Vielleicht sollte ich diese Kolumne von nun an übervorsichtig mit folgendem Hinweis beginnen: Investieren Sie bitte nicht in nachhaltige Geldanlagen, wenn Sie denken, damit nachweislich die Welt retten zu können – besser gesagt, die Menschheit dieses immer noch schönen blauen Planeten. Sicherlich tragen Sie mit (mehr) Nachhaltigkeit in Ihrer Kapitalanlage dazu bei, dass die Welt weniger schlecht wird und nutzen den wichtigen Hebel nachhaltiger Geldanlagen für ökologische und gesellschaftliche Fortschritte und auch dafür, dass die Unternehmensführungen weltweit agierender Konzerne verantwortlicher agieren, was mit einer konventionellen Geldanlage nicht so leicht möglich wäre. Und auch gibt es vereinzelte Investments, die eine direkte Wirkung haben und nachweislich zur Weltverbesserung beitragen. Aber letzten Endes sollten Sie sich bewusst sein, dass die Finanzwirtschaft nur EIN Teil der notwendigen Transformation unserer Wirtschaftsweise ist – meist auch nur ein mittelbarer – und die meisten von Ihnen neben nun Einzug haltenden Nachhaltigkeitsaspekten vermutlich immer noch Geldanlage unter Rendite-Risiko-Liquiditäts- Aspekten betreiben, wodurch zu thematische beziehungsweise zu konzentrierte oder gar einem absoluten Nachhaltigkeitsanspruch gerecht werdende Portfolios leider ein Satelliten-Thema Ihrer gesamten Vermögensallokation bleiben. Die Realwirtschaft und wir alle als Konsumierende sind der viel wichtigere Teil, um unsere Welt in ein nachhaltiges Paradies zu verwandeln. Es liegt also auch an jedem Einzelnen von uns!
Doch genau hier kommt die gute Nachricht: Denn immerhin gibt es Geldanlagen, die nachhaltig ausgerichtet sind und Themen wie die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, ökologische und soziale Herausforderungen oder eine verantwortungsvollere Unternehmensführung adressieren.
Und dabei kommt nun eine Variante ins Spiel, die zumindest bei den deutschsprachigen Leserinnen und Lesern noch gar nicht so bekannt sein dürfte, da Sie sich ihrer Macht als Investierende gar nicht so bewusst sind: Da Sie zum Beispiel Investmentfonds Geld zur Verfügung stellen und diese Kapitalsammelstellen als solche sehr hohe Summen an Anlagegeldern von ganz vielen (Klein-)Anlegenden bekommen, was wiederum in börsennotierte Unternehmen investiert wird, kann allein durch die Tatsache, dass hier Beteiligungen eingegangen werden, Macht ausgeübt werden. Und wie wir spätestens seit den Skywalkers wissen, gibt es eine gute und eine dunkle Seite der Macht – nicht nur beim Krieg der Sterne. Übertragen auf nachhaltige Geldanlagen, ist die Ausübung der Stimmrechte und der aktive Dialog mit Unternehmen (auch „Engagement“ – englisch ausgesprochen) ein gern genutztes Werkzeug, um neben den eigentlichen Investments in einzelnen Aktien, von ihrer und seiner Finanzierungsmacht Gebrauch zu machen und, im ESG-Sinne, (mehr) Nachhaltigkeit von Unternehmen einzufordern. Und wer nun denkt, als Kleinanleger oder selbst als mittelgroßer Investmentfonds könne man Konzerne mit Hunderten von Milliarden Marktkapitalisierung nicht auf den „rechten“ Nachhaltigkeitsweg bringen, irrt sich. Denn es ist zwar nicht die Regel und kommt auch nicht täglich vor, aber es gibt eine steigende Zahl an Erfolgen aktiven Aktionärswesens. Denn, wenn sich viele Anlegende beziehungsweise deren Gelder einsammelnde Investmentfonds zusammenschließen oder aber kleine Vermögenseinheiten mit aktivistischen Methoden agieren, um selbst solch einen Mega-Weltkonzern wie Exxon Mobil dazu zu bringen, dass gleich mehrere Expertinnen und Experten, die sich nachweislich mit Nachhaltigkeit auskennen und teilweise sogar bereits erfolgreich Ölkonzerne zu umweltfreundlicheren Geschäftsmodellen transformiert haben, in dessen Verwaltungsrat gewählt werden, wird ersichtlich, dass es sich heute kaum noch eine Konzernlenkerin oder ein Wirtschaftsboss (im wahrsten finanziell- langfristigen Sinne) leisten kann, dieses generationenübergreifende Thema zu ignorieren. Siemens kann ja ebenfalls ein Lied davon singen, wie eine kleine Signal-Anlage für eine Eisenbahnlinie zum Kohletransport am Ende der Welt dafür sorgen kann, dass letzten Endes einer Klimaaktivistin sogar ein Aufsichtsratsposten angeboten wird. Selbst
die viel gescholtene RWE hat auch dank des Drucks der Kapitalmärkte ihren Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vorgezogen.
Klar, dass solche Engagement-Erfolge bislang nur vereinzelt vorkommen und klar, dass dies auch nur meist kleine Schritte auf dem langen Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaftswelt sind. Aber es zeigt, dass nachhaltige Geldanlagen neben vielen intuitiv-offensichtlichen Vorteilen durchaus Wirkung entfalten. Nur eben meist mittelbar, meist langfristig, meist auch nicht unbedingt auf ein ganz konkretes Investment einer einzelnen Anlegerin zurückführend – aber weitaus besser als eine konventionelle Geldanlage zu leisten im Stande ist. Und darüber hinaus auch noch ohne historisch gesehen Nachteile in Sachen Rendite- Risiko in Kauf genommen und auch ohne im Durchschnitt höhere Gebühren gezahlt haben zu müssen. In diesem Sinne: Schlagen Sie sich auf die gute Seite der Geldmacht und legen Sie Ihren Spargroschen vermehrt nachhaltig an!
ROLAND KÖLSCH