In 14 Jahren werden in Deutschland rund 3,6 Millionen Menschen pflegebedürftig sein. Dies sind rund 930.000 mehr als 2014. Von den 3,6 Millionen Menschen werden voraussichtlich ein Drittel und damit etwa 1,2 Millionen stationäre Pflege in einer Pflegeeinrichtung benötigen. Demgegenüber stehen heute ca. 13.030 Pflegeheime mit aktuell rund 900.000 Plätzen. Die entstehende Angebotslücke muss bis dahin durch Neubau und Revitalisierung von Pflegeheimen gefüllt werden.
Allein demografisch bedingt, ist demnach bis 2030 je nach Szenario mit einem zusätzlichen Bedarf von bis zu 300.000 Pflegeplätzen zu rechnen. Hinzu kommt der Erneuerungs- und Modernisierungsbedarf, da einige Einrichtungen aufgrund von überalterter Bausubstanz, neuen Regulierungen oder betriebswirtschaftlich nicht sinnvollen Größen schließen müssen.
Der Nachfrageboom nach Pflegeplätzen wird sich bis 2060 ergeben, da bis spätestens dann die Generation der Babyboomer in das Alter eintritt, in welchem Menschen vermehrt pflegebedürftig werden.
Dies sind die Ergebnisse des „Pflegeheim-Atlas 2016“, den Wüest & Partner Deutschland zusammen mit Ottenströer Immobilienwirtschaft/Regionalökonomie erstellt hat und der auf Landkreisebene Prognosen zum Bedarf an Pflegeheimen und Pflegeplätzen in den Jahren 2025 und 2030 gibt. Demnach müssten bis zum Jahr 2030 rund 2.550 weitere Pflegeheime mit je rund 100 Betten geschaffen werden, allein um den kommenden demografischen Zusatzbedarf decken zu können. Der heute vorhandene Bestand an Plätzen für Pflegebedürftige müsste infolgedessen um mindestens 28 Prozent erhöht werden.
In absoluten Zahlen ergibt sich der höchste Zusatzbedarf in Berlin mit 11.800 und in Hamburg mit 4.100 zusätzlich benötigten Pflegeplätzen im Jahr 2030. Auch die Städte München und Köln mit je mehr als 2.000 zusätzlich benötigten Betten sowie Bremen, Dresden und Leipzig mit einem Zusatzbedarf von 1.500 bis 1.700 Pflegeplätzen müssen ihren Bestand erheblich aufstocken, um die zu erwartende Nachfrage decken zu können. Auf Landesebene besteht vor allem in Nordrhein-Westfalen, Bayern und in Baden-Württemberg Entwicklungsbedarf.
Betrachtet man den künftigen Bedarf im Verhältnis zur heute bereits vorhandenen Zahl an Pflegeplätzen sticht vor allem Brandenburg mit hohem Aufholpotenzial hervor: In den Landkreisen Barnim, Potsdam-Mittelmark und Havelland im „Speckgürtel“ von Berlin muss der aktuelle Bestand an Pflegeplätzen bis zum Jahr 2030 um rund die Hälfte aufgestockt werden.
Abhängig ist der Zusatzbedarf jedoch von einer Reihe von Faktoren, wie der Entwicklung der Heimquote, gesetzlichen Vorgaben sowie dem Bedeutungszuwachs von ambulanter Pflege im Vergleich zu stationärer Pflege. Jüngst hat der Gesetzgeber z. B. die bisherige Klassifizierung Pflegebedürftiger in drei Pflegestufen angepasst auf fünf. Offen ist noch, ob und wie stringent Pflegeeinrichtungen die länderspezifisch festgelegten Quoten an Einzelzimmern oder Obergrenzen für die Bettenzahl nach den Übergangsfristen umsetzen müssen.
„Bei der Planung neuer Pflegeheime sollten die Betreiber in jedem Falle langfristig denken und eine spätere Umnutzung für z. B. Apartmenthäuser oder Hotels vorsehen“, bewertet Karsten Jungk, Geschäftsführer und Partner von Wüest & Partner Deutschland die Perspektiven dieser speziellen Assetklasse. „Auch überschaubare Heimgrößen und eine urbane Lage sind vorteilhaft für eine spätere Nachnutzung“, so Jungk weiter. Denn nach 2060 wird die Zahl der Pflegebedürftigen voraussichtlich wieder sinken. Daher empfiehlt sich, vor der Planung eine dezidierte Standort- und Marktanalyse durchzuführen, die die spezifischen Chancen und Risiken der Assetklasse Pflegeimmobilien beleuchtet.