Nach sechs Monaten mit starken Aktienrenditen und angesichts der Bedenken hinsichtlich einer Zyklusverlängerung und hohen Bewertungen, erscheint es verlockend, die Portfoliorisiken in Vorbereitung eines Abschwungs zu mindern.
Zu früh für einen Risikoabbau zum Zyklusende…
Unserer Einschätzung nach ist es jedoch viel zu früh, Risiken bei renditeorientierten Portfolios zu senken. Auf Basis umfassender Konjunktur- und Marktvariablen sind wir überzeugt, dass diese Daten einer Aufschwungphase entsprechen, die noch weitere zwei Jahre andauern könnte. Ein Umschwung in naher Zukunft ist nicht in Sicht.
Die realisierte Dreimonatsvolatilität von US-Aktien etwa hat im April dieses Jahres einen Zyklus-Tiefpunkt erreicht und stagniert seitdem auf annähernd demselben Niveau. In einem typischen Zyklusverlauf weist die Aktienvolatilität vor einer Wende einen längeren Aufwärtstrend auf. Auch bewegen sich die Credit Spreads auf sehr niedrigen Niveaus, obwohl diese kurz vor einem Umschwung steigen würden. Daher glauben wir, dass es noch zu früh ist, jetzt einen Risikoabbau vorzunehmen.
…aber noch nicht zu früh, um Dynamik aufzubauen
Als mittelfristiges Investment bleiben Aktien unsere bevorzugte Anlageklasse. Doch taktisch orientiertere Anleger sollten nach einer starken Aktienrally auch über Investments in Anleihen und Rohstoffe nachdenken. Diese können in Kombination mit einem dynamischeren Ansatz Vorteile bieten. Wir rechnen mittelfristig mit moderat positiven Aktienrenditen. Grund dafür ist, dass das anhaltende wirtschaftliche Wachstum durch Gegenwind aus hohen, absoluten Bewertungsniveaus und steigenden Anleiherenditen neutralisiert wird. Relativ niedrig erwartete Renditen reduzieren die Opportunitätskosten eines zeitweiligen Aktienabbaus im Portfolio und lassen hoffen, dass ein Abschwung einen erneuten Wiederaufbau zu attraktiveren Preisen ermöglicht.
Vor diesem Hintergrund haben wir unser Aktienengagement in Multi-Asset-Portfolios in den Sommermonaten taktisch angepasst. Die momentan hohe Wachstumsdynamik legt die Messlatte hoch und lässt so das Risiko negativer Datenüberraschungen steigen. Darüber hinaus hat sich auch das Risiko eines rapiden Anstiegs der Anleiherendite erhöht. Die Aktienmärkte haben bereits bessere Wachstums- und Gewinnzahlen eingepreist.
Europa und Japan profitieren von erweiterter Expansion
Die Marktstimmung in punkto Trumponomics ist mittlerweile zu stark in die entgegengesetzte Richtung umgeschlagen, was in einer fast vollständigen Auflösung des Trump-Trades resultiert. Bei derart niedrigen Erwartungen gehen wir von einem reformbedingten Aufwärtspotenzial für US-Aktien aus, denn jeder neue Reformschritt könnte eine positive Überraschung bereithalten. Attraktive Chancen sehen wir bei spezifischen Sektoren wie Finanzwerten, die von einer klareren und effektiveren Umsetzung bestehender Regulatorien profitieren können.
Gleichzeitig sehen wir die starken Fundamentaldaten für Schwellenländeraktien weiterhin positiv. Der Wachstumsvorsprung der Schwellenländer gegenüber den Industriestaaten nimmt weiter zu und der Inflationsdruck geht auf ein moderates Niveau zurück, was den Gewinnanstieg stützt. Wir setzen in den Schwellenländern auf Konsumwerte, da sich die makroökonomischen Bedingungen verbessert haben, vor allem in Asien. Nach Jahren einer schlechteren Wertentwicklung gegenüber den Industrieländern werden Titel aus den Schwellenländern zu attraktiven Abschlägen gehandelt.
In Europa sehen wir endlich den lang erwarteten Gewinnanstieg, der auf zyklische Werte zurückzuführen ist. Die Gewinne für das erste Quartal 2017 waren die besten seit drei Jahren und die Konsensschätzungen wurden seit Jahresbeginn erstmals wieder nach oben gestuft. Sinkende politische Risiken in Europa sollten die Geschäftstätigkeit in der Region fördern und Investitionen, Übernahmen und das Gewinnwachstum stützen. Gleichwohl steigen die Bewertungen und Investoren bringen sich zunehmend in Position. Dies deutet darauf hin, dass sich Anleger vermehrt der positiven Entwicklung in Europa bewusstwerden. Dennoch spricht weiterhin Vieles für einen gewinngetriebenen Aufschwung.
Für Japan sind wir aufgrund der weiter fortschreitenden Wirtschafts- und Unternehmensreformen positiv gestimmt. Japanische Unternehmen hinken Unternehmen anderer Industrieländern hinsichtlich der Kapitalrenditen zwar noch hinterher, holen jedoch auf. Die Bewertungen bleiben attraktiv, obwohl sie gestiegen sind. Dies liegt daran, dass japanische Aktien günstiger sind als ihre Pendants aus vielen anderen Industrieländern.
Fazit
Aktien bleiben unsere bevorzugte Anlageklasse. Nach dem Anstieg in diesem Jahr erwarten wir moderat positive Renditen bedingt durch das fortlaufende Wachstum und Gewinne. Wir sehen erhebliches Potenzial in Europa, wo die Gewinne weiterhin 40 Prozent unter ihrem Höchststand von vor der Finanzkrise liegen. Ebenso positiv sind wir für die Schwellenländer gestimmt. Nach Jahren der schlechteren Entwicklung gegenüber den Industrieländern dreht sich der Gewinnzyklus. Unserer Meinung nach haben Aktien jedoch einen Punkt erreicht, an dem ein dynamischerer Ansatz grundsätzlich für eine Wertsteigerung sorgen wird. (GSAM)