Opinion Leader

Edda Schröder

Gründerin und Geschäftsführerin, Invest in Visions

"Der reformierte ELTIF und Impact Investing"

Impact Investing litt in der Vergangenheit darunter, kaum für Privatanleger zugänglich zu sein. Hohe Mindestanlagegrenzen behinderten den Vertrieb der meisten Fonds. Einzige Ausnahme waren Mikrofinanzfonds, die von einer rechtlichen Sonderbehandlung in Deutschland profitierten. Entsprechend gering blieb auch der Anteil von Impact Investments am Gesamtmarkt. Dies kann sich nun ändern. Denn mit der Reform des ELTIF (European Long-Term Investment Fund) ist es nun auch für Privatanleger möglich, in alternative Asset-Klassen zu investieren, mit denen sich eine konkrete Wirkung generieren lässt.

 

Impact Investments: Investitionen mit Wirkung, aber nur für Hochvermögende?

Impact Investing fristet immer noch ein Nischendasein. Gerade einmal 0,26 Prozent am Gesamtmarkt (Investitionsvolumina) betrug der Anteil im Jahr 2022 in Deutschland.[1] Einer der Hauptgründe dafür ist, dass Investitionen in alternative Anlageklassen wie Private Equity, Private Debt oder Infrastruktur lange Zeit fast ausschließlich für professionelle und semi-professionelle Investoren (High Net Worth Individuals, Family Offices und institutionelle Investoren) bei Mindestanlagesummen in zumeist sechsstelliger Höhe zugänglich waren. Doch warum haben alternative Assetklassen an Bedeutung so gewonnen? Über sie kann Kapital unmittelbar an die Unternehmen fließen, Engagement auf Investorenseite ausgeübt und eine positive Wirkung erzielt werden.

Der erste Sustainable Finance Beirat (SFB) der Bundesregierung hatte diesen Vorteil erkannt und in seinem Abschlussbericht vom Februar 2021 eine Öffnung von Impact Investments aus dem alternativen Anlagebereich für Privatkunden nach dem Vorbild von Mikrofinanzfonds empfohlen.[2] Letztere genossen im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) bislang eine Sonderstellung (§ 222). Der Empfehlung des SFB wurde jedoch nicht gefolgt. Durch das Fondsstandortgesetz wurde lediglich der Entwicklungsförderungsfonds eingeführt, mit dem zwar Beiträge zum Erreichen der Nachhaltigen UN-Entwicklungsziele (SDGs) geleistet werden sollen, der aber aufgrund seiner rechtlichen Form als Spezial-AIF (alternativer Investmentfonds) ebenfalls nicht zum Vertrieb an Privatanleger zugelassen ist.

Da es nicht möglich war, die Investorenbasis für Impact Investments zu verbreitern, wurde an der Definition von Impact Investments – und damit an der falschen Stelle – angesetzt. Wenig zielführend wurde versucht, den Impact-Begriff auch für liquide Assets nutzbar zu machen. Dabei wurden für Investitionen ohne eigenen Wirkungsbeitrag Begriffe wie „impact aligned“ bzw. „wirkungskompatibel“[1], „intended impact“[2] oder „bought impact“[3] geschaffen. Anstelle eines neuen, wirksameren „Medikaments“ verabreichte man dem Impact Investing Markt damit aber lediglich ein Placebo. Von einer „Demokratisierung“ von Impact Investments durch Aktienfonds, mit der manche Mainstream-Anbieter warben, kann jedoch keine Rede sein. Denn durch den Besitzerwechsel einer Aktie auf dem Sekundärmarkt wird direkt kein weiterer Cent für nachhaltige Ziele investiert. Dafür benötigt man eine Allokation von zusätzlichem Kapital.

Der neue ELTIF 2.0 und Kleinanleger – Startet Impact Investing jetzt durch?

Mit dem reformierten European Long-Term Investment Fund („ELTIF 2.0“) hat die Europäische Union nun endlich ein Investmentvehikel geschaffen, das für eine Wende sorgen könnte. Der ELTIF war bereits 2015 als Teil der europäischen Kapitalmarktunion lanciert worden. Ziel war es gewesen, Investitionen in die europäische Realwirtschaft zu fördern. Privatkunden sollten sich an den großen Herausforderungen und dem enormen Finanzierungsbedarf für Infrastrukturprojekte in den kommenden Jahren, insbesondere der Energiewende, beteiligen können. Vertrieb und Anbieter sahen sich jedoch erheblichen Anforderungen und Einschränkungen gegenübergestellt. Dies führte dazu, dass unter dem ursprünglichen ELTIF-Regime nur 77 ELTIFs innerhalb der gesamten EU aufgelegt wurden, mit einem Kapital von insgesamt 10 Milliarden Euro. Eine der Haupthemmnisse war die vorgeschriebene Mindestanlagesumme von 10.000 Euro. Da zudem nur 10 Prozent des Gesamtvermögens eines Anlegers in einen ELTIF investiert werden durfte, war ein Gesamtvermögen von mindestens 100.000 Euro notwendig. Zudem konnten nur geschlossene ELTIFs aufgelegt werden, was bedeutete, dass die Investoren ihr Geld oft zehn Jahre und länger binden mussten.

Der neue ELTIF ist ein transparentes, reguliertes, semi-liquides, aber depotfähiges Vehikel mit hohen Anforderungen an die Diversifikation auf Asset-Ebene (mind. 10 Investitionen).

Öffnung für wirkungsvolle Investitionen in den Globalen Süden

Der reformierte ELTIF kann tatsächlich der Startschuss für eine „Demokratisierung“ von Impact Investments sein. Mindestens genauso wichtig wie die verbesserte Publikumsfähigkeit ist dabei, dass über einen ELTIF getätigte Investitionen nicht mehr direkt der europäischen Realwirtschaft zugutekommen müssen. Denn das Erreichen der SDGs (Sustainable Development Goals) wird nicht in Deutschland entschieden und auch nicht in Europa, sondern im Globalen Süden, wo die Probleme unbestritten am größten sind. Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung musste im vergangenen Jahr ihre 2014 errechnete Prognose zur Finanzierungslücke für das Erreichen der SDGs in den Entwicklungs- und Schwellenländern deutlich nach oben korrigieren. Statt 2,5 Billionen US-Dollar klafft nun eine Lücke von 4 Billionen jährlich.[1] Über die Hälfte (2,2 Billionen US-Dollar) dieser Lücke fehlt für die Transition hin zu einer klimaschonenden Energieversorgung, also für den Ausbau erneuerbarer Energien, für Elektrifizierung etc.. Der ELTIF ist als Vehikel genau für jene Themengebiete, die auf langfristige Investitionen ausgelegt sind, prädestiniert.

Fazit: Der Wegfall der Mindestanlagesumme von 10.000 Euro samt Vermögensnachweis und die Beschränkung auf Investitionen zum Vorteil der europäischen Realwirtschaft machen den reformierten ELTIF zu einem wichtigen Instrument, um den Anteil von Impact Investments signifikant zu erhöhen und Geld für das Stopfen der jährlichen SDG-Finanzierungslücke zu mobilisieren. Auch Kleinanleger können nun einen größeren Beitrag für eine nachhaltige Zukunft leisten und zugleich die Vorzüge einer Asset-Klasse für sich nutzen, die zuvor nur Hochvermögenden zugänglich war.

[1] Die Bundesinitiative Impact Investing hat in ihrer Marktstudie für das Jahr 2022 ein Volumen von knapp 10 Milliarden Euro veranschlagt (Impact Investing in Deutschland 2022 – Marktstudie – Bundesinitiative Impact Investing (bundesinitiative-impact-investing.org), während der BVI das Gesamtvolumen aller Mandate und Fonds für den selben Zeitraum auf 3,8 Billionen Euro ansetzt.

[2] 210224_SFB_-Abschlussbericht-2021.pdf (sustainable-finance-beirat.de), S. 104f.

[3] Timo Busch et al. (2021), Impact Investments: a call for (re)orientation, in: SN Business & Economics 1, Nr. 33.

[1] IFC, Investing for Impact. The Global Impact Investing Market 2020., S.13.

[1] ESMA30-1668416927-2498 Progress Report on Greenwashing (europa.eu), S. 41.

[1] SDG Investment Trends Monitor (Issue 4) (unctad.org)

 

 

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