genau auf letzteren Aspekt setzt ein Investmentkonzept, das unter der Bezeichnung Thematisches Investieren in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Dabei analysieren die Manager von Themenfonds systematisch einen speziellen Megatrend und suchen dann branchenübergreifend nach jenen Unternehmen, die langfristig am stärksten davon profitieren sollten. Durch diesen übergreifenden Ansatz unterscheiden sie sich von Sektor- oder Branchenfonds, deren Investmentuniversum in der Regel deutlich begrenzter ist.
Themenfonds gelten daher als stärker diversifiziert und weisen gegenüber Branchenfonds zumeist ein eigenes Risiko/Rendite-Profil auf. Ihr Vorteil liegt unter anderem auch darin, dass sie dank ihrer langfristigen Ausrichtungen in der Lage sind, sich von kurzfristigen und mitunter sehr volatilen Marktrends abkoppeln zu können. Themenfonds sind sicherlich nicht der alleinige Königsweg. Im Rahmen eines gut diversifizierten und auf langfristige Renditen ausgelegten Portfolios stellen sie in jedem Fall aber eine interessante Ergänzung dar. In einem Umfeld sich stark verändernder Märkte bieten sie eine gewisse Sicherheit für langfristiges Wachstum. Mit ihnen lässt sich auch die Bedeutung des Timings umgehen. Denn die Treiber des thematischen Investierens sind zumeist nicht kurzfristiger, sondern langfristiger Natur.
ESTY DWEK, Head of Market Strategy, Natixis Investment Managers
Esty Dwek ist verantwortlich für das Marktresearch, Investment-Vorschläge sowie für langfristige Rendite-Einschätzungen. Bevor sie 2016 zu Natixis Investment Managers kam, war sie innerhalb des Schwellenländer-Teams als Global Strategist bei Loomis, Sayles & Company tätig. Sie begann ihre Laufbahn 2006 bei HSBC Private Bank. Esty Dwek hat einen Bachelor in Politikwissenschaften der Universität Princeton.