Gerät ein Mieter mit mehr als zwei Monatsmieten in Rückstand, droht ihm die Kündigung – und zwar unter Umständen die fristlose und parallel dazu die ordentliche Kündigung mit der gesetzlichen Frist. Auch wenn die Zahlungsrückstände ausgeglichen wurden, kann der Räumungsanspruch des Vermieters aufgrund der ordentlichen Kündigung weiterhin bestehen. Diese gängige Praxis beim Zahlungsverzug des Mieters hat der Bundesgerichtshof (BGH) heute in einem Urteil erneut bestätigt. ARAG Experten erläutern, was das für Mieter und Vermieter bedeutet.
Worum geht es?
Anders als Mieter dürfen Vermieter normalerweise nur aus bestimmten Gründen kündigen, zum Beispiel bei Eigenbedarf. Je nachdem, wie lange der Mieter bei ihnen wohnt, müssen sie dabei Kündigungsfristen zwischen drei und neun Monaten einhalten. Eine Ausnahme ist die fristlose Kündigung. Sie kann ausgesprochen werden, wenn die andere Seite ihre Pflichten so gravierend verletzt hat, dass es unzumutbar erscheint, an dem Mietvertrag festzuhalten. Laut Deutschem Mieterbund geht es in mehr als 90 Prozent der Fälle um nicht gezahlte Miete.
Was gilt für Mietschulden?
Der Vermieter kann laut Gesetz fristlos kündigen, wenn der Mieter zwei Monate nacheinander mit mehr als einer Monatsmiete in Verzug ist oder über längere Zeit mehr als zwei Monatsmieten schuldet. Das Gesetz sieht allerdings eine Schonfrist vor: Zahlt der Mieter binnen zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage sämtliche Schulden, wird die Kündigung unwirksam und er darf bleiben. Möglich ist auch, dass das Sozialamt einspringt und dem Vermieter das Geld vorschießt. Auf diese Weise kann man sich aber nur einmal in zwei Jahren retten.
Vermieter tricksen oft
Um den unzuverlässigen Mieter auch wirklich loszuwerden, kündigen so gut wie alle Vermieter fristlos und gleichzeitig auch noch hilfsweise ordentlich mit Kündigungsfrist. Denn die ordentliche Kündigung ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) auch erlaubt, wenn „der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat“ – also zum Beispiel die Miete nicht zahlt. Bei der ordentlichen Kündigung gibt es keine Schonfrist. Begleicht der Mieter seine Schulden, hilft ihm das nicht mehr; die Kündigung blieb wirksam. So hatte es der BGH zuletzt im Jahr 2016 entschieden.
Ist das rechtlich ok?
Genau diese Frage stellte eine Kammer des Landgerichts Berlin erneut den obersten Zivilrichtern am BGH nun erneut. Die Berliner Richter haben in zwei Fällen Räumungsklagen gegen säumige Mieter abgewiesen. Sie gingen das Problem von der logischen Seite an und meinten: Eine fristlose Kündigung beende das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung – bis zum Zeitpunkt der Schonfristzahlung gebe es also gar kein Mietverhältnis mehr, das auch noch ordentlich gekündigt werden könnte. Die zweite Kündigung laufe damit ins Leere. Mit dem heutigen Urteil hat der BGH dieser Auffassung eine Absage erteilt und seine bisherige Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt. Eine Schonfristzahlung habe nicht zur Folge, dass die hilfsweise ausgesprochen ordentliche Kündigung „ins Leere“ läuft, so die Karlsruher Richter. Denn durch die Zahlung der Mietschulden innerhalb der Schonfrist verliert die fristlose Kündigung rückwirkend ihre Wirkung und der Mietvertrag wird fortgesetzt. In dieser Situation kommt eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zur Geltung. Der BGH gab der Vorinstanz nun auf zu prüfen, ob die ordentliche Kündigung wirksam war oder ob die Berufung der Vermieter darauf wegen der zeitnah erfolgten Schonfristzahlung womöglich treuwidrig war.
(ARAG)