Investmentfonds

ZINNECKERS GEDANKEN – 01 / 2017

Das abgelaufene Börsenjahr ist zum Schluss doch noch positiver verlaufen, als es über das Jahr hinweg den Anschein hatte.

Frank Zinnecker, HollyHedge

Das hing im Wesentlichen damit zusammen, das während der zeitlich versetzten Kapriolen an den Währungs-, Zins- und Aktienmärkten zeitweise hohe Buchverluste eingetreten waren, die die Kapitalanleger im Jahresverlauf zu erhöhter Vorsicht gemahnt haben und dadurch auch zahlreiche Investmentchancen ausgelassen haben.

Wichtige Einflussfaktoren für die Kapitalmärkte in 2016 waren weiterhin die Schulden getriebene Geldversorgung über das Quantitative Easing, die unsichere globale Wirtschaftsentwicklung und die überraschenden Wahlausgänge gegen das Establishment in England und den USA und die Sorge des Übergreifens dieses neuen Trends auf andere europäische Demokratien. Ein Paukenschlag stellte die Wahl Donald Trumps zum neuen Präsidenten der USA und die Aussichten eines globalen wirtschaftlichen Paradigmenwechsels für die Kapitalmärkte dar.

Zu Jahresbeginn und nach der ersten US-Zinserhöhung im Dezember 2015 standen allerdings an den internationalen Kapitalmärkten die Gefahr des Abgleitens der Weltvolkswirtschaft in die Rezession und der Zusammenbruch einzelner Rohstoffländer und ihrer Finanzsysteme im Vordergrund. Die bedingungslose Versorgung der Weltwirtschaft mit billigem Zentralbankgeld seitens Europas, Japans und der USA waren die Folge. Der Kulminationspunkt lag im Februar. Die gefährdeten Währungs- und Kapitalmärkte, an der Spitze Brasilien und Russland, konnten sich danach vor dem Hintergrund weiter sinkender Zinsen, die zeitweilig in Japan und Europa ins Negative abgeglitten waren, wieder erholen.

Eine neuerliche wenn auch nur zeitlich begrenzte Krise, entstand durch die Entscheidung des EU-Austritts Englands, in deren Verlauf die englische Währung bis zum Jahresende über 15% an Wert verloren hat. Die Entscheidung des amerikanischen Volkes, für den Außenseiter Donald Trump als neuen Präsidenten zu stimmen, und das Italienreferendum spielten für die Kapitalmärkte dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Als der Schock vor allem in Deutschland und der EU verflogen war, haben die Kapitalanleger begonnen, sich mit den Aussichten und den Konsequenzen der Wirtschaftsagenda des neuen Präsidenten und der Tatsache steigender Zinsen nach der zweiten US-Zinsentscheidung zu beschäftigen. Die Aussicht auf eine sich in 2017 wieder belebende Weltvolkswirtschaft in Verbindung mit der Erwartung neuer amerikanischen Fiskal – und Wirtschaftsprogramme hat dann seit November die Jahresendrally an den westlichen Aktienmärkten ausgelöst.

Ausblick

Die Industrieländer stehen zu Jahresbeginn und über das ganze Jahr hinweg politisch und wirtschaftlich vor unterschiedlichen Ausgangslagen und Herausforderungen, sodass die jeweiligen Finanzmärkte und deren Währungen über das Jahr vermutlich noch heterogener als schon in 2016 verlaufen werden.

Das gilt auch für China und die neuen Industrieländer mit ihren divergierenden Wachstumsaussichten für 2017. In den westlichen Industrieländern sollte sich die Konsum getriebene positive Wirtschaftslage der letzten Monate bis weit in das Frühjahr hinein fortsetzen. Das sollte die Erwartungen wieder steigender Unternehmensgewinne für 2017 beflügeln und ihren positiven Niederschlag an den Aktienbörsen finden.

Allerdings wird dieses positive Umfeld mehr und mehr durch höhere Löhne und wieder steigende Energiepreise eingetrübt werden. Das gilt vor allem für Deutschland und Frankreich, wie es die Dezemberzahlen bereits belegen. Der Inflationsdruck sollte in den kommenden Monaten auch wegen des wegfallenden positiven Basiseffektes des letzten Jahres tendenziell zunehmen. Das gilt auch für Nordamerika, sodass der Druck auf weiter steigende Rentenrenditen zeitweise zunehmen sollte.

Dies ist das typische und auch schwierige Umfeld eines späten Konjunkturzyklus, auf das die westlichen Notenbanken mit ihrer zukünftigen Geld- und Zinspolitik treffen. Es wird für sie keine leichte Aufgabe sein, über das ganze Jahr hinweg kluge und ausgewogene Entscheidungen vor dem Hintergrund der seit Jahrzehnten bestehenden ordnungs- und fiskalpolitischen Fehlentwicklungen in den westlichen Volkswirtschaften treffen zu müssen.

Dieser Herausforderung wird sich die führende Wirtschaftsmacht USA nach den Wahlen als erste stellen müssen, die mit Präsident Trump eventuell vor einem kompletten und weitreichenden Neuanfang stehen. Da bisher keine verlässlichen Aussagen gemacht werden können, welches die ersten Maßnahmen aus dem 100-Tageplan nach dessen Amtseinführung sein werden, bleibt vieles Spekulation. Allerdings könnten die angedachte Steuerreform zur Entlastung des Mittelstands, die Sicherung der Grenzen und erste Infrastrukturmaßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums wichtige Eckpunkte seiner neuen Politik darstellen. Die Währungs- und Finanzmärkte werden in ihren Einschätzungen darauf eine Antwort geben.

Sollte sich in den nächsten Monaten die seit den Präsidenten Clinton, Bush jr. und Obama bestehende US amerikanische Innen- und Außenpolitik in ihren Grundsätzen ändern, dann werden die europäischen Staaten, Japan und China in ihrer zukünftigen Ausrichtung ebenfalls gesellschafts- und wirtschaftspolitisch davon tangiert werden. Die Auswirkungen wären für einige EU Staaten und England umso gravierender, als die Politik durch kommende Wählerentscheidungen in ihren Ländern zusätzlich unter Druck gesetzt werden könnte.

Zudem stehen weiterhin Fragen wie die Folgen des BREXIT und die fortschreitende Digitalisierung, die weiterhin ausstehende Sanierung des EU Bankensystems und die Sicherung des EURO Währungssystems, um nur einige zu nennen, ungelöst im Raum. Aus diesen Gründen muss das Jahr 2017 als ein kritisches Jahr des politischen und wirtschaftlichen Übergangs angesehen werden. Deshalb werden wohl erst ab 2018 bewertbare Antworten zur längerfristigen Einschätzung der Kapitalmärkte zu erwarten sein.

Kapitalmarktaussichten

In diesem kurz- und längerfristig komplexen Umfeld ist es für die Anleger nicht leicht, heute eine stringente aktive Anlagepolitik zu formulieren. Der global erwarteten wirtschaftlichen Belebung mit steigenden Unternehmensgewinnen stehen steigende Kosten, Währungsveränderungen aus Euro- und Dollar-Sicht und eine zyklische Wiederbelebung der Inflationsraten mit steigenden Zinsen entgegen.

Während die amerikanische Notenbank die Normalisierung der Zins- und Geldpolitik weiter vorantreiben wird, will die EZB weiterhin bis zum Jahresende an ihrem geldpolitischen Expansionskurs festhalten. Wie das bei steigenden Inflationsraten auch in der EU funktionieren soll, ist allerdings fraglich. Das sollte aber den Dollar zunächst weiter befestigen, zumal dann, wenn die multinationalen Konzerne ihre Auslandsguthaben über eine Steuerreform steuerneutral repatriieren könnten.

Die europäischen Exportunternehmen würden zunächst davon profitieren, während die Gewinne der internationalen US Unterhemen währungsbedingt beeinträchtigt würden. Aus Sicht eines Euro-Anlegers sollte dann eine auf Dollar ausgerichtete Assetallokation mit einem Übergewicht von europäischen zu Lasten amerikanischer Unternehmen erfolgreich sein, zumal da die europäischen gegenüber den US amerikanischen Aktienbörsen niedriger bewertet sind und Rentenanlagen der westlichen Industrieländer zunehmend unattraktiver werden. (W. Zinnecker)

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