Der aufgrund der Corona-Pandemie von der Politik eingeleitete Shutdown zwingt ganze Volkswirtschaften in die Knie und auch Deutschland befindet sich inzwischen auf dem Weg in die Rezession. Die infolgedessen ausgebrochene Panik an den Börsen mit erratisch fallenden und steigenden Kursen manifestierten die tiefen Spuren der Krise. Anleger flüchteten aus vielen Aktienfonds. Die Verunsicherung ist groß.
Wie steht es um die als sicherer Hafen geltenden Immobilien? Sind Immobilienbeteiligungen auch nach der Krise noch aussichtsreich? Alexander Schlichting, geschäftsführender Gesellschafter der PROJECT Vermittlungs GmbH, nimmt hierzu Stellung.
Der PROJECT Unternehmensverbund, zu dem die PROJECT Vermittlungs GmbH gehört, ist seit 25 Jahren auf dem deutschen Immobilienmarkt aktiv und einer der größten Wohnimmobilienentwickler dieses Landes. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage auf dem deutschen Immobilienmarkt ein?
ALEXANDER SCHLICHTING:
Die Folgen für den Gesamtmarkt sind im Moment noch nicht absehbar, dennoch gibt es zwischen den einzelnen Sektoren schon jetzt enorme Unterschiede. Investitionen in Wohnbauten werden, den führenden deutschen Wirtschaftsinstituten zufolge, angesichts der weiterhin hohen Nachfrage besonders in den urbanen Zentren vergleichsweise milde Rückgänge verzeichnenverunsicher. Jüngste Analysen und Umfragen untermauern diese für den Wohnbau günstige Sichtweise.
So rechnet beispielsweise DB Research zwar temporär aufgrund des Wirtschaftseinbruchs und der allgemeinen Verunsicherung mit Preisrückgängen. Angesichts der globalen Flucht in sichere Anlagen gehen die DB-Analysten tendenziell aber von steigenden Preisen bei Wohnimmobilien aus2. Ähnlich sieht es Professor Vornholz von der EBZ Business School. Ihm zufolge steigt die Bedeutung der nachhaltigen Stabilität von Wohnimmobilien für sicherheitsorientierte Investoren angesichts der starken Verunsicherung an den Börsen.3 Im Großen und Ganzen sind dies langfristig erfreuliche Aussichten für das Marktsegment, in dem wir uns bewegen.
Welche Auswirkungen hat die Krise in Ihrem Unternehmen?
ALEXANDER SCHLICHTING:
Im gesamten Unternehmensverbund wurden weitreichende Maßnahmen umgesetzt, um der Corona-Krise zu begegnen und die Gesundheit der Mitarbeiter und Geschäftspartner zu schützen. Auf den Baustellen unseresoperativen Asset Managers PROJECT Immobilien kommt es bislang nicht zu signifikanten Verzögerungen, an allen Entwicklungsstandorten gelten strenge Sicherheitsregeln. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben halten wir für unsere Kapitalverwaltungsgesellschaft PROJECT Investment AG einen Notfallplan vor, der mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abgestimmt ist. Dieser Plan wird ständig auf den Prüfstand gestellt und den aktuellen Erfordernissen entsprechend angepasst. Mitarbeiter und Dienstleister gehen, sofern dies möglich ist, ihren Aufgaben über digitale Homeoffice-Lösungen nach, die Kommunikation stellen Videound Telefonkonferenzen sicher. Unser oberstes Ziel, operativ stets einsatzbereit zu bleiben, ist bislang erreicht.
Überdenken Sie Ihr Geschäftsmodell beziehungsweise sehen Sie sich angesichts der Entwicklung in Ihrer bisherigen Strategie mit Fokus auf eigenfinanzierte Wohnimmobilien für Eigennutzer bestätigt?
ALEX ANDER SCHLICHTING:
Unser Geschäftsmodell erweist sich aufgrund der dezentralen Investmentstruktur und der an mehreren Standorten wirkenden Bausteuerung als äußerst stabil. Wir weisen dabei weiterhin keine Klumpenrisiken auf, die insbesondere mit Blick auf den möglichen Ausfall beauftragter Bauträger, Handwerker oder geschlossene Baugenehmigungsbehörden im Bereich des Möglichen liegen. Unsere laufenden Investments verfolgen wir konsequent weiter, obgleich wir beim Ankauf und bei der Gewerkevergabe vorerst defensiver agieren, um eventuelle Preiskorrekturen am Immobilienmarkt für unsere Anleger zu nutzen. Die Wohnungspreise sinken in Deutschland wahrscheinlich nicht oder nur leicht, im Worst Case-Szenario um bis zu zwölf Prozent, zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln4. Darüber hinaus zeigt sich wieder einmal die Krisenfestigkeit unserer im Publikumsbereich rein auf Eigenkapital setzenden Anlagestrategie, die die Unabhängigkeit von externen Finanzierungspartnern und damit ein Höchstmaß an Flexibilität über den gesamten Wertschöpfungsprozess hinweg gewährleistet.
Was raten Sie Anlegern, die ihr Geld auf dem Immobilienmarkt anlegen wollen?
ALEXANDER SCHLICHTING:
Anleger sollten vor allem Ruhe bewahren und mit strategischem Kalkül handeln. Denn langfristig bleiben wesentliche fundamentale Indikatoren, die zugunsten von Immobilieninvestments sprechen, intakt. Das niedrige Zinsumfeld sowie die Wohnungsknappheit in Deutschland bieten für Wohnungsnutzer wie Kapitalanleger nach wie vor günstige Rahmenbedingungen.
Die Zuwanderung nach Deutschland erfuhr in der vergangenen Dekade durch Krisen im Ausland – wie Eurokrise oder Brexit – positive Impulse. Deutschland bietet Vorteile, die andere Länder in Krisenzeiten nicht aufweisen. Dazu gehören das vielerorts unbekannte Instrument der Kurzarbeit und das im Vergleich sehr gut ausgestattete Gesundheitssystem. Die strukturelle Nachfrage nach Wohnungen wird damit noch einmal gestärkt5. Das sind unterm Strich viele gute Gründe, die auch aktuell für ein breit diversifiziertes Immobilieninvestment sprechen.
Vielen Dank für das Gespräch.