Noch vor der Corona-Pandemie hat Ursula von der Leyen ihren Amtsantritt mit der Vision eines europäischen Green Deals verbunden. Dadurch soll Wohlstand ökolo- gisch, wirtschaftlich und sozial gefördert werden. In dieser Perspektive braucht es in Brüssel und erst recht in Berlin, der Hauptstadt der größten Wirtschaftsmacht Europas, eine grüne Finanzpolitik. Die Frage ist, wie die erforderlichen öffentlichen Investitionen finanziert werden können.
Zum Glück gibt es dazu vielversprechende Vorschläge. In Deutschland haben insbesondere Michael Hüther und Jens Südekum sowie Christian Breuer überlegt, wie die Schuldenbremse so umgebaut werden kann, dass sie öffentliche Institutionen nicht abwürgt.
Kürzlich haben Andrei Guter-Sandu von der London School of Economics (wo bekanntlich Annalena Baerbock Völkerrecht studiert hat) und Steffen Murau von der Boston University in der Fachzeitschrift „New Political Economy“ einen wichtigen Aufsatz zum Thema veröffentlicht. Sie schlagen vor, die erwünschten Investitionen über Zweckgesellschaften und ähnliche Organisationen zu finanzieren. Beispiele sind die Europäische Investitionsbank und die letztes Jahr gebildete Recovery and Resilience Facility. Eine interessante Möglichkeit wäre etwa eine Zweckgesellschaft zur Finanzierung einer Hochgeschwindigkeitsverbindung, die von Berlin über Prag und den Balkan bis nach Griechenland reichen würde.
Wenn solche Organisationen Kredite aufnehmen, vergrößert das die staatlichen Schulden nicht. Entscheidend für den Vorschlag ist dabei, dass die entsprechenden Organisationen dem europäischen Parlament unterstellt werden können. Die Mitgliedstaaten können analog verfahren. Generell können die Parlamente Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen, Bürgerräte u. Ä. beiziehen. Auf diesem Weg lässt sich eine grüne Finanzpolitik im Sinne des European Green Deals realisieren, und zwar so, dass demokratische Institutionen daraus gestärkt hervorgehen.
CARLO JAEGER