In den vergangenen Jahren wurde nahezu jedes Mantra für die Rentenmärkte auf den Prüfstand gestellt. Nicht lange nach dem „Taper Tantrum“ von 2013 sanken die Umlaufrenditen von Staats- und Unternehmensanleihen, bis die zehnjährige deutsche Bundesanleihe auf nahe Null angelangt war. In diesem „neuen normalen“ Umfeld haben europäische Investoren auf der Suche nach Rendite ihre festverzinslichen Allokationen bisher stärker global ausgerichtet. Das Interesse an Unternehmensanleihen aus den USA bis hin zu Schwellenländerpapieren stieg deutlich, sahen diese Anleihen doch im Vergleich zu europäischen Wertpapieren attraktiver aus. Die gestiegenen Währungsabsicherungskosten (Hedging) und eine verbesserte Position im Kreditzyklus lassen nun jedoch Europa wieder in einem besseren Licht für die Anleger erscheinen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte ihre Niedrigzinspolitik zunächst fortsetzen, während die US- amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) bereits in der Zinsanhebungsphase steckt. Dadurch sind US- Dollar-Anlagen für Euro-basierte Anleger angesichts sehr hoher Kosten für die Währungsabsicherung weniger attraktiv geworden.
So liegen die jährlichen Hedgingkosten für ein US-Dollar-denominiertes Investment in Euro-Depots bei mittlerweile etwa 2,75 Prozent. Zwar mag eine Anleiherendite in US-Dollar lukrativ wirken, doch wenn europäische Anleger das Währungsrisiko eliminieren wollen, entfällt zugleich das Gros der laufenden Rendite.
Das soll nicht heißen, dass europäische Anleger ihre globalen Allokationen komplett umkrempeln sollten.
Es gibt jedoch einige bedenkenswerte Aspekte:
1) Hohe Hedgingkosten werden das ganze Jahr über bestehen bleiben
Der Abstand bei den kurzfristigen Zinsen zwischen den USA und Europa wird bleiben. Viele Ökonomen erwarten, dass die Fed in diesem Jahr noch dreimal die Leitzinsen erhöht. Dennoch kann es riskant sein, US-Dollar-Anlagen nicht abzusichern, da dies zu erhöhter Volatilität im Portfolio führen kann. Zudem fügt es dem Depot ein weiteres Element der Unsicherheit hinzu. Denn der US-Dollar hat sich im vergangenen Jahr ungewöhnlich verhalten und der Konjunkturausblick und die Regierungsrhetorik haben stets für Unruhe gesorgt. Ein stärkerer Dollar ist daher keineswegs als gegeben anzusehen.
2) Nicht alle globalen Engagements werden plötzlich überflüssig
Das Investieren in verschiedene Sektoren und Regionen der Rentenmärkte kann erwünschte Diversifikationseffekte liefern. Ein Beispiel: Hypothekenbesicherte Papiere aus den USA weisen sehr geringe Korrelationen mit herkömmlichen festverzinslichen Investments auf, selbst wenn die Ertragsansprüche heruntergeschraubt werden müssen. Einige dieser Hypothekenanleihen werden variabel verzinst begeben und bieten damit Schutz in Zeiten steigender Zinsen.
3) Die festverzinslichen Portfolios näher an die Heimatmärkte binden
Die hohen Absicherungskosten von US-Dollar in Euro haben europäische Anleihen wieder vergleichsweise attraktiv gemacht. Doch die niedrigen Renditen im Investment-Grade-Bereich und das nahende Ende des Stimulierungs-Programms der EZB dürften dafür sorgen, dass der Weg zu angemessenen Renditen ohne überzogene Volatilität kein Spaziergang wird. Die Anleger müssen flexibel agieren und in einem potenziell volatilen europäischen Markt Duration reduzieren, um nicht unangenehm überrascht zu werden, wenn die EZB die Geldpolitik anzieht. Darüber hinaus sollten die Investoren sich auch jenseits der Benchmarks umsehen und europäische Finanzanleihen in Erwägung ziehen. Insbesondere europäische Banken profitieren von den verbesserten Konjunkturaussichten und einer solideren Kapitalausstattung. Nachrangige Anleihen dieser Kreditinstitute sind im Vergleich mit vielen Schwellenländeranleihen und hochverzinslichen Papieren aus den USA attraktiv.
Warum in die Ferne schweifen…
Nach vielen Jahren globaler Anlagemöglichkeiten im Rentenbereich haben also hohe Hedgingkosten in Kombination mit einem verbesserten konjunkturellen Umfeld dafür gesorgt, dass es sich jetzt wieder lohnen kann, vor der eigenen Haustür nach Ertragschancen zu suchen. Wir glauben, dass ein sorgsam ausgewogener Mix von europäischen Anleihen immer noch Renditen von mehr als 2,3 Prozent abwerfen kann, bei einem durchschnittlichen Investment- Grade-Rating. Im globalen Zeitalter weiterhin niedriger Zinsen ist das ein attraktives Einkommen, und noch dazu erreichbar von Anlegern, die in Euro-denominierte Anleihen bevorzugen.
Die hier geäußerten Einschätzungen und Meinungen sind weder Analysen noch Investmentberatung oder Anlageempfehlungen. Sie geben nicht notwendigerweise die Ansichten aller Portfoliomanagementteams von AB wieder.