Sachwerte / Immobilien

Gegenwind bei Einzelhandelsimmobilien

Handelsimmobilien sind direkt oder indirekt in jedem größeren Immobilienportfolio privater Anleger vertreten. Institutionelle Anleger wie Versicherungen, Pensionskassen oder auch Fonds sehen hier eine Möglichkeit große Beträge in einem Schlag zu investieren.

Während aber im institutionellen Investment- markt noch eitel Sonnenschein herrscht, auf den anscheinend nur Produktmangel einen Schatten wirft, sieht es auf der Nutzerseite schon deutlich anders aus. Inzwischen macht sich deutlicher Gegenwind bei Einzelhandelsimmobilien bemerkbar. Der Online-Handel wird zur großen Herausforderung. In der Anlage ist über Risikoposition und Gewicht von Handelsimmobilien nachzudenken. Insgesamt erhöht sich der Umsatzdruck. Andererseits bringt es nichts, ein Katastrophenszenario an die Wand zu malen, wie es Medien gerne machen. Es gilt, die Chancen zu nutzen, die sich in jedem Wandel ergeben, Fehler zu vermeiden und eine Nische zu finden.

Es scheint jedoch sicher, dass der Gegenwind von der Mietseite deutlich stärker ist, als den, Jubel-Berichterstattungen zu den Investmentmärkten zu entnehmen ist. Die Größe der Markttransformation machte eine Tagung des BIIS, des Verbandes der Immobilienbewerter großer institutioneller Portfolien, deutlich. Die Background-Infos aus der Praxis waren ernüchternd. Die Immobilien Zeitung zitierte Investoren sogar mit „Dreimal tief durchatmen bei Shopping Centern“. Dabei irritieren nicht nur die aktuell in Zahlen erkennbaren Entwicklungen. Für den Autor kommt hinzu, dass er bereits vor rund 20 Jahren in vielen Einzelveröffentlichungen, und 2001 zusammengefasst in einem Artikel im „Handbuch für Anlageberatung“ des Sparkassenverlages, die Entwicklungen auf einem weißen Stück Papier vorgedacht hatte. Das war noch vor Amazon- und ebay-Siegeszug, vor google, vor iPhone und vor Facebook. Es war einfach nur logisch.

Bedenken Sie aber in Ihrer Anlagepolitik, dass zwar der Umsatzdruck den Gesamtmarkt trifft, wodurch sich aber auch in kleineren Segmenten Chancen ergeben. Extrem herausfordernden Anlagemärkten in „3-Prozenter“ für institutionelle Anleger, die nach Ansicht von Fachleuten einfach nicht gehen, stehen in kleinen Volumina Chancen in „6-Prozentern“ gegenüber, die sich im Schwerpunkt in Nahversorgungs-Segmenten tummeln, wie dem Lebensmittel-Einzelhandel. Das neue „Cross Channeling“ zeigt auf, wo die zukünftigen Chancen liegen. Gerade gut ausgewählte und gut erreichbare Nahversorgungscenter mit regionaler Vormachtstellung können sogar profitieren. Solche Zentren sind regional beherrschend und verhindern kontinuierlichen Neubauwettbewerb durch ihre Dominanz und die Belegung der jeweiligen besten verfügbaren Lage. Damit bieten sie beste Voraussetzungen für die Verknüpfung der Vertriebskanäle des Einzelhandels und des Online-Handels. Dieses „Cross Channeling“erreicht laut Manuel Jahn von Habona kaufkraftstarke Zielgruppen, die heute schon für 70 Prozent Umsatzanteil stehen. BVT-Konzepte in Ertragswertfonds zeigen die Perspektiven gleichfalls auf.

Nicht der Online-Handel selber, sondern vielmehr die Online-Information und damit die erhöhte Markttransparenz verändern die Strategien des Handels. Gleichzeitig ist der Anteil des Online-Handels, der im Durchschnitt bei knapp 10 Prozent liegt, stark branchenabhängig. Er liegt zwischen 1 Prozent im Lebensmittelbereich und deutlich über 40 Prozent bei Elektronik.

Auch Amazon und anderen großen Plattformen ist es nicht gelungen, Lebensmittel über den Online-Handel außerhalb der Metropolen kostendeckend zu betreiben.

Das ändert nichts daran, dass aktuell die Entwicklungen mit brutaler Härte durchschlagen. Rund 200 Mllionen Euro muss die ECE nur zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in Design und Aufenthaltsqualität investieren, denen keine direkte Rendite gegenübersteht. H&M und Zara machten ergebnisgetrieben großen Presserummel mit der Forderung nach 3-Jahresverträgen. Fondsmanager berichten, dass von Mietsteigerungen in Shopping-Centern schon lange keine Rede mehr sein könne. Die Zeiten ohne Leerstand seien auch vorbei, analysiert JLL. Union Investment sieht deshalb Investmentperspektiven bei dominanten Centern und Investitionen in den Bestand. Im Background berichtete ein Fondsmanager, man habe nur noch Großobjekte im Portfolio, die zudem mit 5 bis 6 Prozent, also der 18 bis 20-fachen Jahresmiete, bewertet seien. „3 Prozenter“ gehen einfach nicht. Sie lesen richtig. Institutionelle bezahlen heute leicht die 30-fache Jahresmiete. Münchener High Street Objekte gehen schon für weniger als 2 Prozent Ankaufrendite über die Investoren-Theke.

 

Zwangsläufig ergibt sich die Frage nach der zukünftigen Bedeutung der heute bekannten Standortqualitäten. Um Shopping-Center attraktiv zu halten, musste früher alle 10 Jahre richtig Geld in die Hand genommen werden. Heute habe sich dieser Zeitraum längst auf 5 Jahre verkürzt, berichtet der Fondsmanager eines deutschen Mega-Portfolios. Notwendig sei die Bereitschaft der Investoren, laufend Geld in die Hand zu nehmen. High Street ist auch kein Fels in der E-Commerce-Brandung mehr. Bereits heute nimmt die Passantenfrequenz in Fußgängerzonen deutlich ab, berichtet Jahn mit Bezug auf GfK. Die Pro-Kopf-Ausgaben für Bekleidung seien in den letzten 7 Jahren um deutlich über 10 Prozent zurückgegangen. Durch Smartphones sind Konsumenten besser informiert als je zuvor. Die Umsatzmietbelastung habe dramatisch auf oft zwischen 25 und 35 Prozent zugenommen. Insofern stellt sich die Frage, wo die Nischen sind. Im Core-Bereich reichen die Renditen nicht. Die „Mitte“ wird zerquetscht. Wie sieht es aber in der Nahversorgung bei dominanten City-Centern in ihren jeweiligen Einzugsbereichen aus? Die Investitionen in regionale Nahversorgungszentren, wie die BVT oder Habona sie seit vielen Jahren tätigen, sind für Privatanleger konzipiert. Bei attraktiveren Renditechancen als in hart umkämpften Core-Investitionen und meist langfristigeren Mietsituationen mit Schwerpunkt im online-resistenten Food-Bereich sind zudem Haustechnik, Lebenszyklusaspekte und Design-Anforderungen anspruchsloser. Das schafft monetäre Wettbewerbs- und Anlegervorteile der Regionalcenter. Gleichzeitig besteht die Chance über Cross Channeling und Abholstationen Kunden immer wieder in das Center zu holen und zielgruppenorientierte Sortimente anzubieten.

 

Autor: Werner Rohmert Werner Rohmert ist seit 1988 als Wirtschaftsjournalist mit dem Schwerpunkt Immobilien tätig. Er ist der Immobilienspezialist des wöchentlich erscheinenden „Der Platow Brief“, Autor zahlreicher Fachbeiträge zum Thema Immobilien und seit 2001 Herausgeber von „Der Immobilienbrief“. 2004 übernahm Werner Rohmert den Vorsitz des immpresseclub e.V., der Arbeitsgemeinschaft deutscher Immobilienjournalisten.
Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Mein Geld.

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