Investmentfonds

„Nur stärkere Selektion ermöglicht positive Erträge“

Niedrige Rohstoffpreise und Inflationsraten, hohe Risikoaversion bei den Investoren Das Umfeld für Aktienanlagen ist derzeit nicht sonderlich attraktiv, sagt Paul Niven, Leiter Multi-Asset Investment bei BMO Global Asset Management.

Dennoch warnt er Anleger davor, die Fundamentaldaten angesichts der hohen Volatilität an den Märkten aus den Augen zu verlieren. Im Interview verrät Niven, welche Anlageregionen Investoren derzeit noch attraktive Gelegenheiten bieten.

Herr Niven, an den Finanzmärkten ging es zuletzt turbulent zu. Welche Anlageklassen und Sektoren standen dabei besonders im Blickpunkt?

Paul Niven: Steigende Risikoaversion und der sinkende Ölpreis haben deutliche Spuren an den Zinsmärkten hinterlassen, wo die Emittenten von Hochzinsanleihen unter Druck bleiben, besonders im erweiterten Energiesegment. Auch die Aktienkurse im Bergbau- und Rohstoffsektor haben gelitten. Zwar sind die Rohstoffpreise außerhalb des Ölsegments zuletzt wieder gestiegen – allerdings auf einem Niveau deutlich unter dem der Vorjahre. Daher wird die Nachhaltigkeit der Dividenden immer stärker bezweifelt. So haben diverse Unternehmen aus dem Energie- und Bergbausektor ihre Dividendenzahlungen ausgesetzt, und es wächst die Sorge, dass besonders dividendenstarke Unternehmen im Markt womöglich bald nachziehen und die Dividende senken.

Wo liegen Ihrer Ansicht nach die wesentlichen Gründe für die Rohstoffmisere?

Niven: Der Einbruch der Öl- und der Rohstoffpreise insgesamt kann zumindest teilweise klar auf das langsamere chinesische Wachstum zurückgeführt werden. Das zeigt ein von den sensationsheischenden Meldungen unbeeinflusster Blick auf die Daten. Allerdings wird auch deutlich: Das Wirtschaftswachstum hat sich zwar abgekühlt, eine harte Landung aber ist nicht in Sicht. Im Gegenteil besteht sogar Aussicht auf eine zyklische Verbesserung der chinesischen Daten. Dennoch: Die Rohstoffnachfrage der chinesischen Wirtschaft wird sich langfristig ändern, und das Angebot bedarf einer kurzfristigen Anpassung.

Die USA scheinen bisher vergleichsweise gut durch die Krise zu navigieren.

Niven: Allerdings. Obwohl die USA deutlich vom Schieferöl- und -gasboom profitiert haben, kommen sie augenscheinlich auch gut mit der mittlerweile gesunkenen Rentabilität des Sektors zurecht. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiter erfreulich, und die US-Zentralbank war zuversichtlich genug, um im Dezember die Zinsen zu erhöhen, auch wenn die Entscheidung offenbar auf Messers Schneide stand. Die Staatsanleihenmärkte haben sich seitdem gut geschlagen und den Anleihepessimisten während dieser kurzen Zeit angesichts von Sorgen um zu niedrige Inflationsraten und höherer Risikoaversion erneut den Wind aus den Segeln genommen.

Wie sollten sich Anleger in diesem schwierigen Umfeld verhalten?

Niven: Die gestiegene Risikoaversion, deflationäre Impulse aus den Schwellenländern und potenziell negative Rückkopplungseffekte für die Weltwirtschaft (und die Unternehmensgewinne) schaffen kein attraktives Umfeld für Aktienanlagen. Trotzdem darf die kurzfristige Volatilität nicht den Blick auf die Fundamentaldaten verstellen. Insgesamt gilt, was schon für das vergangene Jahr galt: Nur stärkere Selektion kann positive Erträge ermöglichen.

Was heißt das konkret?

Niven: Die Entwicklung der Aktienmärkte dürfte sich von Region zu Region unterscheiden. Wir gehen davon aus, dass US-Aktien auch künftig mit den Auswirkungen von Zinserhöhungen, Margen im Zenit und hohen Bewertungen zu kämpfen haben, die keine unbefriedigenden Ergebnisse verzeihen. Europa dagegen sollte sich trotz leichter Inflationserwartungen weiter moderat verbessern, und die hiesigen Aktien haben das Potenzial für überdurchschnittliche Wertentwicklungen. Für Japan ist das Bild weniger eindeutig, allerdings stehen die Zeichen für eine fundamentale Verbesserung weiterhin gut. In den Schwellenländern schließlich fallen die Kurse als Reaktion auf die Ereignisse in China auf neue Tiefs, und obwohl die Währungen insgesamt unterbewertet erscheinen, sehen wir keine klaren Argumente für die Schwellenländer. Sie bieten nur dann echte Ertragschancen, wenn die Fundamentaldaten positiv überraschen oder die Risikoszenarien stärker eingepreist werden.

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