Investmentfonds

Triodos: Warum innovative Klimafinanzierung vor allem ein Ablenkungsmanöver ist

Ein großer Engpass bei der Energiewende ist die Verfügbarkeit von ausreichend Kapital. Solange der Finanzsektor weiterhin in fossile Brennstoffe investiert, werden innovative Finanzinstrumente wie grüne Anleihen unzureichend bleiben, meint Hans Stegeman, Chefökonom bei der Triodos Bank.

Hans Stegeman, Chefökonom bei der Triodos Bank © Triüdüs

Die Klimafinanzierung umfasst eine breite Palette von Finanzinstrumenten, die darauf abzielen, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern oder die Anpassung an neue Gegebenheiten zu verbessern. Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssen die Finanzströme in Richting Klimafinanzierung mindestens verdreifacht werden. Diese „Finanzierungslücke“ bezeichnet ein Missverhältnis zwischen Projekten, die finanziert werden müssen, und dem Kapital, das zu ihrer Unterstützung zur Verfügung steht. Die Climate Policy Initiative schätzt, dass bis 2030 jährlich 6,2 Billionen USD an Klimafinanzierung benötigt werden, die bis 2050 auf 7,3 Billionen USD ansteigen werden, um den Netto-Nullpunkt zu erreichen – eine Summe von fast 200 Billionen USD.

Aufgrund dieser finanziellen Asymmetrie entstehen immer mehr innovative Finanzmechanismen, um die Finanzierung des Klimaschutzes rentabel zu machen.

  • Die zunehmende Verlagerung zu Mischfinanzierungen – bei denen öffentliche Mittel Anfangsverluste und Risiken abdecken und so privates Kapital mobilisieren – erreichte 2023 einen Fünfjahreshöchststand. Dabei stieg die klimabezogene Mischfinanzierung um 107 % – von 5,6 Mrd. USD in 2022 auf 11,6 Mrd. USD im Jahr 2023.
  • Auch hatte der Markt für grüne Anleihen – Darlehen zur Finanzierung von Nachhaltigkeitsprojekten, einschließlich Klimaschutzinitiativen – nach einer soliden Leistung 2023 ein starkes erstes Quartal 2024. Die Gesamtemissionen werden 2024 voraussichtlich 1 Billion USD erreichen. Allerdings haben die größten Emittenten, vor allem Regierungen, ihre Ausgaben für die Subventionierung fossiler Brennstoffe gleichzeitig erhöht.
  • Auch die Kohlenstoffmärkte stellen einen innovativen Ansatz dar. Diese Märkte existieren zum Teil deshalb, weil die Regulierungsbehörden Kohlenstoffobergrenzen und -preise eingeführt haben, wobei das größte System das EU-Emissionshandelssystem (ETS) ist. Im Jahr 2023 wurden weltweit etwa 12,5 Milliarden Tonnen Emissionsrechte gehandelt, wobei der Marktwert 949 Milliarden USD erreichte, was einem Anstieg von 2 % gegenüber 2022 entspricht. Auf das ETS entfielen 87 % des weltweiten Gesamtvolumens. Es wird erwartet, dass dieser Markt weiter expandieren wird, wenn die Regierungen strengere Emissionsvorschriften einführen.
  • Der aktuelle Schwerpunkt liegt auf freiwilligen Kohlenstoffmärkten (Voluntary Carbon Markets, VCM), auf denen durch den Verkauf von Kohlenstoffgutschriften Einnahmen aus der Wiederherstellung der Natur erzielt werden. Die Märkte sind jedoch mit Kontroversen – hinsichtlich Standards, Greenwashing und der Projektrentabilität – behaftet. Zwar sind VCMs eine vielversprechende innovative Lösung, allerdings befinden sie sich noch in der Anfangsphase, mit einem weltweiten Volumen von ca. 3 Mrd USD in diesem Jahr.

Gleichzeitig investieren Regierungen und der Finanzsektor nach wie vor erhebliche Mittel in fossile Energien. 2022 beliefen sich die weltweiten Subventionen für fossile Brennstoffe auf sieben Billionen US-Dollar, was 7,1 % des weltweiten BIP entspricht1. Es geht also nicht darum, mehr Geld zu finden, sondern darum, die vorhandenen Mittel umzuschichten. Das Problem liegt in den höheren Erträgen aus fossilen Brennstoffen im Vergleich zu erneuerbaren Energien. Darin spiegelt sich eine „finanzielle Asymmetrie“ wider: Es ist einfach, von der Ausbeutung der Natur zu profitieren, wo Ressourcen und externe Effekte unterbewertet sind, was zu Kohlenstoffemissionen führt. Das Gegenteil – Investitionen in die Wiederherstellung der Natur – ist schwieriger, da sie oft nur begrenzte finanzielle Erträge bringen. Die Umlenkung des Kapitals erfordert ein Umdenken und die Erkenntnis, dass private Gewinne nicht auf Kosten des öffentlichen Wohls gehen dürfen.

Fazit: Obwohl die Klimafinanzierung an Zugkraft gewinnt, können die Mittel, die für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel benötigt werden, nicht nur aus finanziellen Innovationen stammen. Sie müssen mit einer starken Politik einhergehen. Wir fordern Maßnahmen, die gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen und es der Finanzwelt erleichtern, die Energiewende zu unterstützen, ohne sich ausschließlich auf Finanzinnovationen zu verlassen. Dazu gehören eine globale Kohlenstoffsteuer, die Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe, verbindliche Standards für Schwellenländer – wie Kohlenstoffgutschriften – und eine feste Zusage der Regierungen zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.

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