Ärgerlich wurde es aber auch zum Jahreswechsel. Der Kölner Erzbischof, Kardinal Woelki, reagierte auf die Erholung der Mietmärkte mit einem mahnenden Hinweis, Wohnungen als Renditeobjekte zu sehen, sei „zynisch, im Letzten sogar menschenverachtend“. Was ihm dabei entgangen sein könnte, ist die Bedeutung der Immobilienwirtschaft für sein eigenes kleines Himmelreich; denn im Rheinland wird das Immobilienmanagement der katholischen Kirche seit Jahrzehnten mit Bewunderung betrachtet. Im Finanzbericht 2016 des Erzbistums Köln werden Immobilien mit einem Bilanzwert von über 600 Millionen Euro ausgewiesen, davon 277 Wohn- und Geschäftsimmobilien. Der reale Wert dürfte mit Blick auf Haltedauern und Abschreibungen weit im Milliardenbereich liegen und natürlich bei besten Lagen in der Kölner Innenstadt in den letzten Jahren „menschenverachtender Spekulation“ sogar überproportional gestiegen sein. Der Kardinal lässt sich sicherlich auch über die Beteiligung des Erzbistums an 17 Unternehmen, darunter die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mit 25.000 Wohnungen und der Rheinwohnungsbau mit rund 6.000 Wohnungen, berichten.
Was die Kirche vielleicht sonst noch wissen sollte: Kleine private und altersvorsorgende Eigentümer pflegen meist mit Liebe rd. 15 Millionen Wohnungen und werden dafür von Politik, Rechtsprechung, Messie-Mietern und jetzt von der Kirche abgestraft. Die professionelle Immobilienwirtschaft investiert sogar noch mehr in den Bestand, als Private das könnten. Die überwiegende Mehrzahl der privaten Vermieter achtet eher auf ein gutes Verhältnis zu dauerhaften Mietern als auf die Miethöhe und hat oftmals, wie auch der Autor, noch nie eine Bestandsmiete erhöht – auch nicht in Berlin Alle Bestandsmietstatistiken bestätigen Deutschland als Mieterparadies. Bei der Neuvermietung erhält man in einer Marktwirtschaft Marktmiete.
Ich kann mich nicht erinnern, dass in den Phasen deutlicher Mietsenkungen die Kirche Ablass versprochen und Menschenfreundlichkeit gelobt hätte. Ebenso wenig kann ich mich erinnern, dass die Kirche Volkswagen, Verkehrsbetriebe oder Apple zur sozialen Preisgestaltung mobiler und kommunikativer Grundbedürfnisse motiviert hätte. Für die Politik ist die Immobilienwirtschaft ein wahlpolitischer und steuerlicher Selbstbedienungsladen geworden. Mit explodierenden Nebenkosten und Energiewende „ins Nichts“ (H.W. Sinn) belastet das die Mieter mehr als die Mietkosten. Natürlich gibt es in unser beider Branchen menschenverachtende oder soziopathische Kriminelle. Das ist Statistik. Natürlich zieht jede Branche Mitarbeiter mit spezifischen Neigungen an. In der Immobilienwirtschaft häufen sich zugegebenermaßen monetäre Neigungen. In anderen Branchen gewinnen andere Neigungen an Bedeutung. Natürlich gibt es in der Immobilienwirtschaft immer Controlling- oder Testosteron-gesteuerte Abweichungen von sozialen Leitlinien. Aber gibt das ein moralisches Recht, über Menschenverachtung in Deutschlands wichtigster Branche zu schwadronieren?