Sachwerte / Immobilien

„Bad news“ – warum die Kommunikation so schwierig ist

Auch knapp zwei Jahre nach der Zinswende gibt es keine Entwarnung in der Immobilienbranche. Die Baukrise hat im April einen weiteren Fondsanbieter aus Wiesbaden erwischt und in die Insolvenz geführt. So wie auch bei anderen Firmenpleiten diskutiert man in Gesprächen mit Emissionshäusern oder Vermittlern immer wieder die Bewertung, dass dieser Supergau nach vielen Jahrenanscheinend erfolgreicher Tätigkeit vielleicht jetzt „zu spät“ kommuniziert wurde. Was aber heißt das genau? Wann eigentlich ist „der richtige“ Zeitpunkt für „bad news“? Wie geht optimale Transparenz?

Psychologen und auch die Kolumnisten sind sich einig und empfehlen, negative Nachrichten nicht lange herauszuzögern. Also ähnlich dem Abziehen eines Pflasters einen kurzen schmerzhaften Ruck dem länger andauernden Schmerz vorzuziehen. Kann das eine erfolgversprechende Strategie in der Finanzbranche sein?

Wer erinnert sich noch an Leo Kirch, den Filmhändler aus München? Die Insolvenz seines Unternehmens 2002 führte dieser auf die Aussage des damaligen Deutsche-Bank- Vorstands Rolf Breuer zurück, der öffentlich die Kreditwürdigkeit angezweifelt hatte. Ob dies der Auslöser war, ließ sich nie seriös beantworten, aber diese Aussage kostete die Deutsche Bank im gerichtlichen Vergleich immerhin 925 Millionen Euro.

Eine solche „selbsterfüllende Prophezeiung“ könnte natürlich auch bei anderen Unternehmen entstehen. Wenn die wirtschaftliche Lage herausfordernd ist, kann der Wegfall von Liquidität wie im letzten Branchenbeispiel schnell problemverschärfend wirken. Hier hat eine Firma oder ein Emissionshaus also eine erhöhte Motivation, die angespannte Situation tendenziell nicht zu kommunizieren, sondern durch weiteren Mittelzufluss auf ein Ende der Problemlage zu hoffen.

Diese Informationsasymmetrie wird in der Wirtschaftswissenschaft mit der Prinzipal- Agent-Theorie beschrieben. Dabei hat der Agent gegenüber dem Prinzipal einen Informationsvorsprung. Ein Beispiel für ein solches Verhältnis ist der Gebrauchtwagenverkauf. Der Verkäufer des Autos kennt aus der jahrelangen Nutzung alle – auch versteckten – Mängel, hat aber wenig Anreiz, einen Interessenten auch darauf hinzuweisen, da er das Auto ja möglichst gut (schnell/teuer) veräußern möchte. Hier zeigt sich ein moralisches Risiko, da der Verkäufer ein anderes Interesse als der potenzielle Käufer hat und daher nicht unbedingt alle Informationen teilt.

Wie könnte man eine solche Situation im Finanzbereich verhindern? Der vermeintlich einfache Ruf nach mehr Regulierung greift aus Sicht der Kolumnisten zu kurz. Die Vergangenheit hat leider bewiesen, dass der Gesetzgeber nicht jeden Einzelfall vorhersehen kann und auch nicht auf einer solchen Basis regulieren sollte, da sonst die Bürokratielasten unendlich würden. Stattdessen könnte man es wie im Autohandel durchführen. Ein guter Autohändler wird Gutachten oder externe Bewertungen durch TÜV/ DEKRA nicht scheuen und bietet vielleicht zusätzlich eine Gebrauchtwagengarantie, um eine hohe Qualität des Fahrzeuges zu signalisieren.

Auch im Finanzvertrieb sollten solche externen Analysen berücksichtigt werden, die bisherige Transparenz des Unternehmens genauso wie eine persönliche Inaugenscheinnahme der handelnden Personen. Wie erfahren ist das Management, welche Vorleistungen und Ergebnisse wurden – am besten in unterschiedlichen Marktzyklen – erzielt? Wie zeitnah erfolgt Kommunikation und – besonders spannend – wie realistisch erscheint die Kommunikation, wurde auf potenzielle Risiken hinreichend hingewiesen? Alles Fragen, die beantwortet werden wollen. Es bleibt erfahrungsgemäß nur, selbstkritisch zu bleiben und im Zweifel genauer zu prüfen.

Aber so wie breite Bevölkerungsschichten auf den Gebrauchtwagenmarkt angewiesen sind, sind auch viele Produktangebote wichtig, um Altersarmut oder ungleichgewichtete Risiken bei Anlegern zu verringern.

JENS FREUDENBERG UND DR. MICHAEL KÖNIG

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