Der Anleihemarkt gibt derzeit ein sehr unterschiedliches Bild ab. Wir sehen USStaatsanleihen weniger pessimistisch als die meisten Anleger. Tatsächlich hat der Markt Zinssenkungen bereits in diesem Jahr eingepreist und damit womöglich überreagiert. Wir stellen daher auf eine negative Duration am kurzen Ende der Zinskurve um. Ansonsten haben Investoren ihre umfangreichen Short- Positionen ab- und Long-Positionen aufgebaut.
Eurozone mit extremen Bewertungen
Staatsanleihen aus der Eurozone haben extreme Bewertungen erreicht, die Zinsen auf deutsche Bundesanleihen sind unter die Marke von null Prozent gefallen. Wegen der schwachen Inflationserwartungen müssen Anleger Realzinsen extrem teuer bezahlen. Die EZB kann ihre Geldpolitik nicht normalisieren, weil die Konjunktur inzwischen nachlässt (Rückgang der Industrieproduktion in Deutschland, mögliche Rezession in Italien), die politische Lage in Italien und Großbritannien (Brexit) weiterhin unsicher ist und die Inflationserwartungen stabil sind.
Allerdings könnte das Wachstum in China bald anziehen und damit die europäische Wirtschaft ankurbeln, da Europa einer der Hauptfinanzpartner Chinas ist, was wiederum zu einer Bewertungsanpassung bei deutschen Bundesanleihen führen könnte.
Weiteres Potenzial sehen wir bei Emittenten aus der europäischen Peripherie, wo sich die Fundamentaldaten deutlich gebessert haben und vor allem die Haushaltsdefizite zurückgegangen sind. Beachtlich ist dies insbesondere in Portugal, Griechenland und Zypern.
Staatsanleihen aus Schwellenländern sind aus unserer Sicht nicht zu teuer, da Carry-Transaktionen attraktiv sind und dies bei erheblich steigenden Risikoaufschlägen noch länger bleiben werden. Anders als der bisherige Jahresverlauf war 2018 schwierig für EMAnleihen, besonders Unternehmensanleihen. Der Markt könnte von einer Konjunkturerholung in China durch staatliche Konjunkturmaßnahmen und zusätzliche Liquidität profitieren.
US-Unternehmensanleihen zeigen Anzeichen einer Spätzyklusphase, insbesondere durch steigende Verschuldung. Wir fürchten Verluste am High-Yield-Markt durch Rating-Abstufungen und halten US-High-Yield- Anleihen für teurer als europäische.
Nachrangige Finanzanleihen mit Potenzial
Europäische Investment-Grade-Anleihen haben erheblich von den Wertpapierkäufen der EZB profitiert. Doch selbst wenn diese an ihrer expansiven Politik festhält, dürfte die positive Wirkung nachlassen. Potenzial sehen wir dank höherer Solvenz im Finanzsektor bei nachrangigen Finanzanleihen. Die Bilanzen werden solider, die Rentabilität steigt (das TLTRO-Programm der EZB soll Banken für die negativen Zinsen entschädigen) und die Bewertungen sind attraktiv, sprich nachrangige Finanzanleihen sind nicht teuer.
Aufgrund unserer derzeitigen Einschätzung der Märkte glauben wir fest an ein dynamisches und aktives Management und haben wegen der sehr guten Wertentwicklung der letzten sechs Monate und der steigenden Bewertungen unser globales Fixed Income Exposure und damit auch die Risiken in unserem Portfolio reduziert. Tatsächlich spricht das heutige Umfeld für flexible Strategien, sowohl in der Asset-Allokation als auch im aktiven Duration Management. Beides scheint notwendig, um einerseits das Anlagevermögen der Kunden zu schützen und andererseits Potenzial ausschöpfen zu können.
(EDR)