Mit dem Anfang des Jahres veröffentlichten EU Aktionsplan: Finanzierung Nachhaltigen Wachstums liegen konkrete Vorschläge vor, die aktuell als Teil von EU-Legislativpaketen konsultiert werden und bald auch in Deutschland zu Änderungen des gesetzlichen Rahmenwerkes führen werden. Für die Erreichung der globalen nachhaltigen Entwicklungsziele ist privates Kapital dringend notwendig. Die EU schätzt, dass allein für die Klima- und Energieziele 180 Billionen Euro an zusätzlichem Kapital nötig sind.
Marktwachstum, aber mehr Tempo erforderlich
Ohne regulatorische Anreize bleiben nachhaltige Investments in Deutschland bei derzeitigem Marktwachstum noch lange in der Nische. Der FNG-Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen 2018 zeigt, dass sich das Marktvolumen für verantwortliches Investieren – hier ist der Nachhaltigkeitsansatz auf institutioneller Ebene festgelegt – in Deutschland seit 2014 verdreifacht hat und nun bei 1 409 Milliarden Euro liegt. Das Volumen der strenger gefassten, nachhaltigen Geldanlagen, bei denen die Nachhaltigkeitskriterien auf Produktebene festgelegt sind, bleibt trotz Wachstums mit 171 Milliarden Euro bei lediglich 3 Prozent des Gesamtmarkts. Ziel des EU Aktionsplans sollte also sein, die Mainstream-Finanzwirtschaft durch Regulierung zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen, da nur dies die erwünschte Breitenwirksamkeit schaffen wird.
Langjährige FNG-Forderungen in EU Legislativpaketen enthalten
Der EU Aktionsplan enthält einige langjährige Forderungen des FNG wie ein einheitliches Klassifikationssystem der Nachhaltigkeit, die verpflichtende Integration von Nachhaltigkeit in die Kundenberatung und erhöhte Transparenzanforderungen. Der Plan wird nun schrittweise in Legislativpaketen umgesetzt. Bis Ende August stehen drei Legislativpakete zur Konsultation: (i) die Entwicklung einer Taxonomie zur ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit, (ii) Mindestkriterien für EU-Ecolabels für grüne Finanzprodukte und (iii) erhöhte Transparenzanforderungen bei Nachhaltigkeitsinvestitionen. Die Konsultation für das Legislativpaket zur verpflichtenden Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Kundenberatung bei Finanzdienstleistern und Versicherungen ist bereits beendet. Alle diese Initiativen können zur Qualitätssicherung und Förderung nachhaltiger Geldanlagen beitragen, müssen hierfür aber auch zügig und stringent umgesetzt werden.
EU-Aktionplan in Legislativpaketen
Ein einheitliches Klassifikationssystem für Nachhaltigkeit mit dem Ziel der Vermeidung von green washing ist eines der Kernstücke des EU-Aktionsplans. Für die Erarbeitung der Taxonomie wurde die Technical Expert Group benannt, die aus Vertretern der Finanzbranche, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft besteht. Die Taxonomie bezieht sich zunächst nur auf die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit, in einem zweiten Schritt soll es um die soziale Dimension gehen. Während dieser Prozess jedoch auf Jahre ausgelegt ist, sollen die anderen Gesetzesvorhaben bereits umgesetzt werden. In der Tat gibt es bereits Standards und Instrumente, die, beispielsweise für eine nachhaltige Kundenberatung, eingesetzt werden können.
Das FNG Siegel für nachhaltige Investmentfonds (seit 2015) und die FNG-Nachhaltigkeitsprofile (seit 2012) sind bereits am Markt etablierte Instrumente. Sie beruhen auf einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbegriff, der ökologische, soziale und Governance-Aspekte umfasst. Auch für die erhöhten Transparenzpflichten hat das FNG mit seinem Dachverband Eurosif bereits ein Instrument, den Transparenzkodex (seit 2008). Wichtig ist, dass die neu kreierten EU-Standards die bereits existierenden Labels und Instrumente nicht ersetzen, sondern ergänzen und von Erfahrungswerten profitieren.
Da zahlreiche Studien belegen, dass Privatanleger bereit sind, bei der Geldanlage Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen1, birgt die systematische Integration von Nachhaltigkeitsfaktoren in den Kundenberatungsprozess große Chancen für eine bessere Marktdurchdringung. Doch nicht nur auf Seiten der Anleger, sondern auch auf Seiten der Finanzberater bedarf es der Aufklärung über nachhaltige Anlagemöglichkeiten und deren Chancen. Das FNG bietet hier bereits seit 2016 einen Online-Weiterbildungskurs an.
Die aktuelle EU-Gesetzesvorlage enthält allerdings keine klare Definition von nachhaltigen Investmentstrategien (SRI). Wichtig wäre den Kunden nach seinen Motiven (z.B. Förderung von Nachhaltigkeit in bestimmten Segmenten oder Vermeidung von kontroversen Wirtschaftsfeldern) und den dementsprechend bevorzugten nachhaltigen Anlagestrategien zu fragen. Hier gibt es folgende Möglichkeiten: Ausschlüsse, normbasiertes Screening, Best-in-Class-Ansatz, nachhaltige Themenfonds, Impact Investing, Engagement, Stimmrechtsausübung, ESG-Integration.
AUSBLICK
Die Umsetzung des EU-Aktionsplans in den Mitgliedsstaaten wird ein wichtiger Hebel für die Mobilisierung von zusätzlichem privatem Kapital für die nachhaltigen Entwicklungsziele sein. Experten erwarten dadurch in Deutschland 2018 ein Marktwachstum von 15–30 Prozent2. Wichtig ist eine umfassende und schnelle Umsetzung, welche auf bereits bestehenden Standards, Instrumenten und Erfahrungswerten aufbaut.
(Angela McClellan, Geschäftsführerin FNG)
1 | Eurosif. (2016). European SRI Study 2014. Brussels. Gallup. (2009). Europeans’ attitudes towards the issue of sustainable consumption and production. European Commission – Flash Eurobarometer. 8 Wins, A. & Zwergel, B. (2016). Comparing those who do, might and will not invest in sustainable funds.
2 | FNG (2018) Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen.