Der Beginn dieses Jahres ist geprägt von der anhaltend starken Aufwärtsbewegung bei den Zinsen, die Mitte Dezember einsetzte. Im Allgemeinen entspricht dieser Anstieg der Marktdynamik, die in den vergangenen sechs Monaten auf einen Zyklus einer umfassenden und besonders schnellen geldpolitischen Normalisierung hindeutete. Grund hierfür waren die veröffentlichten Inflationszahlen, die weiterhin über den Erwartungen liegen, was insbesondere am kurzen Ende der Kurve zu deutlich höheren Renditen führt.
In Europa entschied sich die EZB wie andere Zentralbanken der Industrieländer dafür, trotz eines begrenzten Lohndrucks eine Normalisierung der Leitzinsen anzustreben, wobei sie sich jedoch alle Optionen offen hält. Der Markt preist entsprechend das Ende der negativen Zinsen für dieses Jahr ein.
Ein Auslaufen der Wertpapierkäufe der EZB dürfte sich auf die am höchsten verschuldeten Länder negativ auswirken und in Verbindung mit einem hohen Emissionsvolumen im ersten Quartal ihre Spreads unter Druck setzen.
„Innerhalb eines Jahres wandelte sich das Umfeld von „QE Infinity“ und „auf längere Sicht niedriger“ in ein Umfeld, das von einem weltweiten, allgemeinen und raschen Zinsanstieg geprägt ist. Infolge der höheren Inflation und der Straffung der Geldpolitik durch die Zentralbanken wird eine aktive Verwaltung des Zinsrisikos in diesem Umfeld entscheidend sein.“
„Wenn das EZB-Anleihenkaufprogramm ausläuft, wird sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage verschieben. In Europa erwarten wir nach der quantitativen Lockerung in diesem Jahr zum ersten Mal seit 2015 ein positives Nettoemissionsvolumen. Das bedeutet, dass die EZB das Nettoangebotsvolumen 2022 nicht vollständig aufnehmen wird, was die Spreads der am höchsten verschuldeten Länder belasten könnte.“
Statements zu europäischen Unternehmensanleihen
von Pierre Verlé, Head of Credit bei Carmignac
Die Anleger an den Kreditmärkten sorgen sich um die Folgen steigender Zinsen, und künftige Befürchtungen könnten die Normalisierung der Ausfallquoten (nach oben) betreffen, die in den vergangenen Jahren künstlich niedrig gehalten wurden. Wenn sich die Anleger sorgen, ergeben sich jedoch wie immer auch Gelegenheiten.
Trotz der jüngsten Ausweitung sind die Marktspreads nach wie vor recht eng. In diesem Umfeld konzentrieren wir uns weiterhin auf spezifische Anlagesituationen und behalten eine vorsichtige Positionierung mit einem hohen Maß an Absicherung bei. So können wir das Marktrisiko senken und uns gleichzeitig auf das Alpha unserer Special Situations konzentrieren.
Um trotz dieser Aussichten auf eine restriktivere Geldpolitik auf Kurs zu bleiben, legen wir bei unserer Allokation den Schwerpunkt auf variabel verzinsliche Instrumente, Hochzinsanleihen und Emittenten, die von der Inflation profitieren. So halten wir das Durationsrisiko niedrig.
„In jüngster Vergangenheit wurde die Performance von Unternehmensanleihenfonds vom Beta getragen. Hierbei handelte es sich jedoch um eine Anomalie, denn Kreditinstrumente sind Finanzkontrakte, bei denen sich die Anleger auf die Fundamentaldaten und nicht auf Erwartungen stützen können. Wir erzielen unsere Performance durch die Abschätzung von Risiken und die Titelauswahl, nicht durch Vorhersagen in Bezug auf die Richtung, die die Märkte künftig einschlagen könnten.“
„Sofern man bereit ist, komplexere, aber nicht unbedingt risikoreichere Situationen zu analysieren, können die Sorgen der Marktakteure für neue Chancen sorgen.“
(Carmignac)