Anbaumethoden und -techniken
Schon seit einigen Jahren wenden die Winzer in Bordeaux verschiedene önologische und landwirtschaftliche Praktiken an, um sich an den Klimawandel anzupassen. Dazu gehören Maßnahmen wie
- ein verzögerter Rebschnitt und die Erhöhung der Stammhöhe der Reben, um die Blattfläche zu reduzieren
- Begrenzung des Ausdünnens der Blätter, um die Trauben vor der Sonne zu schützen
- Anpassung der Parzellenstandorte, um Wasserstress zu minimieren
- eine nächtliche Ernte bei kühleren Temperaturen
- Verringerung der Pflanzendichte
Nun dürfen die Winzer auch neue Rebsorten anbauen, um den Verbrauchern weiterhin aromatische, ausgewogene Qualitätsweine anbieten zu können. Das Institut National de l’Origine et de la Qualité (INAO) als Teil des französischen Landwirtschaftsministeriums hat die Verwendung von vier neuen roten und zwei neuen weißen Rebsorten in der Region Bordeaux genehmigt. Dies ist der Höhepunkt von mehr als zehn Jahren Forschung von Weinwissenschaftlern und Winzern aus Bordeaux. Ziel war es, das Verhalten unterschiedlicher Rebsorten unter den in Bordeaux herrschenden Bedingungen zu erforschen. Untersucht wurden 52 Sorten, zugelassen letztendlich nur sechs.
Bei den Rotweinen handelt es sich um Arinarnoa, Castets, Marselan und Touriga Nacional. Die neuen weißen Rebsorten sind Alvarinho und Liliorila. In diesem Frühjahr beginnen die ersten Winzer damit, die neuen Reben anzupflanzen. Gemäß den überarbeiteten AOC Richtlinien (AOC Bordeaux und AOC Bordeaux Supérieur) wurden die sechs zusätzlichen Bordeaux-Rebsorten als „neue Sorten von Interesse für die Anpassung an den Klimawandel“ bezeichnet. Es dürfen nur fünf Prozent der bestockten Rebfläche mit den neuen Rebsorten bepflanzt werden, in der finalen Cuvée dürfen nicht mehr als zehn Prozent vorhanden sein. Daher werden die neuen Rebsorten auch nicht auf den Bordeaux-Etiketten erscheinen. Bis die Weine auf den Markt kommen, wird es allerdings noch einige Jahre dauern.
Stil der Bordeauxweine soll erhalten bleiben
Den Winzern in Bordeaux steht nun eine erweiterte Palette an Rebsorten mit unterschiedlichen Wachstumszyklen und Reifezeiten zur Verfügung. Bisher waren laut AOC Richtlinien die Rotweinsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot, Malbec, Carménère und Petit Verdot sowie die Weißweinsorten Sémillon, Sauvignon Blanc, Sauvignon Gris, Muscadelle, Colombard, Ugni Blanc, Merlot Blanc und Mauzac erlaubt. “Ziel der Einführung der neuen Rebsorten ist es, den Stil der Bordeauxweine, d. h. ihre Frische, Eleganz und Ausgewogenheit so weit wie möglich zu erhalten”, erklärt Bernard Farges, Präsident des CIVB. “Wenn Bordeaux angesichts des Klimawandels nicht handelt, werden wir die Kontrolle über das aromatische Profil unserer Weine verlieren. Mit der Einführung der neuen Rebsorten können wir Klimaveränderungen antizipieren und den Wandel – auch langfristig – so gut wie möglich begleiten.“
Die Assemblage der Zukunft
Eine Jahrhunderte alte Kunst bei der Weinerzeugung in Bordeaux – egal ob bei Rotwein oder Weißwein – ist die Assemblage, also die Vermählung mehrerer Rebsorten, Parzellen oder Terroirs. Durch dieses einzigartige Handwerk kommen die typischen Eigenschaften der Weine noch besser zum Ausdruck. Eine gelungene Assemblage unterstreicht die Besonderheiten des Terroirs und perfektioniert die Symphonie der einzelnen Aromen. Jetzt, da es offiziell ist, können die Winzer ihre Anpflanzungen anpassen und die zeitlose Kunst der Assemblage von Bordeaux-Weinen weiterentwickeln. Der Anbau der neuen Rebsorten ist ein Experiment, das auf zehn Jahre angelegt ist und anschließend ausgewertet werden soll. Dazu werden jedes Jahr Cuvées, die die neuen Rebsorten beinhalten, verkostet und bewertet.
Infos: www.bordeaux.com
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