Investmentfonds

„Keine Angst vor der Rezession“

Anhaltende Sorgen um einen globalen Abschwung dürften 2016 Chancen für Investoren eröffnen. Dieser Ansicht ist Philip Saunders, Co-Head of Multi Asset bei Investec Asset Management.

„Die Märkte haben sich in den vergangen Wochen verhalten, als stünde die Weltwirtschaft an der Schwelle zu einem globalen Abschwung, doch diese Sorgen sind übertrieben“, erklärt er. Die Schwäche der Industrieproduktion habe die Spekulationen angeheizt, doch es gebe gute Gründe, um mit einer stabilen fundamentalen Entwicklung zu rechnen. Allerdings erwartet der Experte, dass die Märkte im Jahresverlauf nervös bleiben. „Jetzt kommt es darauf an, ein Gleichgewicht zu finden. Investoren sollten die Chancen nicht verpassen, die sich durch Fehlbewertungen ergeben dürften, nur weil sie Risiken vermeiden wollen“, so Saunders. Daher sei es entscheidend, jede einzelne Investition genauestens zu prüfen. Zwei weitere Themen sollten Investoren dabei 2016 im Blick behalten: Die Auswirkungen des chinesischen Reformkurses und eine mögliche Erholung des Ölpreises.

Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität ist konjunkturbedingt

Angesichts schwacher Aktienmärkte, Rallys bei Staatsanleihen und abflachenden Zinskurven hätten die Marktkommentatoren begonnen, von Rezession zu sprechen, und führten als Beweis gerne die schwachen Zahlen zur Industrieproduktion ins Feld. Tatsächlich, so Saunders, seien diese nicht nur in China, sondern auch international enttäuschend ausgefallen. Das Produktionswachstum in den USA habe bereits im November 2015 seinen Höhepunkt erreicht und sei seitdem abgeflacht. „Wer den Blick auf Prognosen wie diese verengt, läuft jedoch Gefahr, seinen objektiven Standpunkt verlieren“, sagt Saunders. Der Dienstleistungssektor sei weiterhin stark, und das gelte auch für China. Historisch habe eine Diskrepanz zwischen den beiden Sektoren dazu geführt, dass entweder der Dienstleistungssektor eingebrochen sei oder die Industrieproduktion wieder angezogen habe. Insbesondere in den USA habe die Wirtschaft ähnliche Phasen ohne signifikante Wachstumsschwäche überstanden, so etwa in den Jahren 1985, 2003 und zuletzt 2012 und 2013. „Wir beziehen Immobilienpreise, Einzelhandelsumsätze und den Arbeitsmarkt in unsere Überlegungen mit ein. Dann spricht vieles dafür, dass wir es nicht mit einem Rückgang der Wirtschaftsaktivität, sondern nur mit einer Verlangsamung zu tun haben wie sie in der Mitte oder am Ende des Konjunkturzyklus nicht ungewöhnlich ist“, analysiert Saunders.

Öffnung der Finanzmärkte sorgt für Turbulenzen in China

Während der Dienstleistungssektor in China weiterhin stark bleibe, sollten sich Investoren der Risiken bewusst bleiben, die mit der unvollständigen Öffnung der chinesischen Finanzmärkte einhergingen. „Präsident Xi Jinping bekennt sich zwar weiterhin zur Öffnung Chinas. Allerdings machen die anhaltenden regulatorischen Eingriffe und Interventionen der Zentralbank deutlich, dass das Politbüro sich noch immer schwer damit tut, Kontrolle abzugeben“, sagt Saunders. Die vollständige Integration in die Weltwirtschaft gehe mit teilweise stürmischen Bewegungen an den Märkten einher. Ein Beispiel sei die Integration der Börsen in Shanghai und Hong Kong seit November 2014. Auf die daraus folgende Volatilität habe China wiederholt mit Handelsbeschränkungen reagiert. „Solche Eingriffe tragen eher dazu bei, das Vertrauen der Investoren zu schwächen. Solange die Regulierungsbehörde sich nicht auf ein gewisses Maß an Laissez-Faire einlässt, dürften sich die Märkte sich weiterhin so erratisch verhalten, wie wir es 2015 und zum Jahreswechsel erlebt haben“, prognostiziert Saunders. Er rechnet zudem mit weiterem Abwertungsdruck auf den Renminbi. Dazu trügen nicht nur die begrenzte Freigabe des Wechselkurses, sondern auch die monetären Stützungsmaßnahmen bei. „Ein schwacher Renminbi wiederum schwächt die Kaufkraft Chinas und das dürfte sich auch an den Rohstoffmärkten bemerkbar machen“, fügt er hinzu.

Beim Ölpreis könnte die Wende schneller kommen als erwartet

Beim Ölpreis, der im vergangen Jahr auf immer neue Tiefststände gefallen ist, rät Philipp Saunders zur Ruhe. Der Verfall sei durch ein enormes Überangebot gefördert worden. Dabei werde jedoch leicht übersehen, dass auch die Nachfrage 2015 überdurchschnittlich gewachsen sei. Nun deute sich angesichts des niedrigen Ölpreisniveaus eine Trendwende an: Das Angebot könnte sinken und eine Korrektur der Lagerbestände nach sich ziehen. Dann, so der Experte, sei eine Preisreaktion nur eine Frage der Zeit. „Wie so oft ist es schwer, vorauszusagen, wann der Markt seinen Boden erreicht hat, und ebenso, zu welchem Zeitpunkt sich die Entwicklung umkehren wird. Dennoch hat die Geschichte uns eines gelehrt: Wenn sich das Sentiment nach einem langen Tal der Tränen dreht, fällt der Umschwung oft schnell und signifikant aus“. Zwar sollten Investoren weiterhin Vorsicht walten lassen, doch es sei nicht unwahrscheinlich, dass dieser Zeitpunkt irgendwann im Verlauf des Jahres 2016 kommen werde.

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