Die sogenannten Roboterautos sollen Staus abhelfen, Umweltproblemen entgegenwirken, Verkehrsunfälle reduzieren und sich ganz allgemein als praktische Transportlösung für Jedermann etablieren. Soweit die positiven Zukunftsentwürfe der Befürworter von autonomer Mobilität. Zweifler an deren „Allheilsamkeit“ bekommen jetzt jedoch weitere Unterstützung in Form einer Studie des Weltwirtschaftsforums, welche die optimistischen Projektionen vom automobilen Fahren als dem großen Problemlöser als irrig darstellt. Denn danach sollen selbstfahrende Autos das Verkehrsaufkommen und die damit verbundene Umweltbelastung in den innerstädtischen Bereichen nämlich nicht nur nicht vermindern, sondern sogar im Gegenteil noch verschlimmern.
Autonome Fahrzeuge werden das Verkehrsaufkommen in den ohnehin schon überfüllten Stadtzentren tendenziell erhöhen statt verringern, lautet eines der zentralen Ergebnisse der gemeinsamen Untersuchung des Weltwirtschaftsforums und des Beratungsunternehmens Boston Consulting Group (BCG) mit der Stadt Boston. Die Verfasser der Studie gehen zwar davon aus, dass die selbstfahrenden Autos die Anzahl der Fahrzeuge, die in Städten unterwegs sind, ebenso vermindern werden wie die Fahrtzeiten dort. Doch das soll nur für die Städte insgesamt zutreffen, nicht hingegen für die Innenstadtbereiche, wo sich die Verkehrssituation immer mehr verschlechtert.
Aus einer – nach eigener Aussage aufwändigen – Verkehrssimulation für die US-amerikanische Ostküsten-Metropole Boston ziehen die an der Studie beteiligten Experten den Schluss, dass durch den verstärkten Einsatz von Roboterautos die Reisezeiten in der Stadt insgesamt um 4,3 Prozent sinken werden. In der Umgebung der Bostoner Innenstadt könnten die Fahrtzeiten so sogar um 12,1 Prozent abnehmen. Dagegen erwarten die Fachleute für Boston-Zentrum im Durchschnitt eine Verlängerung der Fahrtzeiten um 5,5 Prozent. Begründung: Voraussichtlich günstige Transportangebote werden viele Menschen dazu bewegen, im innerstädtischen Bereich selbstfahrende Taxis zu nutzen statt des öffentlichen Nahverkehrs.
„Denn autonome Mobilität ‚on demand‘ bedeutet einen sehr bequemen Tür-zu-Tür-Service mit einem garantierten Sitzplatz bei leichter Buchbarkeit zu sehr wettbewerbsfähigen Preisen“, prognostiziert BCG-Senior Partner Nikolaus Lang, einer der Mitautoren der Verkehrsstudie. Er geht deshalb davon aus, dass sich Fahrgäste bei Kurztrips von weniger als vier Meilen bzw. knapp 6,5 Kilometern eher für kleinere Roboter-Taxis oder -Shuttles entscheiden werden als für Busse oder Bahnen. Das soll unterm Strich dazu führen, dass die Anzahl der Autos in den Innenstädten wächst.
Damit autonomes Fahren tatsächlich zur Lösung des Verkehrsinfarkts in vielen Innenstädten sowie zur Minderung der verkehrsbedingten Umweltbelastungen beitragen kann, müssten die Fahrzeuge von mehreren Fahrgästen gleichzeitig genutzt werden, ergab die Bostoner Studie. Selbstfahrende Autos allein können demnach die Verkehrsprobleme in den Stadtzentren nicht lösen. Deshalb halten viele Experten eine entsprechende Regulierung vonseiten der Politik für erforderlich.
Wie so etwas aussehen könnte, darum wird zurzeit – auch auf EU-Ebene – noch heftig gestritten. Dabei bestehe etwa das Interesse der Autohersteller nicht darin, weniger Fahrzeuge zu verkaufen, heißt es aus informierten Kreisen. Als alleinige Antwort auf die Herausforderungen im Bereich der Mobilität der Zukunft, und zwar sowohl was Planung, Umwelt als auch öffentlichen Nahverkehr angeht, kann das autonome Fahren laut der Studie des Weltwirtschaftsforums jedenfalls nicht angesehen werden.
(Goslar Institut)