BearingPoint-Studie: Im Zuge der digitalen Transformation müssen Krankenhäuser in ihre internen Abläufe investieren Staatliche Digitalisierungsmaßnahmen im Gesundheitswesen fördern primär die Telemedizin und den sektorübergreifenden Informationsaustausch. Patienten hingegen sind die Förderung und Optimierung krankenhausinterner Abläufe durch digitale Innovationen viel wichtiger. Über diese Diskrepanz berichtet eine repräsentative Studie der Unternehmensberatung BearingPoint, die im März 2016 deutschlandweit unter mehr als 1.050 Personen im Alter von 18 bis 69 Jahren durchgeführt wurde.
Es sollten vor allem Anstrengungen unternommen werden, um die Ressourcenallokation dahingehend zu verändern, dass die tatsächlich patientenrelevanten Angebote verstärkt gefördert werden. Laut Studie legen Patienten einen hohen Wert auf Fehlervermeidung (82,7 Prozent), Verbesserung der Diagnoseunterstützung (79,8 Prozent) sowie der internen Organisation in Krankenhäusern (76,1 Prozent).
Durch Digitalisierung des Behandlungsprozesses (Process Mining) könnte zum Beispiel die Sicherheit von Patienten signifikant erhöht werden. Bei dieser Innovation werden durch IT-unterstützte Behandlungsmaßnahmen von Algorithmen protokolliert, gespeichert und analysiert. So kann etwa die Einhaltung von Behandlungsvorschriften überprüft und durch ein Warnsystem sichergestellt werden. Weiterhin könnte die vorausschauende Analyse von Patientendaten (Predictive Analytics) eine sehr effiziente und vor allem schnellere Diagnose von Krankheiten im Krankenhaus fördern.
„Für Krankenhäuser sind das gute Nachrichten! Schließlich können sie ihre Digitalisierungsbemühungen zur Unterstützung krankenhausinterner Abläufe weitgehend unabhängig verfolgen. Die Politik sollte jedoch überdenken, ob sie ihre finanzielle Förderung, neben dem Innovationsfond beim Gemeinsamen Bundesausschuss, nicht stärker an den klaren Patientenwünschen orientiert. Hier sind vor allem digitale Innovationen zur Förderung von Fehlervermeidung und Diagnoseunterstützung gemeint“, fasst Ralf Dillmann, Partner Life Science bei BearingPoint, die Ergebnisse zusammen.
Eine hilfreiche Lösung verspricht das neue „eHealth-Gesetz“, das neben Vernetzung und Informationsaustausch unter den Akteuren des Gesundheitswesens auch Patientennutzen und -selbstbestimmung fördert. Dies ist auf der Grundlage einer sicheren IT-Infrastruktur und zum Beispiel durch eine elektronische Patientenkarte sowie ein Patientenfach möglich.
Mündiger Patient: Wirklichkeit oder Vision?
Darüber hinaus liefert die BearingPoint-Studie wertvolle Erkenntnisse zum Thema mündiger Patient. Vier von fünf Patienten in Deutschland hinterfragen die Entscheidungen ihres Arztes (81 Prozent), mehr als zwei Drittel gestalten ihre Behandlung aktiv mit (72 Prozent) und mehr als die Hälfte holt Zweitmeinungen ein (57 Prozent). Der Eindruck des mündigen Patienten täuscht jedoch an dieser Stelle, denn mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung fühlt sich nicht gut über ihre Behandlung und das Gesundheitssystem im Allgemeinen informiert (55,5 Prozent). Gute und unabhängige Informationen sind aber eine Grundvoraussetzung für ein mündiges Verhalten. Lediglich niedergelassene Hausärzte (68,7 Prozent) und Fachärzte (63,7 Prozent) sowie Apotheker (63,4 Prozent) lassen laut der Befragten eine aktive Mitgestaltung der Behandlung zu. Krankenhäuser und Krankenkassen haben hier erheblichen Nachholbedarf: Nur 36,1 Prozent gaben an, dass Krankenhäuser sehr gut oder gut Informationen zur aktiven Behandlungsgestaltung anbieten. Bei den Krankenkassen sind es laut der Umfrage lediglich 37,7 Prozent.
Neben Ärzten (85 Prozent) vertrauen Patienten bei der Wahl eines Krankenhauses meist noch auf Erfahrungswerte von Bekannten (77 Prozent). Das daraus resultierende Informationsmonopol verhindert, dass Patienten sich gut und vollkommen unabhängig informieren können. Ralf Dillmann resümiert: „Patienten sind heute bereit, mehr Verantwortung für ihre Behandlung zu übernehmen. Jedoch bremst die aktuelle Situation im Gesundheitswesen diese Bemühungen aus. Akteure des Gesundheitswesens müssten die vorhandenen Informationen (z.B. die Qualitätsberichte der Krankenhäuser) bekannter machen sowie einfach und patientengerecht bereitstellen, sodass die Vielzahl der qualitativ hochwertigen Informationsangebote dem Patienten eine objektive Informationsgrundlage bietet.“