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Emerging Markets

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INTERVIEW

Emerging Markets in schwierigem Fahrwasser

Mein Geld im Interview mit Prof. Dr. Christian Dreger, Forschungsdirektor International Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Über die Auswirkungen eines verschärften US-Protektionismus auf die Schwellenländer sprach Mein Geld mit Prof. Dr. Christian Dreger. Noch im Sommer des vergangenen Jahres waren die Märkte mit Blick auf die EM positiv gestimmt. Die handelspolitischen Vorstellungen von US Präsident Donald Trump haben nun wieder für Verunsicherung gesorgt.

Ist das Comeback der Schwellenländer vorbei, bevor es richtig begonnen hat?

PROF. DR. CHRISTIAN DREGER: Das Wachstum in vielen Schwellenländern ist immer noch recht hoch, hat seit einigen Jahren allerdings etwas nachgelassen. Und dies, obwohl die Industriestaaten inzwischen auf einen moderaten Wachstumskurs
zurückgekehrt sind. Die Divergenz der Konjunkturzyklen ist gestiegen. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Da ist zum einen die wirtschaftliche Transformation in China, die unter anderem zu geringerer Rohstoffnachfrage führt. Dies hatte zum Verfall der Rohstoffpreise beigetragen, der rohstoffreiche Schwellenländer unter Druck gesetzt hat. Zum anderen macht der allmähliche Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik in den USA Anlagen in Industriestaaten wieder attraktiver. Investitionen in Schwellenländern haben abgenommen, was zu geringeren Wachstumsraten führt. Die Unklarheit über die künftige Politik der USA schafft zusätzliche Verunsicherung.

Welche Maßnahmen der neuen Administration würden den Schwellenländern am meisten Schaden zufügen?

PROF. DR. CHRISTIAN DREGER: Das Wachstum in vielen Schwellenländern beruht auf einem freien und expandierenden Welthandel. Neue Handelshemmnisse infolge protektionistischer Maßnahmen behindern die internationale Arbeitsteilung und
wären für alle Beteiligten kritisch. Die USA sind der bedeutendste Exportmarkt der Weltwirtschaft. Darüber hinaus wird die Umsetzung eines Infrastrukturprogramms in den USA die dort vorhandenen Inflationstendenzen verstärken, zumal sich die Wirtschaft bereits in einem Aufschwung befindet. Ein Anstieg der Inflation dürfte die Zentralbank veranlassen, die Zinsen schneller als geplant zu erhöhen. Dadurch werden US Anlagen attraktiver, so dass die Schwellenländer weniger Kapital erhalten. Dies reduziert ihre Wachstumsperspektiven.

Welche Länder wären am stärksten betroffen?

PROF. DR. CHRISTIAN DREGER: Bei einer stärker protektionistischen Politik der USA wären neben Mexiko die Volkswirtschaften in Südostasien und China am stärksten betroffen. China wegen der Transformation hin zu einem stärker konsumorientierten Wachstumsmodell, so dass das Land der Mitte künftig etwas unabhängiger von der Weltwirtschaft sein dürfte und Unternehmen aus anderen Ländern zusätzliche Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte bietet. Bei einer Zunahme protektionistischer Praktiken würde also der Aufstieg Chinas ein Gegengewicht bilden, das im Zeitverlauf immer bedeutender wird. Indien wäre von protektionistischen Eingriffen weniger betroffen, weil der exportorientierte Industriesektor in geringerem Maße zur Wertschöpfung beiträgt. Gemessen an seinen Exportquoten hängt Lateinamerika in hohem Maße von der Handelspolitik in den USA ab. Allerdings sind die Handelsströme in die EU und China noch etwas stärker ausgeprägt, so dass sich kompensatorische Effekte ergeben dürften.

Gibt es Schwellenländer, die von einer neuen US-Handelspolitik profitieren könnten?

PROF. DR. CHRISTIAN DREGER: Seitdem die USA aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) ausgestiegen sind, spielt das Abkommen aus weltwirtschaftlicher Sicht eine geringere Rolle. Eine TPP ohne die USA wird den Handel zwischen den beteiligten Ländern nicht in dem Maße stimulieren, wie dies ursprünglich angedacht war. Durch den Rückzug der USA ergeben sich für China bessere Möglichkeiten, sein eigenes Freihandelsabkommen voranzutreiben, dass derzeit für die Industrie- und Schwellenländer in der APEC Region konzipiert wird und im Idealfall die bestehenden bilateralen Vereinbarungen ersetzen soll. Der dann entstehende Wirtschaftsraum würde rund 50 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung erfassen und ist eine der am schnellsten wachsenden Regionen in der Weltwirtschaft, der durch das Abkommen weiteren Auftrieb erhält.

Mit welchem Szenario für die Schwellenländer rechnen Sie in diesem Jahr?

PROF. DR. CHRISTIAN DREGER: Die Schwellenländer bilden eine heterogene Gruppe mit uneinheitlichen Wachstumsperspektiven. Das Wachstum in China dürfte aufgrund der wirtschaftlichen Transformation und dem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials leicht sinken. Indien ist inzwischen auf einen stabilen Wachstumspfad zurückgekehrt. Der gewaltige Infrastrukturbedarf des Landes und der Konsumhunger der aufstrebenden Mittelschicht sind Argumente für ein weiter hohes Wachstum. Russland profitiert von den wieder anziehenden Rohstoffpreisen, so dass sich im weiteren Verlauf ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts ergeben sollte. Allerdings bleibt es unter seinen Möglichkeiten: Dazu tragen nicht nur die westlichen Sanktionen, sondern vor allem ein unterentwickelter Industriesektor bei. Und in Afrika dürften einzelne Länder wie die Elfenbeinküste, Uganda, Sambia und der Senegal ein recht hohes Wachstum zeigen. Für Nordafrika bleiben die Aussichten recht bescheiden.

VIELEN DANK FÜR DAS GESPRÄCH.

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