Am 16. Juli war es wieder so weit: Der marktbreite US-Aktienindex S&P 500 erreichte mal wieder ein Allzeithoch, dem nicht gleich wenige Tage später ein neuerlicher Höchststand folgte. Über fünf Jahre hatte der Index um 88,5 Prozent beziehungsweise im Schnitt 13,5 Prozent pro Jahr zugelegt. Warum war man da nicht dabei? Viele Anleger fragen sich das wohl, denn die wenigsten waren über diese fünf Jahre durchgehend investiert.
Kein Wunder, denn die Wertentwicklung war nicht nur von stets neuen Höchstständen, sondern auch von schmerzlichen Einbrüchen gekennzeichnet. Niemand wusste am 16. Juli, wie lange es dauern wird, diesen neuen Höchststand zu überbieten. Einen neuen Höchststand hatte es auch am 3. Januar 2022 gegeben. 4796,27 Punkte zeigte das Börsenbarometer zum Handelsschluss an. Auch damals wusste niemand, ob diese Marke zwei Wochen, zwei Monate oder erst zwei Jahre später übertroffen werden würde. Tatsächlich fielen die Kurse und erst bei minus 25,43 Prozent war der Tiefststand erreicht. Es dauerte genau zwei Jahre, zwei Wochen und zwei Tage, ehe dieser Höchststand überboten werden konnte.
Auf dem Weg nach unten stiegen zunehmend viele Anleger aus. Viele investierten erst wieder, als der Index deutlich höher notierte als zum Zeitpunkt des Ausstiegs. Dieses „Fehlverhalten“ führt dazu, dass Anleger in den fünf Jahren eben keine 13,5 Prozent pro Jahr, sondern nur eine Rendite im – oft niedrigen – einstelligen Bereich erzielt haben.
Doch der Index zeigt nur den Durchschnitt der Entwicklung von aktuell 503 im S&P 500 gelisteten Unternehmen, deren Entwicklung weit vom Durchschnitt abweichen kann. Hätte man vor fünf Jahren gleichgewichtet in Apple, Microsoft, Nvidia, Amazon, Meta, Alphabet und Tesla investiert, so hätte man ein Plus von 794 Prozent (!) erzielt. Nicht umsonst werden diese Unternehmen die „glorreichen Sieben“ genannt. Der Börsenwert dieser sieben Unternehmen beläuft sich auf fast 14 Billionen US-Dollar (die sieben größten DAX-Unternehmen bringen es auf 800 Milliarden Euro). Ob die Bewertungen übertrieben sind oder nicht, können Analysten anhand der fundamentalen Daten annähernd bestimmen. Wie die Kurse sich in den nächsten Wochen, Monaten oder Jahren entwickeln, ist damit jedoch längst nicht klar. Anleger neigen nämlich nicht nur zu Übertreibungen, wie wir sie womöglich gerade erleben, sondern auch zu Untertreibungen, wenn die Stimmung schlecht ist. Eine Korrektur endet also nicht bei Erreichen der „fairen Kurse“, sondern sie geht meist deutlich weiter. Je höher die Übertreibungen, desto höher die potenzielle Fallhöhe. Versierte Fondsmanager reduzieren die möglichen Verluste durch die sorgfältige Selektion der Unternehmen, in die sie investieren. In Mischfonds reduzieren sie zudem den Aktienanteil bei übertrieben hohen Kursen, um ihn bei einer Korrektur zu günstigen Kursen wieder hochzufahren. Ob sie es besser können als die Anleger selbst, erkennt man – zumindest für die Vergangenheit – an ihrer Outperformance im Vergleich zu den Marktentwicklungen.
JÜRGEN DUMSCHAT