Berner sind langsam. Reden langsamer als der Rest der Schweiz. Bewegen sich langsamer. Karin Kunz kennt die Vorurteile. „Und sie stimmen“, schmunzelt die Direktorin des Swissôtel Kursaal Bern. Was ihre Stadt aber auch, fügt sie hinzu, so liebens- und lebenswert mache.
Wenn man schon bei Vorurteilen ist. Geht es um Städte in der benachbarten Eidgenossenschaft, rangiert Zürich ganz oben. „Kommt die Frage nach der Hauptstadt der Schweiz, meinen viele spontan, es sei Zürich“, so Karin Kunz, die darüber mit einem Augenzwinkern hinwegsehen kann.
Bern also, Hauptstadt mit knapp 135.000 Einwohnern, gegründet vor 831 Jahren. Die Altstadt mit ihren Lauben, dem Berner Münster, der Kirche mit dem höchsten Turm der Schweiz, und der Zytglogge, dem Zeitglockenturm, in dem die Glocken noch von Hand geläutet werden, wurde 1983 zum UNESCO-Welterbe erklärt.
Apropos Turm. Und dazu Wasser. Durch Bern fließt in mehreren Schlaufen der Fluss Aare. Auf dem Bundes- und Bärenplatz vor dem Parlament sprudeln 26 Fontänen, die für die Kantone der Schweizerischen Eidgenossenschaft stehen.
Feinschmeckerparadies „Märit“
Nicht am Samstag, da wird der große Wochenmarkt auf dem Platz und den kopfsteingepflasterten Gassen abgehalten. „Ein Muss für uns Berner“, sagt die Direktorin, deren Viereinhalb-Sterne-Haus nach umfangreicher Renovierung als Flaggschiff der Accor-Premiummarke Swissôtel wiedereröffnet wurde.
Zu Recht. Der „Märit“, der Markt, ist ein Feinschmeckerparadies und ein Schaufenster der regionalen Produkte. Wie die Belper Knolle. Ein rundlicher Käse, vor über zwei Jahrzehnten eher zufällig von einem gewissen Peter Glauser erfunden. In Belp, einem Berner Vorort, fand er beim Aufräumen seines Käsekellers eine zuvor vergessene Kugel Frischkäse, die inzwischen hart und trocken geworden war. Die Familie stellt die Belper Knolle seitdem her, aus Rohmilch vom Simmentaler Rind, Knoblauch und Steinsatz. Bestreut mit Pfefferstaub trocknet sie über drei Monate.
Die Käsekugel, die man wie Parmesan über Speisen hobelt, wird auch von den enthusiastischen Machern von Jumi, einer Familienkäserei, die sich die „wilde Truppe aus dem Emmental“ nennt, hergestellt.
Auf dem Wochenmarkt betreiben sie zwei Stände. Der eine offeriert besagte Knolle und andere Rohmilchkäsespezialitäten wie Emmentaler oder Käse fürs berühmte Schweizer Käsefondue. Gegenüber Fleisch- und Wurstwaren. Denn die wilden Emmentaler züchten auch Osomo-Jungrinder, die draußen leben und in Muttertierhaltung aufwachsen.
Am Marktplatz starten auch Genussführungen durch Bern. Auf den Spuren von „Schoggi“ etwa. Nicht ohne triftigen kulinarischen Grund. Bern gilt als Geburtsstadt von Schweizer Qualitäts-Schokolade. Auch Hochprozentiges gereicht zum Sightseeing. Eine „Schnäpslitour“ führt zur Matte Brennerei in einem Altstadtquartier, das sich Matte nennt. Ein sehr entspannter Ort, wo auch Konzerte stattfinden.
Lars Urfer bietet Tastings seiner Gins, der auch Schalen von Zitrusfrüchten enthält, an. Guten Gin für die Bars in Bern zu produzieren, sei seine Anfangsidee gewesen, erzählt er. Es kristallisiert sich schnell heraus, dass Bern in Sachen Genuss alles andere als langsam ist. Vielmehr ist es ein vibrierendes, quicklebendiges Städtchen, das Gaumenglück lebt.
Aperó-Zeit, also das gemütliche Einläuten des Abends, wo man zum guten Gläschen Schweizer Fendant aus dem Wallis luftgetrocknetes Fleisch und Käse knabbert, ist täglich. Bevor es dann gemächlich zum Dinner geht.
Genuß im Swissôtel Kursaal Bern
Im Swissôtel Kursaal Bern wird im Giardino mit seinem großen Garten eine gehobene italienische Küche geboten, die mit ihrer Burrata, ihrem Vitello tonnato und Pasta-Gerichten wie Tagliolini mit „Aglio-Olio“-Oktopus oder Ossobuco mit Safran-Risotto auch in der Stiefelrepublik punkten würde.
Im Sommer kommt die kulinarische Konkurrenz aus den eigenen Reihen. Dann hat der Rooftop Grill auf der Dachterrasse Saison. Der Ausblick: großartig. Über Bern, auf die Alpen. „Tönt gut, oder?“ zeigt sich die charmante Hoteldirektorin stolz, bevor sie noch einen Tipp fürs Bern-Erlebnis weitergibt. „Man muss in der Aare geschwommen sein. Erst dann ist man ein richtiger Berner“, weiß sie aus eigener Erfahrung. Schwimmen trifft es weniger, sich von der Strömung mitreißen lassen, eher. Da zeigt sich die unterschätzte Schweizer Mini-Metropole sehr flott, bevor wieder die Berner Gemütlichkeit Einzug halten darf.
manuelablisse/ surpress