Viele nachhaltig orientierte Investoren achten bei der Auswahl ihrer Zielfonds auf die Einstufung der einzelnen Produkte nach der Offenlegungsverordnung (SFDR) und, insbesondere im Segment der passiven Produkte, auch auf die unterliegende Benchmark. Gerade bei der Orientierung an der Benchmark verlassen sich viele Anleger darauf, dass ETFs oder Indexfonds, die einer der beiden Arten der von der EU eingeführten Klima-Benchmarks (PAB = Paris-Aligned Benchmark oder CTB = Climate Transition Benchmark) als Index folgen, auch den jeweiligen Vorgaben des Index entsprechend investiert sind und kohlenstoffarme Investmentstrategien verfolgen.
Bei ETFs und Indexfonds, die ihren Index vollständig replizieren, können sich die Anleger sehr gut an diesen Indizes orientieren, denn schließlich versuchen die entsprechenden Fondsmanager, den Index so exakt wie möglich nachzubauen.
Allerdings ist schon bei Produkten, die aufgrund der Vielzahl von Titeln versuchen, die Wertentwicklung des Index mit einer optimierten Anzahl von Titeln nachzubilden, der sogenannten „Optimization“, Vorsicht geboten, denn hier gibt es das Risiko, dass Titel eingesetzt werden, die nicht im Index enthalten sind und gegebenenfalls die Anforderungen der Investoren nicht erfüllen.
Bei den sogenannten synthetischen Produkten, das heißt bei Produkten, bei denen die Benchmark nicht physisch repliziert wird, sondern dafür ein Derivat wie zum Beispiel ein Swap, zum Einsatz kommt, müssen Anleger besondere Vorsicht walten lassen. Denn bei diesen Produkten folgt der ETF oder Indexfonds zwar sehr exakt der Wertentwicklung des jeweiligen Index, kann aber völlig andere Titel als der Index, als sogenanntes Collateral, im Portfolio halten. Denn mit dem Swap wird die Wertentwicklung der Titel im Portfolio gegen die Wertentwicklung des Index „getauscht“. Bei diesen Produkten werden die Titel im Portfolio nicht unbedingt auf Basis von Nachhaltigkeitskriterien, sondern zumindest teilweise aufgrund ihrer Liquidität und/ oder niedrigen Transaktionskosten sowie anderer Vorgaben ausgewählt. Dementsprechend müssen Anleger, die auf ETFs oder Indexfonds mit synthetischer Replikation setzen, sehr genau hinschauen, was sich in den entsprechenden Portfolios befindet und können sich derzeit nicht auf die Kennzeichnung des Index und/oder die Einstufung des Fonds gemäß SFDR verlassen.
Beim Blick in die Portfolios von synthetischen ETFs und Indexfonds, die gemäß SFDR unter Artikel 8 beziehungsweise 9 einklassifiziert waren, beispielsweise per 31. Juli 2022, fanden sich durchaus Titel in den sogenannten Collaterals, die aus der Sicht vieler nachhaltiger Investoren nicht in einem entsprechenden Produkt sein sollten. So haben wir in den Collaterals von ESG-orientierten beziehungsweise an einer Paris-Aligned Benchmark ausgerichteten Produkten Titel wie Marathon Petroleum, Schlumberger, TotalEnergies, Volkswagen oder BMW gefunden. Aber es sind nicht nur Titel aus der Öl- und Gasbranche oder der Automobilindustrie in diesen Portfolios, die bei nachhaltigen Investoren zu einem gewissen Unwohlsein führen dürften. Auch andere Unternehmen wie zum Beispiel Danone, die von nachhaltigen Investoren teilweise kontrovers diskutiert werden, finden sich als Collaterals in den Portfolios.
Auch wenn einige der kontrovers diskutierten Titel unter ESG-Gesichtspunkten beziehungsweise bei Nutzung eines Best-in- Class-Ansatzes noch vertretbar erscheinen, müssen nachhaltig orientierte Investoren bei den sogenannten synthetischen ETFs sehr genau hinschauen, um sicherzugehen, dass der von ihnen gewählte Fonds auch zu ihren Anforderungen an ein nachhaltiges Investment passt. Nur so können sie vermeiden, in Unternehmen zu investieren, die sie eigentlich nicht im Portfolio haben wollen.
DETLEF GLOW