Dividendenstrategien sind bei Anlegern sehr beliebt. Aufgrund der niedrigen Zinsen, die zur Zeit mit fest- verzinslichen Wertpapieren zu erzielen sind, wurden Dividendentitel zum Teil sogar als die neuen Zinspapiere bezeichnet. Zudem gelten Dividendenaktien als sogenannte Witwen- und Waisenpapiere, da die gezahlten Erträge einen möglichen Kursverlust abfedern können und somit als Risikopuffer gesehen werden. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass viele Anleger Dividendenstrategien oder einzelne Aktien, die in der Vergangenheit eine hohe Dividende gezahlt haben, in ihrem Portfolio einsetzen, um regelmäßige Einkünfte zu erwirtschaften.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise haben dazu geführt, dass viele Firmen in diesem Jahr keine Dividende auszahlen und auch sonstige Pläne zur Schaffung von Mehrwerten für die Aktionäre, wie zum Beispiel Aktienrückkaufprogramme auf Eis gelegt haben, um die Zahlungsfähigkeit des Unterneh- mens in der Krise zu erhalten, beziehungsweise die auflaufenden Verluste durch fehlende Einnahmen zumindest temporär ausgleichen zu können. Diese Schritte zeigen zum einen, wie stark die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Unternehmen wirklich sind und zum anderen, dass selbst Unternehmen, die für ihre guten und regelmäßigen Dividendenzahlungen bekannt sind, nicht immer in der Lage sind, diese auch zu leisten, selbst wenn in den Vorjahren entsprechende Rücklagen gebildet wurden.
Die Enttäuschung der Investoren über ausbleibende Dividenden lässt sich an den Verkäufen in den entsprechenden Aktien und Fonds ablesen. Allerdings war die Verkaufswelle in Aktien und Aktienfonds/ ETFs in den letzten Wochen durch das allgemeine Marktumfeld getrieben. Somit lässt sich derzeit noch nicht abschätzen, wie viele Investoren dem Dividendenansatz den Rücken gekehrt haben.
Ebenso wird es interessant sein zu beobachten, wie sich die Portfolios von regelbasierten Dividenden- strategien in den nächsten Monaten verändern werden, denn einige Unternehmen zahlen auch in diesem Jahr, trotz Krise, eine Dividende aus und könnten somit zu den Gewinnern in der Krise werden, da es aufgrund einer möglichen Erhöhung des Portfolioanteils in den entsprechenden Strategien und dem Ausschüttungsbedarf einzelner Investoren eine erhöhte Nachfrage nach diesen Papieren geben dürfte,
die in der Folge zu einem Kursanstieg führen sollte.
FAZIT
Es ist unbestritten, dass die Gewinne der Unternehmen und die daraus gezahlten Dividenden einer der Hauptfaktoren für den Preisanstieg von Aktien sind. Dennoch zeigt die derzeitige Krise, dass Dividenden keineswegs mit Zinsen gleichgesetzt werden können. Während es sich bei Zinsen einfach gesagt um eine vertraglich festgelegte Zahlung handelt, sind Dividenden ein Teil des Gewinnes, der an die Eigentümer (Aktionäre) ausgeschüttet wird. Das bedeutet, dass es im Gegensatz zu Zinszahlungen keinen Rechts- anspruch auf eine Dividende gibt. Erwirtschaftet das jeweilige Unternehmen keine Gewinne oder ver- schlechtern sich die Aussichten dramatisch, kann die Dividende ausfallen, während die Zinszahlungen trotzdem geleistet werden müssen.
Die Folgen von ausfallenden Dividenden können für Investoren, die in ihrer Liquiditätsplanung auf die Dividendenzahlungen angewiesen sind, dramatisch sein. Für alle anderen Investoren in Dividenden- strategien wird das Jahr 2020 sicherlich kein erfolgreiches Jahr werden, aber ich bin mir sicher, dass sie sich in den kommenden Jahren wieder über regelmäßige Dividendenausschüttungen freuen können. Dementsprechend sollten Anleger, die in ihrem Portfolio auf Dividendenstrategien setzen, nicht auf diese Zahlungen angewiesen sein und über einen langfristigen Anlagehorizont verfügen.
(DETLEF GLOW, Leiter der Fondsanalyse für Europa, den mittleren Osten und Afrika bei Lipper, dem größten Fondsanalysehaus der Welt)