Interessenten an Sachwerten bietet sich eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Investition. Teils wurden diese erst in den letzten Jahren geschaffen. Wer beispielsweise in Immobilien investieren möchte, kann neben dem Direktinvestment in eine Immobilie auch Real Estate Investment Funds (REIFs), offene Immobilienfonds (OIF), geschlossene Alternative Investmentfonds (AIF) oder European Long-Term Investment Funds (ELTIF) nutzen. OIF können dabei als große Teilgruppe der REIFs gesehen werden und umfassen bis zu 80 Prozent des REIFs-Marktes. Während REIFs versuchen, das illiquide Asset Immobilie in eine weitgehend liquide Anlageform zu transformieren, setzen ELTIF als Form der AIF auf einen langfristigen Investitionshorizont, verbunden mit Rücknahmemöglichkeiten, die auch wieder den Zwiespalt von Rücknahmeoption und Asset-Liquidität bedeuten.
Anfang April warnte die EZB vor Finanzmarktrisiken, die sich aus dieser Liquiditäts- Struktur der REIFs und der Verflechtung mit dem Gewerbeimmobilienbereich ergeben. Was war geschehen?
Das via REIFs investierte Kapital in der Eurozone hat sich in den letzten zehn Jahren auf über eine Billion Euro mehr als verdreifacht. Dies entspricht mittlerweile einem Anteil von über 40 Prozent aller Gewerbeimmobilien. Gesellschaftliche Veränderungen durch Corona, der Trend zum hybriden Arbeiten und ein zunehmender Onlinehandel führen zu Veränderungen im Nutzerverhalten und Belastungen der Gewerbeimmobilienmärkte. Diese Effekte können den Wert von Immobilien verringern, was zu Kapitalrückforderungen der Investoren führen kann, die nur durch Verkäufe von Bestandsimmobilien erfüllt werden können. Hierdurch wird zusätzlicher Verkaufsdruck auf die Preise ausgeübt. Ein klassischer Teufelskreis, wie wir ihn bereits 2005, der ersten Schließung eines OIF und noch einmal nach der Finanzkrise 2008 bei mehreren offenen Immobilienfonds in Deutschland erlebt haben. Dass dieses Risiko auch aktuell noch real ist, zeigte sich außerhalb der Eurozone beim Blackstone Real Estate Income Trust, der sich mehr als fünf Milliarden US-Dollar Abflüssen gegenübersah.
Die EZB kommt dann auch zum klaren Fazit: „Eine zentrale Schwachstelle von REIFs ist die Diskrepanz zwischen der Liquidität des Fondsvermögens und den Rücknahmebedingungen. Eine geschlossene Fonds-Struktur könnte angemessener sein, da sie ein höheres Maß an Widerstandsfähigkeit gewährleistet und sowohl dem Manager als auch dem Investor in Stresszeiten Vorteile bieten würde …“
Der strukturelle Widerspruch zwischen der Illiquidität des Anlagevermögens bei Immobilien und den Rückgaberechten der Anleger kann also nach Bewertung der Europäischen Zentralbank mit einem geschlossenen Fonds besser gelöst werden. Diese Erkenntnis der EZB kann hier fachlich nur unterstützt werden. Haben doch AIF in den letzten zehn Jahren klar gezeigt, welche Vorteile dieses Anlagevehikel bietet. Natürlich bedeutet der Verzicht auf eine Rückgabeoption während der Fondslaufzeit eine Einschränkung für den Investor. Dies führt dafür aber auch zu deutlich besseren Ergebnissen als bei OIF. In den letzten Jahren lag die Rendite von AIF etwa doppelt so hoch wie die der liquideren OIF. Es gibt also eine klare Illiquiditätsprämie für Investoren.
ELTIF versprechen jetzt eine Mischung aus langfristigen Investitionen, einer selteneren NAV-Berechnung und einer bedingten Rückzahlungsoption. Ob diese Konzeption auf mittlere Sicht stabiler durch Krisen kommt als REIFs, muss sich in der Zukunft beweisen. Erste Ergebnisse aus dem Bereich der erneuerbaren Energien lassen aber auch hier einen Renditeabschlag als Ausgleich für eine schnellere Liquidierbarkeit von ELTIF gegenüber geschlossenen AIF erkennen.
JENS FREUDENBERG UND DR. MICHAEL KÖNIG