Anhaltende Unterstützung der Kapitalmärkte…
War die Laune der Anleger 2018 mit der großzügigen Steuerreform zunächst gestiegen, ist sie mittlerweile durch Trumps Handelsstreit mit China 2019 deutlich strapaziert worden. In einem Wahljahr ist es kaum vorstellbar, dass es zu einer dauerhaften Einigung zwischen China und den USA kommt. Daher dürften uns die negativen Folgen höherer Handelskosten vorerst weiter begleiten. In der verarbeitenden Industrie schlagen die höheren Zölle bereits spürbar durch, während sich der Dienstleistungssektor überraschend robust zeigt. Auch die Notenbanken auf beiden Seiten des Atlantiks tun ihr Bestes, um die Märkte zu beruhigen und die Rezession auf Abstand zu halten. Dies mag Aktien eine Zeitlang Unterstützung geben. Der Preis dafür ist jedoch eine hohe Volatilität. Auch wenn es für Anleger durchaus einigen Anlass zur Sorge gibt – vom zunehmenden Protektionismus über das Risiko eines harten Brexit bis hin zur Lage in Hongkong –, befindet sich die globale Wirtschaft noch nicht in einer Rezession. Zwar müssen die Wachstumserwartungen insgesamt nach unten geschraubt werden. Die gute Arbeitsmarktsituation in den USA und Europa sollte die Konsumenten jedoch hinreichend zuversichtlich und damit kauffreudig stimmen.
… allerdings verbunden mit höheren Bewertungen und Volatilitäten
Trotz wachsendem Konjunkturpessimismus entwickelten sich die meisten Anlageklassen deutlich besser als zu Jahresbeginn erwartet. Kleinanleger schichteten auf der Suche nach Sicherheit von Aktien in Renten um. Dennoch legten auch Aktien zu – unterstützt durch Rückkaufprogramme, vermehrte Delistings von Unternehmen und Käufe seitens alternativer Fonds. Da aber die Bewertungen der profitabelsten Anlageklassen hoch sind, stellt sich die Frage, ob sich noch weiterhin attraktive Anlagechancen finden lassen.
An Aktien und Unternehmensanleihen führt kein Weg vorbei
Die Flucht in sichere Anlagen zu jedem Preis hat den Wert von Staatsanleihen erneut nach oben getrieben. Fast 30% aller Anleihen weltweit rentieren nun negativ. Angesichts des gedämpften Wachstums und möglicher Dominoeffekte aus der US-Wirtschaft durch höhere US-Zölle lässt sich nur schwer vorhersagen, wann die Zinsen wieder steigen werden. Vermutlich wird eine Normalisierung lange auf sich warten lassen. In diesem Umfeld sind Unternehmensanleihen die einzige Option. Zwar sind diese nicht gerade günstig, aber die Bewertungen sind doch weit entfernt von den Extremwerten der Vergangenheit. Auch Aktien sind nicht überbewertet, aber die Risikoprämien (gemessen an der Differenz zwischen der geschätzten Dividendenrendite und dem risikofreien 10-Jahres-Referenzzinssatz) haben neue Höchststände erklommen. Zudem ist das Bewertungsgefälle zwischen Wachstums- und Substanzwerten 2019 nicht kleiner, sondern größer geworden. Normalerweise wäre dies ein starkes Kaufsignal für Value-Anleger. Aber in einer Welt mit stagnierendem Wachstum erwarten wir keine Rotation in zyklische Werte. Portfoliomanager müssen sich daher in der Kunst üben, vermeintlich hoch bewertete Titel zu identifizieren, die zwei Sachen vereinen – Preisgestaltungsmacht und gut absehbare künftige Zahlungsströme.
Nach dem Umbruch ist vor dem Umbruch
Diverse strukturelle Trends verändern die Welt, in der wir leben: Hieraus erwachsen Chancen und Unternehmen erfinden sich neu, um diese grundlegenden Entwicklungen für sich zu nutzen. Die Kernpfeiler dieses Wandels sind für uns der immer stärker werdende demographische Druck, die Erschöpfung natürlicher Ressourcen und die grenzenlosen Möglichkeiten zur individuellen Vernetzung (digitale und KITechnologien).
Seit der ersten Ölkrise 1973 hat sich der weltweite Energieverbrauch verdoppelt. Die Weiterentwicklung des Energiemixes kommt nur schleppend voran. Das kann man an einer Zahl festmachen: Der Beitrag von Kohle und deren Derivate an der weltweiten Energieerzeugung lag 1970 bei 30% und heute sind es … genauso viel! Diese Energiewende erfordert massive Investitionen, die private Unternehmen alleine nicht werden schultern können. Hier ist die Unterstützung von öffentlicher Seite gefragt (Regulierung, Steueranreize, staatliche Investitionen).
Im Jahr 2020 werden „Millennials“ die gleiche Kaufkraft haben wir die Generation X. Ihr Eintritt ins Erwachsenenleben fällt in eine Zeit technologischen Wandels, der Globalisierung und wirtschaftlicher Umbrüche. Dementsprechend unterscheiden sich ihre Prioritäten und Erwartungen deutlich von denen früherer Generationen. Nur wenn man ihr Verhalten und ihre Art zu denken versteht, wird man die anstehenden Marktchancen abschöpfen können. So hat beispielsweise Tinder, eine auf Millennials zugeschnittene Applikation, innerhalb von sieben Jahren eine Marktkapitalisierung von 15 Mrd. USD erreicht – vergleichbar mit Renault oder Deutsche Bank. Spotify, führender MusikStreaming-Dienst, kommt auf 23 Mrd. USD und YY, ein Video-basiertes soziales Netzwerk in China ist 4,7 Mrd. USD schwer und zählt 300 Mio. Nutzer.
Und was macht künstliche Intelligenz (KI) so bedeutend? Wie Strom oder der Verbrennungsmotor ist KI etwas, das Volkswirte eine „Universaltechnologie“ nennen. Es ist eine stille Revolution, welche die Gesellschaft und die Wirtschaft in allen Bereichen nachhaltig verändern wird. Unternehmen, die KI für sich zu nutzen wissen, werden langfristig Wert schöpfen können. KI ist wohl die Entwicklung mit der größten kreativ-zerstörerischen Kraft seit der letzten industriellen Revolution.
Kurz gesagt: Es ist nie zu früh, den nächsten Umbruch gedanklich in den Blick zu nehmen.
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(ODDO BHF)