Auch die Rentenmärkte leiden weltweit unter einer Art Sommertrockenheit. Die Auswirkungen machen sich allerdings je nach Region und Anlageklasse unterschiedlich bemerkbar: „Weil die Rahmenbedingungen insgesamt härter werden, konzentrieren wir uns noch stärker auf Qualität, gerade bei Unternehmensanleihen“, sagt Eric Brard, Head of Fixed Income bei Amundi (Foto anbei). „In der momentanen Situation kann es sogar sinnvoll sein, Liquiditätsreserven zur Seite zu legen, um eventuelle Preisverwerfungen in den kommenden Wochen für sich zu nutzen.“ Seine Prognose für die Entwicklung der Märkte fasst er in drei Punkten zusammen:
Mehr Volatilität bei Staatsanleihen zu erwarten
Ängste vor einem echten Handelskrieg dämpfen die Staatsanleiherenditen in den Industrieländern und verstärken ein Auseinanderdriften der Märkte. Dabei bewegt sich in den USA die Rendite der zehnjährigen Papiere auf hohem Niveau, aber unter den Topnotierungen dieses Jahres. Der Inflationsdruck, der sich sowohl auf der Lohnfront, als auch bei den Waren- und Rohstoffkosten aufbaut, macht sich bisher noch nicht bemerkbar. „Der fiskalische Stimulus erhöht das Risiko einer Überhitzung, was durch einen weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote noch verstärk werden könnte“, sagt der Experte. Bei dem aktuell niedrigen Zinsniveau gibt es allerdings nicht viel Spielraum für Anlagen mit einer sehr kurzen Kapitalbindung. Die Zinsstrukturkurve wird voraussichtlich flach bleiben, bis die Fed die Zinsen weiter erhöht.
In der Eurozone liegt die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe nahe ihrem Jahrestiefststand. Wenn die Wirtschaft im Euroraum sich nach dem schwächeren ersten Halbjahr 2018 wieder etwas erholt und das Hin und Her über Handelszölle nachlässt, könnte dies die Hoffnung auf Zinserhöhungen neu aufleben lassen. „Erste Anzeichen einer Stabilisierung gibt es bereits, aber nicht im gleichen Tempo wie 2017“, so Brard. „Allerdings wird die Volatilität bei den Zinssätzen eher noch anziehen.“
Härteres Umfeld für Unternehmensanleihen in Industrieländern
Die Bedingungen für Kreditaufnahmen von Firmen verschärfen sich, doch obwohl ihr Verschuldungsgrad hoch ist, sind US-Unternehmen aktuell noch widerstandfähig. Das liegt auch an der positiven Konjunkturdynamik in den USA. „Wir sind vorsichtiger, wenn es um stark fremdfinanzierte Namen geht“, so Eric Brard. In Europa hingegen ist der Verschuldungsgrad niedriger und die Bilanzen sind solide, trotz des verlangsamten Umsatzwachstums. „Insgesamt sind wir aber bei Unternehmensanleihen eher zurückhaltend“, sagt der Experte.
Chancen bei Schwellenländern ab Herbst möglich
Langsam erholen sich die Anleihen von Schwellenländern wieder von den Höchstständen ihrer Zinsunterschiede zu Industrieländerwerten im Juni. Grund dafür ist die Stabilisierung des US-Dollars, aber auch die Tatsache, dass es nicht zu den erwarteten signifikanten Abflüssen gekommen ist. Auf dem derzeitigen Niveau sind Staatsanleihen nicht teuer, aber die Marktstimmung ist fragil und die Liquidität gering. „Kurzfristig sind wir weiterhin vorsichtig“, sagt Brard „Aber langfristig gibt es durchaus Möglichkeiten für Investoren, die jüngsten Korrekturen für sich zu nutzen. Die hohe Volatilität des Sommers könnte dabei in den Folgemonaten gute Gelegenheiten eröffnen, insbesondere nach den Wahlen in Brasilien.“
Währungen mit wachsenden Divergenzen
Die Unterschiede im Verhalten der Zentralbanken weltweit entscheiden über die Entwicklung der Währungskurse. Aktuell ist der US-Dollar gegenüber dem Euro noch stark, aber die längste Aufwertungsphase der amerikanischen Währung dürfte vorbei sein. „Beim britischen Pfund sind wir vorsichtig, weil wir denken, dass das Brexit-Risiko unterschätzt wird“, so der Experte. „Hingegen schätzen wir den japanischen Yen, weil er als sicherer Hafen gesehen wird.“
Brards Fazit: „Bei anhaltender Dürre müssen Anleger ihre Energien gezielt einsetzen. Dieser Sommer bietet dafür die richtigen Voraussetzungen.“
(Amundi)