Einerseits gedeihen die Reben für die Südtiroler Weine ab 200 oder 300 Metern über dem Meeresspiegel. Andererseits befinden sich vereinzelte Weinlagen in Südtirol sogar auf 1.000 Höhenmetern. Im Kontext der Klimaerwärmung ist diese Höhenspreizung grundsätzlich positiv zu betrachten? Denn wenn es für ein Rebsorte im Tal zu heiß wird, kann sie auch weiter oben in den Hängen angebaut werden.
Doch lässt sich dieses vereinfachte Bild wirklich so zeichnen oder ist es am Ende komplexer? Eduard Bernhart, Direktor des Konsortiums Südtirol Wein, gibt einen Einblick in das Thema.
Welche Rebsorten gedeihen in Südtirol auf welcher Höhe am besten?
Eduard Bernhart: „Ganz allgemein gesprochen werden in den tieferen und vor allem südlich gelegenen Lagen Südtirols kräftige Rotweinsorten, wie Lagrein, Merlot und Cabernet angebaut. Diese Rebsorten vertragen eine gute Portion Sonne und reifen in den tiefen Lagen wunderbar aus. Weiter oben am Hang finden wir filigranere, elegante Rotweinsorten, wie Blauburgunder und Vernatsch und charaktervolle Weißweinsorten, wie Chardonnay, Gewürztraminer und Sauvignon. Ideale Bedingungen für Kerner, Silvaner oder Riesling hingegen bieten sich im höher gelegenen Eisacktal.“
Wie bewerten sie die klimatische und geologische Vielfalt auf kleinstem Raum für den Weinbau?
„Das ist seit jeher eine der Stärken unserer Region. Die Alpenkette schützt die Weinberge vor kalten, niederschlagsreichen Luftmassen aus dem Norden, während gleichzeitig warme Strömungen vom Gardasee und dem Mittelmeer nach Südtirol gelangen. Milde Sonnentage, warme Böden, kühle Nächte und kräftige Winde sorgen für eine klimatische Inselsituation, die für den Weinbau außergewöhnliche Voraussetzungen bietet.
Spannend ist, dass sich unsere Böden innerhalb weniger hundert Meter fundamental unterscheiden können – weit über 150 verschiedene Gesteinsvorkommnisse prägen die Bodenbeschaffenheit in Südtirols Weinbergen. Vulkanischer Porphyr rund um Bozen, verwitterte Urgesteinsböden mit Quarz, Schiefer und Glimmer im Eisacktal und im Vinschgau sowie Kalk- und Dolomit-Gestein im Süden des Landes prägen die Weine. Diese geologischen Unterschiede tragen maßgeblich zur Komplexität der Südtiroler Weine bei.“
Ist Südtirol durch seine geologische Struktur immun gegen den Klimawandel?
„Unsere landwirtschaftlichen Forschungsanstalten – das Versuchszentrum Laimburg sowie das Forschungszentrum Eurac Research – beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den Weinbau. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die wissenschaftliche Untersuchung vom Weinbau in Höhenlagen. Wir haben die Möglichkeiten, uns im Anbau nach oben hin auszudehnen. Natürlich muss das Mikroklima und die Bodenbeschaffenheit in der Höhe zur ausgewählten Rebsorte passen.
Außerdem ist zu bedenken, dass eine steile Höhenlage auf 1.000 Metern über dem Meeresspiegel deutlich aufwendiger zu bewirtschaften ist, als ein ebenerdiger Weingarten im Tal. Zudem gibt es in höreren Lagen weitere Herausforderungen, zum Beispiel Spätfröste, die den Reben zusetzen. Das Ausweichen auf Höhenlagen bietet folglich zwar eine Alternative, es ist unter dem Strich aber ein komplexes Unterfangen, das nicht als einfaches Pauschalheilmittel gegen die Klimaerwärmung eingesetzt werden kann.“
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