Für die Autoren dystopischer Romane könnte das ein Fest sein, mit Visionen einer Gesellschaft ohne Banken, in der Tauschhandel und Verbrechen regieren.“ Im schlimmsten Fall könnte der Negativzins tatsächlich für wirtschaftliches Chaos sorgen: „Was wäre, wenn jeder Kontoinhaber Zinsen für sein Geld bezahlen müsste?“, fragt sich Iggo. Bargeld könnte dann attraktiver sein als die Einlage bei der Bank – vielleicht käme es zu Bank-Runs. Das wäre ein Schock für das System, denn die Banken finanzieren sich über ihre Kundeneinlagen. „Bei einem solchen Szenario könnte das Bargeld knapp werden, Banken würden zusammenbrechen und die Wirtschaft im Chaos versinken. Doch dieser dystopische Ausblick ist hoffentlich sehr unrealistisch“, so Iggo. Realistischer sei, dass die Kontoinhaber die negativen Zinsen kaum bemerken. Dennoch stelle der Negativzins eine weitere Störung für das Geldsystem dar, die den Anleihemarkt weiter infiziere.
„Wirklich attraktiv sind derzeit nur Anleihen mit Kreditrisiko“, erklärt Iggo. Die Fundamentaldaten seien unter diesen Marktbedingungen wichtiger als je zuvor. Die Zahl der Ausfälle werde ansteigen, und die Unternehmen dürften auf die verschärften Kreditbedingungen reagieren. Im vergangenen Jahr sei deutlich geworden, dass Credit-Anlageklassen nach wie vor mehr durch das Kreditrisiko beeinflusst werden als durch Anpassungen der Zinssätze. „Der Negativzins und auch die quantitativen Lockerungsmaßnahmen ließen die Renditen der Anleihen mit Kreditrisiko nicht fallen“, erklärt Iggo. Der Zusammenbruch der Rohstoffpreise und die globale Verlangsamung des Wirtschaftswachstums hätten die Kreditrisikoprämien zudem steigen lassen. „Mit Zinsen nahe null setzt sich der Ertrag aus der Differenz zwischen der Rendite und dem Ausfallrisiko zusammen. Da aber das Ausfallrisiko steigt und vermutlich weiter steigen wird, sollten Anleger gut diversifizieren und sorgfältig analysieren“, rät der AXA-IM-Stratege.