Kapernklopse mit weißer Soße, typisch Berliner Küche und mit dem Klischee altbacken behaftet. Früher mag das gestimmt haben. Inzwischen jedoch zeigen kreative Köche, dass dieser Klassiker sich ungemein zeitgemäß aufstellen kann. Sternekoch Tim Raue hat schon vor Jahren die Klopse im Miniformat serviert. Im 21. Jahrhundert werden auch die Kapern frittiert. Die Rote Bete darf außen vor bleiben, ihr würdiger Ersatz ist Rotkohlsalat. So werden die wunderbaren Klopse im Restaurant Lubitsch in Berlin-Charlottenburg präsentiert – Tradition und Moderne gehen kulinarisch Hand in Hand.
Auch während der Corona-Pandemie gibt es in der Hauptstadt keinen Stillstand in Sachen Restaurant-Neueröffnungen. Das lässt den Gourmet zuweilen die Institutionen vergessen. Zu denen gehört seit 30 Jahren das Lubitsch. Vor drei Jahren gab es einen Besitzerwechsel und der sorgt für kontinuierlichen Gaumenspaß.
Inhaber Ole Cordua ist als charmanter Gastgeber präsent, in der Küche setzt Chefkoch Michael Weigt setzt das kulinarische Konzept aus der Neuinterpretation Berliner, Pariser und Wiener Lieblingsgerichte um. Die Königsberger Klopse treffen auf Wiener Schnitzel, Spinatknödel, Steak frites, Crème brûlée und Luxusschlemmereien à la Austern und Kaviar – bodenständig, extravagant, aber ohne Dünkel.
Dass die Uhr nicht stehenbleibt, dafür steht ein derzeit angesagtes Gericht, die Ahi Poke Bowl mit Sashimi Tuna, Avocados, Mango, Wakame und Senfkohl. Das reiht sich ein, denn so eine Schüssel ist im Grunde genommen eine neue Auslegung des guten alten Eintopfs. Die Bowl gehört, wie die Berlin-Pariser Begegnung Senfeier mit Freilandhuhn, Kartoffel-Mousseline und Champagner-Dijonsenf-Saucebei denen sich Berlin und Paris, zur Kategorie „das geht immer“ und zeigt wie unprätentiös gute Küche sich geben kann.
Zeitlose Brasserie
Gastronomische Institutionen brauchen Wiedererkennungswerte. Das Lubitsch gehört zu den Brasserien mit einem zeitlosen Ambiente aus Wandspiegeln, kassettenverkleideten Wänden, Farbreduktion auf Schwarz, Weiß und Grün sowie einem opulenten Blumenbouquet an der kleinen Bar, für die die Berliner schon immer ein Faible hatten.
Ein bisschen schick und große, weite Welt, ein bisschen familiär und behaglich, kurzum ein Ort für Geschäftsessen, Pärchenabende, kleine Familienevents, zum Mittagessen mit einem typsich französischen Plat du Jour oder einfach einen schönen Abend.
Wie es in der DNA einer Brasserie verankert ist, sind anständige Begleiter im Glas Chefsache und der gibt sich Ole Cordua mit Leidenschaft hin. Champagner genauso wie ein Crémant, eine ordentliche Auswahl an offenen Weinen wie Flaschen aus Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien und Spanien.
Einziges Problem. Wie soll der Gast, wenn er denn einmal die Klopse probiert hat, beim nächsten Besuch etwas anderes wählen? Dafür braucht man Kraft. Oder einfach nur das Vertrauen, dass das erste Mal mit Steak frites oder mit Senfeiern im Lubitsch ebenso einen Start-Ziel-Sieg als Lieblingsessen hingelegt hätte.
Infos: www.restaurant-lubitsch.de
manuelablisse/surpress