Das FNG-Siegel ist der Qualitätsstandard für nachhaltige Investmentfonds im deutschsprachigen Raum. Seine ganzheitliche Methodik basiert auf einem Mindeststandard. Dazu zählen Transparenzkriterien und die Berücksichtigung von Arbeitsund Menschenrechten, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung, wie sie im weltweit anerkannten UN Global Compact zusammengefasst sind. Auch müssen alle Unternehmen des jeweiligen Fonds komplett auf Nachhaltigkeits-Kriterien hin analysiert werden und das Produkt eine explizite Nachhaltigkeits-Strategie vorweisen. Tabu sind Investitionen in Atomkraft, Kohlebergbau, relevante Kohleverstromung,
Fracking, Ölsande, Tabak sowie Waffen und Rüstung. In über 80 Fragen werden zum Beispiel der Nachhaltigkeits-Anlagestil, der damit einhergehende Investmentprozess, die dazugehörigen ESG-Research-Kapazitäten und ein eventuell begleitender Engagement-Prozess analysiert und bewertet. Darüber hinaus spielen Elemente wie Reporting, Kontroversenmonitoring, die Einbindung von Stakeholdern und die Fondsgesellschaft als solche eine wichtige Rolle.
Auditor des FNG-Siegels ist der Lehrstuhl von Prof. Dr. Timo Busch von der Sustainable Finance Research Group der Universität Hamburg. Die Qualitätssicherungsgesellschaft Nachhaltiger Geldanlagen (QNG) trägt die Gesamtverantwortung, insbesondere für die Koordination, die Vergabe und die Vermarktung. Den Prüfprozess begleitet außerdem ein unabhängiges Komitee mit interdisziplinärer Expertise. Das FNG-Siegel ist vom Verbraucherportal www.label-online.de als „sehr empfehlenswert“ ausgezeichnet worden und in den Warenkorb des Rats für Nachhaltige Entwicklung aufgenommen worden.
FNG-Siegel mit 60 Prozent mehr Bewerbern
Der Zulauf für das FNG-Siegel als Qualitätsstandard für nachhaltige Geldanlagen hält weiter an. Auf der diesjährigen Vergabefeier wurden 257 Fonds, die sich einer umfassenden wissenschaftlichen Prüfung unterzogen haben, mit dem unabhängigen Gütesiegel ausgezeichnet. Zum ersten Mal waren auch nachhaltige ETFs dabei. Beworben hatten sich 281 Fonds, eine Steigerung von 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr! Damit hält das hohe Wachstumstempo der Vorjahre ungemindert an. Die Zahl der sich bewerbenden Fondshäuser stieg von 73 auf 102. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass knapp zehn Prozent der eingereichten Investmentfonds die Mindestanforderungen nicht erfüllt haben. Die ausgezeichneten Fonds verwalten ein Vermögen von 120 Milliarden Euro, eine Verdoppelung im Vorjahresvergleich.
Einen großen Sprung machte abermals die Anzahl sich neu bewerbender Fonds. Produkte von 34 Asset Managern bewarben sich erstmals um das unabhängige Gütezeichen. Die Länderverteilung sieht wie folgt aus: Fonds aus Deutschland verdoppelten sich fast und sind mittlerweile zahlenmäßig führend. Österreichische Fonds sind seit Beginn stark dabei und eine fast verdoppelte Zahl an Fonds aus Frankreich dokumentiert die Attraktivität des Qualitätsstandards außerhalb des DACH-Raums. Auch die Schweiz erkennt immer mehr, dass extern geprüfte Qualität wichtig für die Glaubwürdigkeit der angebotenen Produkte ist. Weitere wichtige eidgenössische Akteure konnten gewonnen werden. Insgesamt wurden Produkte aus 14 Ländern ausgezeichnet.
Die Tatsache, dass gerade einmal zehn Prozent des sprunghaft angestiegenen Angebots nachhaltiger Anlage-Produkte das FNG-Siegel tragen, unterstreicht den hohen Anspruch des Gütezeichens. Das ganzheitliche Label für glaubwürdige und professionell verwaltete nachhaltige Investmentfonds ist gerade in Zeiten der Angebots-Schwemme und der Vielschichtigkeit der Anlagestile eine stabile Orientierungshilfe. Allein schon, um ein wichtiges Ziel der EU – die Vermeidung von Greenwashing – sicherzustellen.
Als wissenschaftlich basierte Orientierungshilfe hilft es, Anlegerinnen und Anlegern, aber auch Versicherungen, Dachfondsmanagern, Stiftungen und anderen institutionellen Anlegern, gut gemachte Angebote herauszufiltern. So wie bekannte Bio-Gütesiegel aus dem Lebensmittelbereich für einfache Wiedererkennbarkeit nachhaltiger Produkte sorgen, ist das FNGSiegel seit 2015 das führende Label für Finanzprodukte, die Mindestanforderungen und darüber hinausgehende Merkmale einer anspruchsvollen nachhaltigen Geldanlage erfüllen. Hochwertige Nachhaltigkeits-Fonds, die sich über das reine FNG-Siegel in den Bereichen „institutionelle Glaubwürdigkeit“, „Produktstandards“ und „Portfolio-Fokus“ besonders hervorheben, erhalten bis zu drei Sterne.
In diesem Jahr wird das FNG-Siegel noch einmal an Bedeutung gewinnen: Ab August 2022 (die EU kann den Termin aus Harmonisierungsgründen mit anderer Regulatorik noch auf Januar 2023 verschieben) gilt eine Beratungsverpflichtung bezüglich der Nachhaltigkeit in der Geldanlage. In jedem Beratungsgespräch müssen dann Nachhaltigkeitspräferenzen abgefragt werden. Allerdings wird mit der bereits im Frühjahr in Kraft getretenen EU Offenlegungsverordnung zur Transparenz von Nachhaltigkeit in Finanzprodukten keine Aussage zur Qualität des Produkt-Inhalts getroffen: Jeder Produktanbieter deklariert seine Fonds nach der Offenlegungsverordnung quasi selbst. „Erst mit einer unabhängigen Prüfung wird das Produktversprechen eines Fondsanbieters im Sinne der Glaubwürdigkeit seiner nachhaltigen Geldanlage extern zertifiziert“, erläutert Prof. Dr. Timo Busch, der mit seinen Mitarbeitenden der Sustainable Finance Research Group an der Universität Hamburg für die Prüf- und Bewertungsarbeit zuständig ist. Unterstützung leistet auch die Universität Kassel. Der Prüfprozess wird darüber hinaus von einem unabhängigen Komitee mit interdisziplinärer Expertise überwacht.
ROLAND KÖLSCH