Frau Schieg, Sie haben untersucht, wie sich nachhaltig gemanagte Fonds in der Krise geschlagen haben. Waren Sie vom Ergebnis überrascht?
Dass nachhaltige Fonds im Vergleich zu konventionellen Fonds während der Covid- 19-Krise eine Outperformance erzielten, hat mich nicht gewundert. Dies war vorhersehbar, da nachhaltige Fonds auch vor Ausbruch der Pandemie eine starke Erfolgsbilanz vorzuweisen hatten. Mittlerweile gibt es über 2.000 Studien zu diesem Thema und insbesondere jüngere Studien bestätigen,
dass nachhaltige Produkte tendenziell bessere Rendite-Risiko-Eigenschaften aufweisen als konventionelle Produkte. Demnach können nachhaltige Anlagen Risiken besser begrenzen als traditionelle Anlagen, ohne dass damit ein Performancenachteil einhergeht.
Interessant, wenngleich nicht gänzlich überraschend, fand ich die Tatsache, dass nachhaltige Fonds mit längerer Historie in diesem volatilen Umfeld eine bessere Performance erzielten als jüngere nachhaltige Fonds. Daraus könnte man ableiten, dass Fondsmanager mit mehr Erfahrung im Bereich Nachhaltigkeit die Krise besser meistern konnten als die der neueren Fonds. Überrascht war ich über das Abschneiden von Fonds mit Small- beziehungsweise Mid Cap-Ausrichtung. In Abschwungphasen hinken diese gegenüber Fonds mit Blue Chip Bias tendenziell hinterher. Auch im aktuellen Marktumfeld war das so. Umso erstaunter war ich über die deutliche Outperformance von nachhaltigen Fonds, die tendenziell ja stark in Small- und Mid Caps investiert sind.
Warum schlagen sich nachhaltig ausgerichtete Aktienfonds in turbulenten Zeiten besser?
Ein Aspekt ist der starke Fokus von nachhaltigen Fonds auf Unternehmen mit sehr gutem ESG-Profil. Unternehmen mit hohen ESG-Werten sind tendenziell von höherer Qualität und zumeist gut für die Zukunft gerüstet. Sie werden im Allgemeinen besser geführt und wirtschaften nachhaltiger und zukunftsorientierter. Von Portfoliomanagern werden diese Unternehmen gerne als Qualitätsunternehmen bezeichnet, da sie sehr solide Bilanzen, stabile Einnahmen und hohe Gewinnmargen aufweisen oder Marktführer auf ihrem Gebiet sind.
Eine gute Unternehmensführung (Governance) gilt als vorlaufender Indikator für Qualität, Innovation und Belastbarkeit. Angesichts ihrer starken Führung sind diese Unternehmen auch in Krisenzeiten immer noch in einer relativ starken Position, um rasch und entschlossen zu handeln. Tatsächlich erweisen sich viele dieser Unternehmen in der Krise als resilienter und performancestärker als ihre weniger nachhaltigen Wettbewerber.
Ausschlaggebend erscheint vermutlich aber, dass viele nachhaltige Fonds gewisse Industrien und Sektoren begrenzen oder vermeiden. Viele nachhaltig orientierte Fonds arbeiten mit restriktiven Ausschlusskriterien und vermeiden beispielsweise eine Investition in fossile Brennstoffe oder in Branchen, die stark von Öl und Erdgas abhängig sind.
Welche Rolle spielt die Sektorenallokation für den Erfolg nachhaltiger Aktienfonds?
Das sehr gute Abschneiden von nachhaltigen Aktienfonds während der Covid- 19-Krise ist zu einem großen Teil auf die Sektorenallokation zurückzuführen. Die Mehrheit der Fonds, die im ersten Quartal 2020 die geringsten Kursverluste erlitten, haben folgende Gemeinsamkeiten:
Erstens weisen sie sehr geringe oder gar keine Gewichtungen in zyklischen Sektoren wie Energie, Rohstoffe und Industriewerte auf. Dies hat sich ausgezahlt, da Aktien dieser Sektoren im ersten Quartal hohe Verluste erzielt haben. So mussten beispielsweise Energieaktien mit –43,2 Prozent die mit Abstand größten Kursverluste aller Sektoren hinnehmen.
Zweitens sind nachhaltige Aktienfonds sehr stark in Finanzwerten untergewichtet, die ebenfalls sehr stark gelitten haben. Drittens sind sie tendenziell stärker in nichtzyklische Sektoren wie Gesundheitswesen oder Basiskonsumgüter investiert, also den Sektoren mit der besten Performance im ersten Quartal 2020. Und viertens weisen nachhaltige Fonds – wie auch konventionelle Fonds – generell ein hohes Exposure gegenüber Technologieaktien wie Amazon, Google, Microsoft, Alphabet etc. auf, die die strukturellen Gewinner in ihren jeweiligen Segmenten sind.
(Simone Schieg)