Hitzewelle in Deutschland – viele Angestellte sehnen sich derzeit nach einem knappen T-Shirt statt Hemd und Krawatte, einem luftigen Röckchen statt Business-Kostüm oder gar Flip-Flops statt edlem Lederschuhwerk. Für einige Berufsgruppen ist das aber schlichtweg undenkbar. Bankangestellte in kurzen Hosen und barfüßige Flugbegleiterinnen wird es sicher in absehbarer Zukunft nicht geben. Letzteren fällt die Kleiderwahl besonders leicht, da sie ihre Arbeit in Uniformen verrichten. Was aber darüber hinaus erlaubt ist und was der Chef verbieten darf, hängt immer vom Einzelfall ab und ist nicht ganz einfach zu beantworten. ARAG Experten versuchen es trotzdem.
Grundsätzliches
Zu den Nebenpflichten eines Arbeitsnehmers gehört auch die Einhaltung von bestehenden Bekleidungsvorschriften. Die Frage ist, inwiefern diese aus der betrieblichen Situation heraus nachvollziehbar sind und sich plausibel begründen lassen. Der Chef darf sich überall dort nicht einmischen, wo etwaige Vorschriften sich betrieblich nicht rechtfertigen lassen. Wer als Mitarbeiter beispielsweise nur am Telefon sitzt, ohne Kontakt nach außen zu haben, muss sich keinem detaillierten Dresscode unterwerfen.
Sicherheits- oder Hygiene-Vorschriften
Was erlaubt ist, hängt immer auch von der Branche ab. Ganz einfach ist es bei Sicherheits- oder Hygiene-Vorschriften, die häufig schon per Gesetz vorgegeben sind. Selbstverständlich darf ein Arbeitgeber einem Bauarbeiter vorschreiben, dass der einen Helm trägt. Auch wenn jemand zum Beispiel in der Küche arbeitet, darf der Arbeitgeber ihm eine Kopfbedeckung – bei Männern zusätzlich auch einen Bartschutz – vorschreiben, damit die Haare nicht in die Suppe fallen.
Betriebsrat entscheidet mit
Etwas komplizierter wird es, wenn der Chef den Mitarbeitern aus optischen Gründen bestimmte Bekleidungsregeln verordnen will. Dann hat nämlich der Betriebsrat ein Wort mitzureden. Hat man sich auf bestimmte Regeln geeinigt, ist es üblich, diese in einer Betriebsvereinbarung festzuschreiben. Diese ist dann für die Mitarbeiter bindend. Wer sich darüber hinwegsetzt, riskiert eine Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar die Kündigung.
Ein Gerichtsurteil
Grundsätzlich stehen sich bei Bekleidungsvorschriften am Arbeitsplatz zwei Interessen gegenüber. Die Vorschrift, Arbeitskleidung zu tragen, halten Juristen generell allerdings für unproblematisch, denn das Interesse des Chefs an einem einheitlichen Erscheinungsbild seiner Mitarbeiter wiegt schwerer als das Interesse des Mitarbeiters, sich individuell zu kleiden. Ein solcher Eingriff in die Freiheit der Mitarbeiter müsse aber immer verhältnismäßig sein, betonten die Richter des Kölner Landesarbeitsgerichts, als es in einem Fall um eine Betriebsvereinbarung für die Fluggastkontrolleure am Flughafen Köln-Bonn ging. „Es bedarf einer Gesamtabwägung zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe; die Grenze der Zumutbarkeit darf nicht überschritten werden“, heißt es im Urteil.
Was der Chef in dem entschiedenen Fall vorschreiben durfte: Das Tragen von Unterwäsche, wobei der Arbeitgeber auch vorschreiben darf, dass diese weiß oder in Hautfarbe sein muss und keine Embleme, Beschriftungen oder Muster enthalten darf. Die Verpflichtung zum Tragen von Feinstrumpfhosen oder Socken.
Ebenfalls vorschreiben durfte der Chef für Mitarbeiterinnen die vorgeschriebene maximale Länge der Fingernägel von 0,5 cm über der Fingerkuppe, da damit eine von den Mitarbeiterinnen ausgehende Verletzungsgefahr im Umgang mit den Passagieren so weit wie möglich ausgeschlossen werde. Das modische Interesse müsse zurücktreten. Die Verpflichtung, dass die Haare grundsätzlich sauber, niemals ungewaschen oder fettig zu tragen sind und bei Männern vor Dienstbeginn eine Komplettrasur erfolgt ist oder ein gepflegter Bart getragen wird.
(ARAG Experten)