Mit Blick auf das makroökonomische Umfeld hat sich die gesamtwirtschaftliche Aktivität erholt, doch beim Wachstum haben wir es noch nicht über die Erholungsziellinie geschafft. Eine Neuausrichtung der gesamten Makropolitik und grüner Investitionen könnte für eine zyklisch starke Wachstumsphase sorgen, die Inflation verursacht. Aber: So weit sind wir noch nicht. Die Zentralbanken werden ihre Leitzinsen auf dem Niedrigniveau belassen und ihre Anleihekäufe so anpassen, dass die Finanzierungsbedingungen locker bleiben. Gleichzeitig wird die Fiskalpolitik weiterhin verhältnismäßig freundliche Impulse setzen.
Fünf Lösungswege für den „Status low“
Wir beginnen das Jahr 2021 also auch mit niedrigen Leitzinsen, Staatsanleiherenditen auf niedrigem Niveau und niedrigen Anleihespreads. Dieser aktuelle „Status low“ erfordert eine diversifizierte Herangehensweise, die wir in fünf Lösungswegen umsetzen:
1. Gesamtes Spektrum der Anlagechancen bei Anleihen nutzen
Eine freundliche makroökonomische Politik hat 2020 zwar alle Vermögenswerte beflügelt, doch es gibt Bewertungsunterschiede an den Anleihemärkten. Angesichts eines besseren Wachstumsausblicks erkennen wir Chancen bei Schwellenländer- und Unternehmensanleihen – besonders im Hochzinssegment. Wir bevorzugen zudem Hypothekenanleihen (MBS) von US-Bundesbehörden, die von den Anleihekäufen der US-Notenbank profitieren und weniger sensitiv auf zyklische Rückschläge reagieren.
2. Über und innerhalb von Anleiheklassen diversifizieren (1)
Anleihen sind keine homogene Anlageklasse – innerhalb der Sektoren gibt es Unterschiede. Schwellenländeranleihen beweisen dies: Dank kräftiger Konjunkturmaßnahmen und einer effektiven Eindämmung des Covid-19-Virus kommt Asien 2021 in die zweite Phase seiner Erholung, während Teile von Lateinamerika weiter mit wirtschaftlichen, politischen und sozialen Herausforderungen zu kämpfen haben.
Uns ist die angespannte geld- und fiskalpolitische Lage zwar bewusst, dennoch erkennen wir vereinzelte Chancen bei Schwellenländeranlagen. Ein besseres globales Wachstumsbild wird die Rohstoffpreise beflügeln, was den Volkswirtschaften mehrerer exportorientierter Schwellenländer zugutekommen wird. Auch die Nachfrage aus China könnte bestimmte Schwellenländer in den speziellen Wachstumskreis aufsteigen lassen, der dieses Jahr um China herum herrscht.
3. Risikoprämien nutzen, die durch Marktineffizienzen entstehen
Spreadsektoren weisen seit ihrem Ausverkauf im ersten Quartal 2020 eine beeindruckende Erholung auf – doch Bewegungen auf Sektorebene können Chancen auf Einzeltitelebene verschleiern. Während der Pandemie haben wir beispielsweise eine „COVID-19-Spread-Prämie“ erzielt, die sich bei Emittenten in Sektoren zeigte, bei denen man davon ausging, dass sie von den Maßnahmen zur Viruseindämmung extrem in Mitleidenschaft gezogen werden würden, wie etwa Fluggesellschaften und Hotels. Der Markt differenzierte Sektoren basierend auf ihrer COVID-19-Sensitivität – unterschied aber bei den zugrundeliegenden Emittenten nicht nach Fundamentaldaten des Unternehmens wie Bilanzpositionen.
In diesen Beispielen zeigen wir Risikoprämien auf, die durch Kreditrisiko- oder Liquiditätsdynamiken entstanden sind. Wie wir bereits Beginn 2020 erläutert haben, sind wir der Ansicht, dass wir mit einem daten- und technologieorientierten Investmentansatz in der Lage sein können, zukünftige Marktineffizienzen effektiv zu erkennen und unsere Überzeugungen gleichzeitig sehr präzise umzusetzen. Die Technologiebeschleunigung, die durch die Pandemie ausgelöst wurde, bestärkt uns in dieser Investmentphilosophie.
4. Währungen zur Absicherung von Risikoanlagen
Um zu gewährleisten, dass unsere Rentenportfolios ausgewogen und widerstandsfähig sind, vor allem in Phasen einer Risk-off-Stimmung am Markt, sichern wir unser Engagement in Unternehmensanleihen normalerweise mit Zinspositionen ab. Da die Zinsen jedoch so niedrig sind, eignen sich diese Positionen nur noch begrenzt. Daher haben wir unsere Absicherung durch Beimischung eines Währungskorbs diversifiziert, der ähnlich wie Staatsanleihen negativ mit Unternehmensanleihen korreliert. Zudem passen wir unsere Absicherung dynamisch an die Marktlage an.
5. Zentraler Grundsatz: nachhaltiger Fokus auf die ESG-Analyse
Die Pandemie hat unterstrichen, dass ESG-Faktoren kein „Bullenmarkt-Luxus“, sondern ein „Muss für den Bärenmarkt“ sind. Je mehr sich die Anleihespreads einengen, desto wichtiger wird es sein, ESG-Risiken, die wesentliche Abwärtsrisiken darstellen können, angesichts des asymmetrischen Renditeprofils von Anleihen zu kontrollieren. Wir betrachten ESG als ein sich entwickelndes Thema, das Anlageentscheidungen, Politikgestaltung und Finanzmärkte prägt. Denn die Kapitalkosten sowohl von Unternehmens- als auch von Staatsanleihen werden zunehmend von ESG-Merkmalen bestimmt. Die Einbeziehung von ESG-Kriterien ist daher maßgebend für die Wahl von Emittenten, den Portfolioaufbau und das Risikomanagement.
Corona, Makro und die Märkte: Was zu beachten ist
Die Pandemie: Wissenschaft und Forschung haben zwar einen Ausweg aus der Pandemie aufgezeigt. Zugleich ist zu beachten: Wie wir unter anderem mit einem Gesundheitsexperten kürzlich besprochen haben, erfordern Impfungen „ein bisher nie da gewesenes Maß an Zusammenarbeit, Abstimmung, Synchronisation und Integration“.
Das Makro-Umfeld: Zu den potenziellen Abwärtsrisiken für das Wachstum gehören gesundheitliche Rückschläge sowie gedämpfte Nachfrage, wenn Haushalte und Unternehmen ihre Aktivitäten einschränken, um die 2020 aufgenommenen Schulden zu reduzieren. Zudem könnten Konkurse und Zahlungsausfälle nach oben tendieren. Denn die Nachsicht im Hinblick auf Schuldendienst läuft bald aus. Wir achten außerdem auf geld- und fiskalpolitische Probleme. Ein bescheidenes Hilfspaket in den USA oder eine verfrühte Abkehr von der geldpolitischen Unterstützung, wenn sich der zyklische Hintergrund verbessert, könnten Volatilität an den Finanzmärkten auslösen. Im Verlauf von 2021 werden wir die Inflationserwartungen und die Verbesserungen am Arbeitsmarkt genau beobachten, um abzuschätzen, ob auf eine weniger expansive Geldpolitik hindeutende Äußerungen eventuell übertrieben sind.
Die Märkte: In einer Welt eingeengter Risikoprämien und rapiden Wandels lautet das Fazit für Anleger einfach: Bleiben Sie fokussiert. Wir sind überzeugt, dass man das Alpha steigern kann, wenn man mit Schnelligkeit auf die Risikostimmung reagiert. Ein begrenztes Spektrum an Chancen kann dazu führen, dass attraktive Anlagemöglichkeiten in Phasen einer Risk-on-Stimmung unter Anlegern schnell verschwinden und überbewertete Positionen das Renditepotenzial dämpfen. Risk-off-Phasen hingegen können Gelegenheiten für gezielte Käufe bieten.